Navivo weitet seine Investitionen aus und legt einen neuen Fonds auf.

Der polnische Venture-Capital-Markt war bisher schwach aufgestellt, was Fonds betrifft, die an etablierteren Startups mit wiederkehrenden Einnahmen und Kapitalbedarf für die Skalierung ihres Geschäfts interessiert sind. Dadurch entstand eine Lücke zwischen Venture-Capital- und Private-Equity-Finanzierung. Wachsende Unternehmen mussten daher im Ausland Kapital beschaffen. In den letzten Jahren haben Unternehmen wie Cogito Capital, WEG, bValue und Vinci begonnen, diese Lücke zu schließen.
Im Jahr 2023 wurde der erste Navivo-Fonds unter der Leitung von Tomasz Danis und Marcin Borowiecki aufgelegt. Zu den Investoren gehörte Mariusz Książek, Gründer, CEO und Hauptaktionär von Marvipol Development, einem an der Warschauer Börse notierten Unternehmen.
Das erste Navivo-Vehikel mit einer Kapitalisierung von über 100 Millionen PLN umfasst sieben Unternehmen in seinem Portfolio.
„Wir haben weniger als die Hälfte des Kapitals ausgegeben. Wir werden noch ein oder zwei weitere Transaktionen abschließen. Den verbleibenden Betrag planen wir für Folgeinvestitionen zu verwenden. Danach konzentrieren wir uns auf den Verkauf unserer Beteiligungen“, sagt Tomasz Danis.
Ein festes Team mit mehr KapitalDer zweite Fonds, der von Marcin Borowiecki und Tomasz Danis gemeinsam verwaltet wird, verfügt aktuell über 143 Millionen PLN, darunter 80 Millionen PLN von PFR Ventures und FENG (European Funds for Modern Economy). Geplant sind Investitionen in acht bis zehn Unternehmen. Die endgültige Anzahl hängt von der Kapitalbeschaffung (spätes Closing) im Laufe des nächsten Jahres ab.
„Wir wollen größere Summen investieren und uns von Seedfonds abgrenzen, die bis zu einer Million Dollar anbieten. Unser Ziel ist es, mindestens das Doppelte dieses Betrags an Startup-Investitionen einzuwerben“, betont Tomasz Danis.
Marcin Borowiecki kam 2023 zu Navivo. Zuvor leitete er die US-Niederlassung der Online-Buchungsplattform Booksy und war CEO der polnischen Niederlassung des Fintech-Kreditgebers Wonga. Tomasz Danis und Marcin Borowiecki kennen sich seit 23 Jahren, aus ihrer gemeinsamen Zeit als Analysten bei McKinsey. Ihre Wege kreuzten sich später erneut bei ihrer Arbeit in den USA.
„In den vergangenen 20 Jahren haben wir trotz seltener Treffen den Kontakt gehalten und die Karrierewege des jeweils anderen verfolgt. Diese Partnerschaft verbindet zwei Welten. Marcin hat die Seele eines Unternehmers, nicht nur die eines Managers. Er versteht die Bedürfnisse von Gründern. Nach zehn Jahren bei McKinsey und weiteren zwölf Jahren im Investmentbereich bringe ich Erfahrung in der Geschäftsmodellanalyse und im Exit-Management mit“, sagt Tomasz Danis.
Gleiches Investitionsmodell, stärkerer Fokus auf den polnischen MarktWelche Strategie verfolgt der zweite Navivo Capital Poland Fonds? Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von der des ersten Fonds. Der geografische Fokus liegt jedoch anders. Der erste Fonds kann leichter in ausländische Unternehmen investieren, da er über privates Kapital verfügt und nicht an administrative Auflagen gebunden ist. Das PFR-Koffi-Programm, das die Mittel für den zweiten Fonds bereitstellt, sieht vor, dass 85 % des Budgets an polnische Unternehmen fließen.
Unternehmen, an denen Navivo interessiert ist, sollten globales Potenzial besitzen. Dabei geht es nicht um die Expansion in benachbarte Märkte, sondern um die Fähigkeit, ein stabiles Unternehmen aufzubauen, das unter verschiedenen Marktbedingungen selbstständig agieren kann. Das Management von Navivo beabsichtigt, Unternehmen bei ihrer Expansion zu unterstützen, und angesichts der langjährigen Erfahrung von Marcin Borowiecki in diesem Bereich richtet sich der Blick auf die Vereinigten Staaten.
„Wir suchen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 10 Millionen PLN, was etwa 800.000 PLN pro Monat entspricht. Dies ist die Mindestvoraussetzung für hohe Margen von über 50 Prozent. Bei margenschwächeren Geschäftsmodellen, wie beispielsweise einem Marktplatz mit einer Provision von 10 Prozent auf den Bruttowarenwert (GMV), muss der erforderliche Umsatz entsprechend höher sein. Das Unternehmen muss kein positives EBITDA aufweisen, sollte aber nahe an der Gewinnschwelle liegen“, betont Tomasz Danis.
Wer hat Anspruch auf Unterstützung?Obwohl Fondsmanager bereits potenzielle Investitionsunternehmen analysieren, können endgültige Entscheidungen erst nach Abschluss der Formalitäten im Zusammenhang mit der Fondsregistrierung getroffen werden. Tomasz Danis verweist auf den dynamischen Markt, in dem die Liste potenzieller Investitionen schnell veraltet.
Investoren fragen oft nach einer Projektpipeline, einem Portfolio von Projekten. Das Problem ist, dass diese sechs Monate nach meiner Präsentation größtenteils veraltet ist. Unternehmen, die die Finanzierung sichern sollten, haben diese bereits erhalten. Ich möchte nicht länger in gescheiterte Projekte investieren. Wenn andere Investoren sie geprüft und abgelehnt haben, muss es dafür einen Grund gegeben haben“, sagt Tomasz Danis.
Navivo plant, zunächst 8–10 Millionen PLN in einzelne Unternehmen zu investieren und anschließend weitere 10–15 Millionen PLN in die vielversprechendsten Unternehmen zu investieren. Die Fondsmanager beschränken sich nicht auf eine bestimmte Branche, sehen aber besonderes Potenzial in den Bereichen Medizin, Robotik und Cybersicherheit. Laut den Fondsmanagern stellen die strengen Regulierungen in Europa eine natürliche Markteintrittsbarriere für Unternehmen von außerhalb der EU dar und verschaffen lokalen Anbietern einen Vorteil.
Negative SelektionEs gibt auch Bereiche, an denen Navivo kein Interesse hat.
„Wir wenden die negative Selektion an. Wir investieren nicht in Unternehmen, die sich auf ein einziges Produkt konzentrieren, wie beispielsweise ein Unternehmen, das an einem einzigen Medikament arbeitet, oder ein Studio, das ein einziges Spiel entwickelt. Wir lehnen auch Unternehmen ab, deren Kerngeschäft auf repetitiver menschlicher Arbeit basiert. Solche Lösungen sind schwer skalierbar“, erklärt Tomasz Danis.
Tomasz Danis ist ein Verfechter von Co-Investitionen. Er weist darauf hin, dass die Risikokapitalbranche so viele Risiken birgt, dass es besser ist, diese mit anderen Fonds zu teilen.
- Es geht nicht nur ums Geld, sondern auch um Kompetenzen und ein Netzwerk von Kontakten, betont er.
Er erwägt außerdem, sich an Investitionen zu beteiligen, die Risikokapitalfonds aufgrund ihrer Höhe selten tätigen. Durch die Bildung eines Konsortiums sieht er für Navivo Potenzial in einem Segment, das typischerweise von Private-Equity-Fonds anvisiert wird. In diesem Szenario legt Navivo größeren Wert auf Profitabilität. Das Unternehmen muss nicht unbedingt profitabel sein, aber es muss die volle Kontrolle über seine Finanzen haben.
Die Welle der Kapitalabflüsse steht noch bevorDie Branche wird eher über neue Finanzierungsrunden als über spektakuläre Exits sprechen. Laut Navivos Manager wird die Exit-Welle in zwei bis drei Jahren kommen.
„Der Markt brauchte Zeit, um Portfolios aufzubauen. Betrachtet man jedoch das polnische Ökosystem im Großen und Ganzen, sehe ich bereits mehrere Unternehmen, die für einen Exit bereit sind. Ich persönlich hätte einige davon schon längst verkauft“, bemerkt Tomasz Danis.
Er betont, dass einige Fonds, insbesondere solche, die in der Frühphase investieren, in eine Falle tappen. Sie verlassen sich darauf, dass eines der zwanzig bis dreißig Unternehmen in ihrem Portfolio das gesamte investierte Kapital zurückzahlt und zögern mit dem Verkauf, obwohl die Bewertungen heute nicht höher sind als vor einigen Jahren.
In Polen gibt es viele Wachstumsunternehmen, doch Investoren wählen sorgfältig aus, sodass nur ein Bruchteil von ihnen eine Finanzierung erhält. Einerseits gibt es in Polen mindestens mehrere Tausend Unternehmen, die die allgemeinen Kriterien für Wachstumskapitalfonds erfüllen – hinsichtlich Größe, Wachstumsrate und Geschäftsprofil. Andererseits erhalten jährlich nur etwa ein Dutzend oder weniger von ihnen eine Finanzierung von dieser Art von Investoren. Interessanterweise sind die Investitionsprozesse in dieser Gruppe typischerweise wettbewerbsintensiv. Oft konkurrieren mehrere Fonds um eine einzige Transaktion. Dies deutet darauf hin, dass die geringe Anzahl der finanzierten Unternehmen nicht auf ein unzureichendes Angebot an Fonds am Markt zurückzuführen ist. Meiner Meinung nach liegt es vielmehr daran, dass nur wenige Unternehmen über ausreichend solide Grundlagen verfügen, um attraktives langfristiges Wachstum zu erzielen und Investoren zu überzeugen.
Der Aufbau eines qualitativ hochwertigen Portfolios mit etwa einem Dutzend solcher Unternehmen erfordert mehr als nur Kapital. Um die attraktivsten Unternehmen zu gewinnen, ist es entscheidend, Mehrwert zu bieten, beispielsweise Unterstützung im Personalwesen, den Aufbau von Managementstrukturen oder die internationale Expansion. Natürlich gibt es auch interessante, dynamisch wachsende Unternehmen, die Kapital einwerben, ohne dabei von den meisten Fonds beachtet zu werden. Ich bin jedoch überzeugt, dass der Markt recht effizient ist und solche Fälle immer seltener werden.
Als Wachstumsinvestor analysieren wir jährlich mehrere tausend Unternehmen, um diverse Investitionen zu tätigen, und legen dabei großen Wert auf den Mehrwert, den wir unseren Portfoliounternehmen bieten können. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, die besten Unternehmen am Markt effektiv zu erreichen und als Lead-Investoren aufzutreten.
Ich bin überzeugt, dass der polnische Markt aktuell die Chance bietet, ein hochwertiges Portfolio wachstumsstarker Unternehmen aufzubauen. Dies erfordert jedoch ein proaktives Vorgehen, umfassende Marktanalysen und die konkrete Unterstützung der Unternehmer. Kapital allein reicht nicht aus; entscheidend ist die Entwicklung einer gemeinsamen Vision mit dem Unternehmer, die Schaffung von Mehrwert und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.
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