Kritik an Glasfaserplänen des Digitalministers wächst

Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) will beim Ausbau mit den schnellen Glasfaserleitungen auf die Tube drücken. Doch seine Vorschläge stoßen auf immer stärkeren Widerstand. Auch Verbraucher und Hauseigentümer lehnen seine Pläne ab. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage der Marktforschungsfirma Civey hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Der Glasfaserausbau kommt zwar voran, doch bei Mietshäusern nur im Schneckentempo. Der Grund: Damit Mieter die volle Geschwindigkeit von 1000 Megabit pro Sekunde erleben können, müssen neue Leitungen vom Keller bis in die Wohnungen gezogen werden, was teuer ist. Da können für einen Anschluss schnell mehr als 1000 Euro zusammenkommen.
Wildberger hat im Sommer in einem Eckpunktepapier sein Konzept vorgelegt. Die Rückmeldungen waren heftig. Verbände fordern, die entscheidenden Punkte zurückzunehmen. Dem Vernehmen nach war die Verwunderung über so viel Kritik im neuen Ministerium groß. Man tue sich nun bei der Suche nach einem gangbaren Weg schwer, heißt es. Im November will Wildberger einen Entwurf für gesetzliche Regelungen vorlegen, die in eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes eingebettet werden sollen.
Ein Knackpunkt: Ein „Recht auf Vollausbau“ soll in dem Paragrafenwerk verankert werden: Schließt ein Unternehmen ein Mietshaus neu an sein Glasfasernetz an, soll es das Recht haben, in jede Wohnung seine Leitungen zu legen. Der Immobilienbesitzer muss dies dulden, sofern er den Ausbau nicht selbst zügig angeht. Laut der Givey-Umfrage lehnen zwei von drei Immobilienbesitzern solch eine Duldungspflicht rundweg ab. Sie wollen die freie Wahl haben, wer und wie ausbaut. Daraus lasse sich „eine klare Absage“ an die aktuellen Pläne des Ministeriums ableiten, so der Breitbandverband Anga, der die Studie in Auftrag gegeben hat.
Außerdem halten Verbraucher gesetzliche Vorgaben für Hauseigentümer und Telekommunikationsunternehmen generell kaum für wichtig, um den Ausbau zu beschleunigen. Solche Maßnahmen stehen damit für den Verband „unter einem besonderen Rechtfertigungsdruck“.
Erheblich wichtiger als Paragrafen ist den von Givey Befragten indes, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Ferner gehört die Umschaltung von der veralteten DSL-Technik, die noch auf Kupferleitungen fußt, auf die moderne Glasfaser aus Verbrauchersicht zu den wichtigsten Projekten für ein schnelleres Festnetz.
Philipp Müller, Geschäftsführer von Anga, sagte dem RND: „Preislich ist Glasfaser längst mit DSL konkurrenzfähig. Wer mehr Glasfaser bis in die Wohnungen will, sollte nun politisch dafür sorgen, dass der Umstieg einfacher wird.“ Daher gelte es, bei der geplanten Änderung des Telekommunikationsgesetzes die entsprechenden Vorkehrungen für Wettbewerb und Wahlfreiheit zu treffen.
Hinter all dem steckt ein Dauer-Konflikt: Deutsche Telekom gegen den Rest der Branche. Für Konkurrenten des Ex-Monopolisten sind Wildbergers Vorschläge maßgeschneidert auf die Strategie des Bonner Konzerns, der bei Glasfaser in Mietshäusern bislang eher zurückhaltend war. Mit einer Duldungspflicht aber könnte der Konzern sein Ausbau-Tempo erhöhen.
Ein zweiter umstrittener Ministeriums-Vorschlag kommt hinzu: Wo eine Firma Glasfaserkabel schon verlegt hat, sollen andere Anbieter sie gegen eine Gebühr mitnutzen dürfen, um Anschlüsse dann auf eigene Rechnung zu vermarkten - was Open Access genannt wird.
So könne die Telekom über das Anmieten von Leitungen preiswert und schnell ihre Marktanteile in Mietshäusern steigern, befürchten T-Rivalen, die zugleich warnen: Open Access beschleunige letztlich den Ausbau nicht, sondern verlangsame ihn, da sich Investitionen eines Unternehmens nicht mehr rentieren könnten, wenn ein großer Teil der Bewohner eines Mietshauses Anschlüsse bei einem Wettbewerber buche.
Der Anga-Verband sieht sogar die Gefahr eines Ausbau-Verhinderungsgesetzes: „Daher appellieren wir an das Ministerium, die Vorschläge zum Inhaus-Ausbau und zur Mitnutzung von Inhaus-Netzen zurückzunehmen“, schreibt die Lobby-Organisation in einer Stellungnahme an das Digitalministerium. Viele Mieter müssten ansonsten womöglich noch lange auf die Glasfaser warten.
Vodafone-Deutschland-Chef Marcel de Groot sagte denn auch dem RND: „Um schnelles Internet in die Häuser zu bringen, braucht es die Bereitschaft, mit den Eigentümern über die Inhaus-Netze zu verhandeln. Das funktioniert schon heute und wird auch künftig der richtige Weg für mehr Wettbewerb sein.“
Die Telekom pocht indes darauf, dass es gesetzliche Reglungen brauche, um den Ausbau zu ermöglichen, wenn keine Einigung mit Eigentümern zustande komme. Und um die baulichen Belastungen für die Eigentümer gering zu halten, sollte nur ein Unternehmen pro Gebäude ausbauen – mit verpflichtendem Open Access für andere Anbieter. „Das sorgt für Wettbewerb in der Branche und sichert Mieterinnen und Mietern die Wahlfreiheit“, betont eine Telekom-Sprecherin. Ferner setze die Telekom weiterhin auch auf partnerschaftliche Lösungen, die einen verlässlichen Rahmen für die Wohnungswirtschaft bieten.
rnd