Klimaziele in Gefahr: Wirtschaftsministerin Reiche irritiert mit Aussagen zur Energiewende

Jetzt hat Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) endlich geliefert: Der „Monitoringbericht“ zur Energiewende ist da. Und endlich wird auch der gigantische Elefant im Raum thematisiert: Es werde „verdammt komplex und verdammt herausfordernd“ die Klimaschutz-Ziele zu schaffen, so Alexander Kox, einer der Autoren, während der Präsentation der Studie. Endlich spricht ein Experte die unangenehme Wahrheit aus. Nicht nur Politiker aller Couleur, sondern auch viele Wissenschaftler haben sich da in der Vergangenheit der fortgesetzten Unterlassung schuldig gemacht.
Kox, Chef der Beratungsfirma BET, und sein Mitautor Philipp Kienscherf von der Uni Köln machen ambitionierte Vorschläge für den Umgang mit dem Elefanten. Etwa den Ausbau der Erneuerbaren räumlich besser zu steuern: Wo sie am effizientesten eingesetzt werden können, sollen Windräder und Solarparks errichtet werden. Eine kluge Idee, die aber voraussetzt, Partialinteressen von Landräten und Landespolitikern zu überwinden.
Noch viel wichtiger ist, Stromerzeugung und -verbrauch flexibler zu machen. Kox und Kienscherf zählen hier jede Menge Werkzeuge auf - etwa den verstärkten Einsatz von Stromspeichern oder eine bessere Steuerung des Verbrauchs in Wohnungen und Fabriken. Im Zentrum stehen aber die Digitalisierung der Netze und intelligente Stromzähler. Doch beim Installieren der Smart Meter klemmt es gewaltig. Deshalb schlagen die Autoren unter anderem finanzielle Sanktionen für Netzbetreiber vor, die ihren Pflichten nicht nachkommen: eine weitere kluge Idee.
Bei der Präsentation am Montag entstand indes über längere Strecken der Eindruck, als seien für Reiche ganz andere Themen wichtig: Etwa die umstrittene Abscheidung und Speicherung von CO₂. Oder die Ausschreibung für neue Gaskraftwerke noch in diesem Jahr. Auch betonte sie mehrfach, dass die staatliche Förderung für Solarmodule auf Dächern abgeschafft werden soll. Wobei dadurch der Ausbau dieser Anlagen mit großer Wahrscheinlichkeit einbrechen würde.
Trotz der Benennung der Elefanten: Die Inkonsistenz zwischen dem Bericht und den Ausführungen der Ministerin hinterlässt keinen guten Eindruck. Zentrale Fragen über den energiepolitischen Kurs der Bundesregierung bleiben unbeantwortet.
Zumal Reiche bei einem zentralen Punkt – nämlich der Entwicklung des Strombedarfs - eine verstörend passive Rolle einnimmt: Sie geht davon aus und nimmt es hin, dass es hier erheblich langsamer nach oben geht, als es bislang prognostiziert wurde.
Dabei liegt es in den Händen der Bundesregierung, die Nachfrage zu steigern. Beispielsweise durch Kaufprämien für E-Autos oder durch eine Ausweitung und Vereinfachung der Förderung von Wärmepumpen. Das stumpfe Akzeptieren einer Verlangsamung der Elektrifizierung kann hingegen zur selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Dann wird es mit dem Erreichen der Klimaziele ganz bestimmt nichts.
rnd