Eine europäische Satelliten-Allianz will Elon Musks Starlink herausfordern

Die Unternehmen Airbus, Thales und Leonardo einigen sich nach langen Gesprächen auf ein Bündnis. Doch viele Details sind offen.
Gerhard Bläske
Der Luft-und Raumfahrtkonzern Airbus, die französische Thales-Gruppe und die italienische Firma Leonardo haben sich auf die Bildung einer europäischen Satelliten-Allianz geeignet. Über das Projekt mit dem Namen Bromo haben die Unternehmen fast ein Jahr lang verhandelt. Nun stehen sie unmittelbar vor der Unterzeichnung einer Grundsatzvereinbarung.
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Vorbild für das Bündnis soll die Raketen-Allianz MBDA sein, an der Airbus und die britische BAE Systems je 37,5 Prozent und Leonardo 25 Prozent halten. Bei dem Satelliten-Bündnis soll nach Informationen der NZZ Airbus 35 Prozent der Anteile halten. Thales und Leonardo sollen jeweils mit 32,5 Prozent der Anteile beteiligt sein. Leonardo hatte demnach massiv auf Gleichbehandlung gedrängt. Insgesamt sind fünf Unternehmen beteiligt. Die Allianz kommt auf einen Unternehmenswert von 10 Milliarden Euro und einen Umsatz von 6 bis 6,5 Milliarden Euro.
Nach der Unterzeichnung der Grundsatzvereinbarung wird es laut gut informierten Kreisen zwei Jahre dauern, bis alle Details geklärt sind. Die personellen Spitzenposten sollen offenbar nach dem Rotationsprinzip verteilt werden. Die Allianz kommt zum richtigen Zeitpunkt: Die Europäer müssen ihre teilweise defizitären Raumfahrtaktivitäten zusammenlegen, um gegenüber Starlink wettbewerbsfähig zu werden. Starlink gehört zu Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX.
Der Satellitenmarkt bietet vielversprechende Perspektiven. Goldman Sachs Research erwartet in den nächsten fünf Jahren den Start von 70 000 Satelliten. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: von der Rüstung über die Telekommunikation und das Internet bis hin zu Luft- und Seefahrt. Der Markt könnte von heute 15 Milliarden Dollar auf 108 Milliarden Dollar im Jahr 2035 wachsen. Kühnere Prognosen gehen sogar von bis zu 457 Milliarden Dollar aus.
Die europäische Zusammenarbeit funktioniert nur langsamEuropa hinkt den USA und China hinterher. Elon Musks Unternehmen Starlink hat zum Beispiel beim Einsatz in der Ukraine seine Nützlichkeit gezeigt, Amazon will mit dem Projekt Kuiper bis 2028 mehr als 3000 Satelliten ins All schiessen.
In Europa leiden neue Projekte an aufgeblähten, komplexen Strukturen und zu hohen Kosten. Ein Beispiel dafür ist die EU-Satelliten-Konstellation Iris2 für eine flächendeckende Internet-Anbindung bis 2030. Immer wieder gibt es Streit um Bemühungen Frankreichs, in dem Bereich die Vorherrschaft zu erlangen.
Beispiele aus anderen Bereichen sind etwa das deutsch-französisch-spanische Kampfflugzeugprojekt GCAP und die deutsch-französische Panzer-Allianz KNDS. Sie zeigen, dass es immer auch um politische Fragen geht: um die richtige Machtbalance und eine faire Aufteilung des Arbeitsaufwands. Ob das bei Bromo gelingt, muss sich zeigen.
Darüber hinaus gibt es weitere Bedenken. Im Falle der Verhandlungen über die Satelliten-Allianz Bromo fürchtete die italienische Seite, französische Verluste im Raumfahrtgeschäft mit übernehmen zu müssen. Zudem bestehen kartellrechtliche Bedenken: Marco Fuchs, CEO des deutschen Satelliten- und Raumfahrtkonzerns OHB, sieht in dem Satelliten-Bündnis eine «echte Bedrohung für OHB». Schliesslich würde OHB einer kaum beherrschbaren europäischen Marktmacht gegenüberstehen. Auch in Italien gibt es Befürchtungen, die mittelständisch geprägte Branche könnte marginalisiert werden. Die EU-Kommission muss für das Satelliten-Bündnis kartellrechtlich grünes Licht geben.
Beteiligte Unternehmen strauchelnMit dem Projekt Bromo hoffen die beteiligten Unternehmen, bei der europäischen Satellitentechnik einen wichtigen Schritt nach vorn zu machen. Josef Aschbacher, Chef der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), sagte vor wenigen Tagen, Ziel der Bromo-Partner sei es, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene zu stärken.
Sowohl Thales Alenia Space, an dem die französische Thales 67 Prozent und Leonardo 33 Prozent hält, als auch Airbus haben in den letzten Jahren unter einer schwachen Nachfrage nach europäischen Telekommunikationssatelliten gelitten und Restrukturierungen eingeleitet. Beide bauen auch Stellen ab.
nzz.ch