Trump-Regierung startet Troll-Offensive auf Bluesky – und wird massenhaft blockiert

Der Kurznachrichtendienst Bluesky scheint in der politischen Kommunikation relevanter zu werden. Die Plattform, die für viele als freundlichere Alternative zu Elon Musks Netzwerk X (vormals Twitter) gilt, hat seit einigen Tagen eine Reihe neuer Nutzer. Um genau zu sein: Gleich mehrere US-Regierungsbehörden unter Donald Trump bespielen neuerdings die Plattform.
Konkret gibt es nun Accounts des US-Heimatschutzministeriums, des Handelsministeriums, des Verkehrsministeriums, des Innenministeriums, des Gesundheitsministeriums, des Außenministeriums, des neu umbenannten Kriegsministeriums und des Verkehrsministeriums. Allen voran hat auch das Weiße Haus selbst seit Freitag einen Account. US-Vizepräsident JD Vance war Bluesky schon im Juni beigetreten und postet seither regelmäßig.
Die erste Amtshandlung der neuen Profile? Zahlreiche provokante Postings, gerichtet an die Demokraten – und an diejenigen, die die US-Regierung auf der Plattform immer wieder kritisieren. Ein Plan, der jedoch nicht aufzugehen scheint: Die Followerzahlen der Accounts sind bislang überschaubar. Und innerhalb weniger Stunden gehörten die Regierungsaccounts bereits zu den meist blockierten auf der Plattform.
Das Netzwerk Bluesky hatte sich in den vergangenen Monaten als Gegenplattform zu Elon Musks Netzwerk X etabliert. Entstanden war der Dienst 2021 als Seitenprojekt aus dem früheren Netzwerk Twitter. Das damalige Team um Twitter-Gründer Jack Dorsey wollte mit dem Projekt ein dezentrales Netzwerk testen. Das bedeutet: Bluesky basiert, im Gegensatz zum früheren Twitter, auf einem offenen Protokoll, das auch andere Plattformen und Entwickler nutzen können. Die Chefin des Dienstes, Jay Graber, betitelte Bluesky einmal als „Billionaire proof“ – also nicht kaufbar durch Milliardäre wie Elon Musik.
Relevanz erfuhr Bluesky vor allem ab Herbst 2022: Damals marschierte Tech-Milliardär Musk mit einem Waschbecken in die Twitter-Zentrale und machte damit seine Übernahme des Socialmedia-Dienstes offiziell. Kurz darauf war klar: Der Stunt bedeutete auch das Ende des Dienstes in seiner damaligen Form.
Musk, der zuletzt als prominenter Wahlkampfhelfer und Berater von Donald Trump tätig war, holte zahlreiche Rechtsextreme, frauenfeindliche Gurus und Verschwörungstheoretiker auf die Plattform zurück, drehte an den Empfehlungsalgorithmen und verwandelte die Plattform schließlich unter dem neuen Namen X in einen Sumpf des Hasses. Davon profitierten andere Plattformen, etwa Threads von Meta, das X bei den täglichen Nutzern inzwischen überholt hat. Aber auch das dezentrale Mastodon und eben Bluesky erhielten Zulaufen.

Wer einen Facebook- oder Instagram-Account besitzt, wird im Netz auf Schritt und Tritt verfolgt. Jetzt könnte eine Verbandsklage Betroffenen viel Geld einbringen – und am Geschäftsmodell des Meta-Konzerns rütteln. Im Raum stehen Entschädigungssummen von bis zu 5000 Euro, für Kinder sogar mehr.
Unter allen genannten Netzwerken dürfte Bluesky das mit dem politisch deutlichsten Einschlag sein: In den Viral-Listen, auch in Deutschland, sind angeregte politische Debatten zu beobachten, wenngleich die Nutzerschaft eher homogen ist. Oft sind, anders als bei X, Linke und Progressive hier die Wortführer – und in den USA vor allem die Trump-Gegnerschaft, die hier gegen ihren Präsidenten anschreibt. Eine Zielgruppe, die die Trump-Administration mit ihren ersten Postings nun offenbar zu provozieren versucht.
Das Weiße Haus postete ein Video mit Trumps angeblichen „Greatest Hits“ der vergangenen Monate – darunter alles, was die politische Gegenseite mutmaßlich aufregen könnte. Etwa die Umbenennung des Golfs von Mexiko in „Golf von Amerika“ und eine Fotomontage des demokratischen Minderheitsführers im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, der mit einem Sombrero und falschem Schnurrbart gezeigt wird.
In vielen Postings auf mehreren Accounts attackieren die Behörden die Demokraten in den USA wegen des anhaltenden Shutdowns. Dazu postete das Gesundheitsministerium eine von den Republikanern häufig verbreitete Falschbehauptung: Die Demokraten hätten die Regierung lahmgelegt, weil die Republikaner sich nicht bereit erklärt hätten, kostenlose Gesundheitsversorgung für illegale Einwanderer zu finanzieren.
Das Department auf State postete derweil in einem seiner ersten Beiträge eine indirekte Drohung an Kritikerinnen und Kritiker: „Wir haben (...) gehört, dass dies ein großartiger Ort ist, um Recherche zu Visumsentzügen zu betreiben 👀“. Zuletzt hatten die USA zahlreichen Ausländern ihr Visum wegen Äußerungen zum getöteten rechten Influencer Charlie Kirk entzogen.
Eine Provokation, die jedoch nicht so recht aufging: Die prominentesten und meistgelikten Kommentare unter den Beiträgen sind solche, die die US-Regierung schlicht zurücktrollen: In gleich mehreren Postings etwa fordern Nutzerinnen und Nutzer die Regierung auf, endlich die Epstein-Files zu veröffentlichen – ein Thema, von dem Trump seit Monaten abzulenken versucht.
Viele andere wiederum ließen sich gar nicht erst von den Beiträgen beeindrucken: Weniger als 48 Stunden nach dem Beitritt gehörte das Weiße Haus schon zu einem der am häufigsten blockierten Konten auf Bluesky – das geht aus einer Statistik der Seite ClearSky hervor, die solche Daten sammelt. Demnach ist der Account inzwischen von 108.000 Menschen blockiert worden – die Followerzahlen hingegen lagen am Dienstag bei gerade einmal 12.000. Nur ein Account wird häufiger blockiert: Der des US-Vizepräsidenten JD Vance, der aktuell auf 172.000 Blockierungen und gerade einmal 21.000 Follower kommt.
Das Blockiersystem auf Bluesky ist sehr effektiv: Wird ein Account blockiert, verschwindet dieser nicht nur aus dem Sichtfeld – er kann auch nicht mehr mit der jeweiligen Person interagieren.
Nicht ganz klar ist, woher die plötzliche Bluesky-Offensive der US-Regierung rührt. Gut möglich, dass die Plattform inzwischen im politischen Diskurs eine Relevanz erreicht hat, die selbst die Trump-Administration nicht mehr ignorieren kann. Ein Großteil der politisch Interessierten hat sich von Musks Plattform X längst verabschiedet – mit Provokationen erreicht man dort im Zweifel nur noch die eigene Anhängerschaft. Im Vergleich zu anderen Plattformen ist Bluesky allerdings weiterhin ein Zwerg: Der Dienst hat rund 40 Millionen Nutzer weltweit, während X auf rund 600 Millionen aktive Nutzer pro Monat kommen soll.
Bei den provokanten Postings könnte es sich aber auch um eine Art Test, vielleicht gar einen Einschüchterungsversuch, handeln. Bislang gilt Bluesky als bemerkenswert friedliche Plattform; anders als X legt das Netzwerk auch Wert auf einen gewissen Grad der Inhaltemoderation. Ein Umstand, dessen Grenzen die Trump-Regierung möglicherweise auszutesten versucht. Viele andere Plattformen hatten zuletzt – wohl auch wegen des Drucks der Trump-Politik – ihre Moderationsrichtlinien gelockert, darunter etwa die Meta-Netzwerke und Youtube.
Womöglich ist dieses Manöver aber nicht einmal erlaubt. Rechtsexperten verweisen gegenüber der „New York Times“ auf den sogenannten Hatch Act, der Regierungsangestellten untersagt, sich im Dienst parteipolitisch zu betätigen. Insbesondere die Attacken auf Demokraten von offiziellen Regierungsaccounts könnten darunter fallen.
rnd