Westliche Analysten haben die Veränderungen des Renteneintrittsalters weltweit bewertet

Steigende Lebenserwartung, sinkende Geburtenraten und veränderte Erwerbsstrukturen zwingen Länder, ihre Rentenpolitik zu überdenken. Infolgedessen steigt in den meisten Ländern das Renteneintrittsalter. Es gibt jedoch auch Länder, in denen die Situation anders ist: Dort bleibt das Renteneintrittsalter niedrig oder sinkt sogar. Westliche Experten haben die aktuellen Trends in verschiedenen Ländern untersucht.
In Europa liegt das Renteneintrittsalter in der Regel zwischen 62 und 67 Jahren. In den nordischen Ländern Dänemark, Norwegen und Island beispielsweise liegt es für Männer und Frauen bei 67 Jahren. Doch auch dort ändert sich einiges: Das dänische Parlament hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das das Renteneintrittsalter bis 2040 auf 70 Jahre anhebt. Aktuellen Daten zufolge liegt das Renteneintrittsalter in Dänemark derzeit bei 67 Jahren, wird aber in den kommenden Jahren schrittweise angehoben und erreicht für nach 1970 Geborene 70 Jahre.
In den Niederlanden beispielsweise liegt das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei etwa 66,6 Jahren, in Deutschland hingegen bei etwa 65,8 Jahren. In Portugal und Spanien beträgt das Renteneintrittsalter etwa 65–66 Jahre.
Auch in Großbritannien, das lange Zeit eines der niedrigsten Renteneintrittsalter Europas hatte, ändert sich die Situation. Bis 2028 wird das Renteneintrittsalter für Männer und Frauen von 66 auf 67 Jahre angehoben. Laut einem Bericht des Institute for Fiscal Studies müssen Briten bis 74 arbeiten, um sich eine angemessene Rente zu sichern, sofern die Regierung die sogenannte „Dreifachsperre“ bei den Renten nicht aufhebt. Denn das Land erhöht das Renteneintrittsalter weiterhin schrittweise, und es könnte in Zukunft noch weiter steigen.
Besonders wichtig ist die Tatsache, dass Großbritannien 2022 ein Gesetz verabschiedet hat, das eine schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters vorsieht. In den letzten Jahren wurde jedoch darüber diskutiert, es einzufrieren oder sogar zu senken. Infolgedessen könnte das Renteneintrittsalter in den kommenden Jahrzehnten bei 66–67 Jahren bleiben und in einigen Fällen sogar noch niedriger ausfallen.
Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern ist das Renteneintrittsalter in der Türkei sehr niedrig. Bis 2022 lag es bei 58 Jahren für Frauen und 60 Jahren für Männer. Im Dezember 2022 nahm Präsident Erdoğan jedoch die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters zurück und ermöglichte damit über zwei Millionen Arbeitnehmern den sofortigen Renteneintritt.
Die aktuelle Situation in der Türkei unterscheidet sich darin, dass das Renteneintrittsalter für die meisten Arbeitnehmer nach wie vor sehr niedrig ist und bisher keine Änderungen geplant sind. Zukünftig sind jedoch neue Reformen möglich, die Änderungen der Rentenberechnungsformel und eine Erhöhung der Dienstzeitanforderungen betreffen. Insbesondere wurden für 2023 Pläne angekündigt, die Rentenhöhe an die Anzahl der Versicherungstage zu koppeln, was zu einer längeren Arbeitszeit führen könnte.
In Ländern mit niedrigem Einkommen wie Sri Lanka, Indonesien, Bangladesch und Mikronesien liegt das Renteneintrittsalter oft bei 55 bis 60 Jahren. In Sri Lanka ist es mit 55 Jahren das niedrigste Alter, doch viele Menschen arbeiten aufgrund niedriger Einkommen und fehlender alternativer Einkommensquellen auch über dieses Alter hinaus.
In Libyen hingegen liegt das Renteneintrittsalter bei 70 Jahren, was auf die Besonderheiten des nationalen Sozialversicherungssystems und der Lebenserwartung zurückzuführen ist.
Eine Analyse von Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, dass Männer in den meisten Ländern später in Rente gehen als Frauen. In 23 Ländern, darunter die meisten europäischen Länder, gehen Männer und Frauen im gleichen Alter in Rente. In neun Ländern besteht jedoch eine erhebliche Lücke: In Österreich und Polen gehen Männer etwa fünf Jahre später in Rente als Frauen. In Rumänien, Ungarn und der Türkei beträgt der Unterschied drei Jahre oder mehr.
„Diese Unterschiede hängen mit historischen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren sowie den Besonderheiten der Rentensysteme zusammen. In einigen Ländern, wie beispielsweise Frankreich, wurde das Mindestrentenalter kürzlich von 62 auf 64 Jahre angehoben, was zu Massenprotesten und Streiks führte“, erklären die Experten.
Einer der Hauptfaktoren für die Veränderung des Renteneintrittsalters ist die steigende Lebenserwartung. In den meisten Industrieländern leben die Menschen länger, was die Rentensysteme stärker belastet und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters erforderlich macht. In europäischen Ländern, wo die durchschnittliche Lebenserwartung über 80 Jahre liegt, sind die Regierungen gezwungen, ein Gleichgewicht zwischen der finanziellen Nachhaltigkeit der Pensionsfonds und sozialer Gerechtigkeit zu finden.
In Großbritannien beispielsweise wies der stellvertretende Direktor für Rentenfondspolitik darauf hin, dass eine steigende Lebenserwartung bedeutet, länger zu arbeiten, um ausreichende Altersvorsorge zu gewährleisten. Gleichzeitig betonen Experten, dass bei der Anhebung des Renteneintrittsalters die Unterschiede in Gesundheitszustand und Lebenserwartung verschiedener sozialer Gruppen berücksichtigt werden sollten.
Die Anhebung des Renteneintrittsalters war umstritten und umstritten. In einigen Ländern, wie beispielsweise Frankreich, führte die Anhebung des Mindestrentenalters zu Massendemonstrationen und Streiks. In anderen Ländern, wie beispielsweise Dänemark, erfolgen die Änderungen schrittweise und sind an die Lebenserwartung gekoppelt, was zur Entschärfung sozialer Spannungen beiträgt.
Gleichzeitig bleibt in Ländern mit niedrigem Einkommen und schwachen Sozialversicherungssystemen die Senkung oder Beibehaltung des Renteneintrittsalters ein wichtiges soziales Thema. In Ländern wie der Türkei sind viele Arbeitnehmer aufgrund schwieriger Arbeitsbedingungen und fehlender Möglichkeiten, länger zu arbeiten, gezwungen, vorzeitig in Rente zu gehen.
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