Nach Finanzskandal: Die Trump-Regierung kommt dem Versicherer Allianz entgegen

Fünf Jahre nach dem Mega-Skandal um die betrügerischen Structured-Alpha-Fonds in den Vereinigten Staaten kann die Allianz in dem wichtigen Markt wieder frei agieren. Zusätzlich zu den fast sechs Milliarden Dollar Entschädigungen und Strafen, die der Münchener Versicherungsriese wegen Wertpapierbetrug zahlen musste, hatten das US-Justizministerium und die Börsenaufsicht SEC gegen die Tochter Allianz Global Investors (AGI) ein zehnjähriges Verbot für neue Geschäfte verhängt. Das hat die US-Aufsicht unter der Trump-Regierung jetzt nach nur drei Jahren aufgehoben.
„Wir haben gerade nach Jahren hervorragender Arbeit von der SEC die Lizenz zurückbekommen, unser Asset-Management-Geschäft in den USA wieder zu betreiben“, berichtete Allianz-Chef Oliver Bäte vor Journalisten in München. Aufgehoben seien auch alle damit verbundenen Auflagen für die US-Lebensversicherungsgesellschaft Allianz Life Insurance Company of North America und für den zum Konzern gehörenden Vermögensverwalter Pimco.
Für Vorstandschef Bäte sind das höchst erfreuliche Nachrichten – war der Structured-Alpha-Skandal doch ein massiver Imageverlust und ein gravierender Makel in der Erfolgsbilanz, die der frühere McKinsey-Berater in seinen zehn Jahren an der Spitze des Konzerns vorzuweisen hat. „Ein wirklich schöner Erfolg, wir haben ein paar Korken knallen lassen“, sagte er.
Die Structured-Alpha-Fonds hatten Anfang 2020 mehr als sieben Milliarden Dollar an Investorengeld verloren, als die Aktienmärkte infolge der Covid-Pandemie kräftige Verluste einfuhren. AGI wurde vorgeworfen, Anleger falsch über die tatsächlichen Risiken informiert und in der Krise Daten gefälscht zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte auch Lücken in den internen Kontrollsystemen angeprangert. Geschädigt wurden vor allem Pensionsfonds wie der für die U-Bahn-Mitarbeiter in New York und die Lehrer in Arkansas.
Die jüngste Einigung mit den USA, die zu der drastischen Verkürzung des Geschäftsverbots geführt hat, sei ein Beleg dafür, dass sich das Unternehmen „systematisch um Kunden kümmert“, betonte Bäte in München. Zur Verwunderung vieler habe der Konzern damals den betroffenen Kunden zugesichert, dass sie bis zu 100 Prozent des eingezahlten Kapitals zurückerhalten, führte er aus.
Das sei auch passiert, außerdem seien die entsprechenden Fonds wie gefordert abgewickelt worden. Nach den ersten Vorwürfen und Klagen gegen die Allianz hatte diese 2020 noch behauptet, die Vorwürfe seien grundlos. Erst als das US-Justizministerium als oberste Anklagebehörde sich einschaltete und die Ermittlungen aufnahm, änderte sich die Haltung in München.
Dass die US-Börsenaufsicht ein zehnjähriges Geschäftsverbot ganze sieben Jahre früher aufgehoben hat, hält Bäte für einen historischen Vorgang: „Das hat es in Amerika noch nie gegeben.“ Schon beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar hatte er sich entspannt gezeigt, was die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump für die Finanzbranche bedeute.
Der Chef zeigt sich zufrieden mit der Regierung TrumpDie Regierung unter Trumps Vorgänger, dem Demokraten Joe Biden, sei international zwar beliebter gewesen, doch für die Finanzbranche „nicht sehr nützlich“, sagte er. Unter Biden habe es „viel mehr Erpressung gegeben, als wir das unter Trump erwarten“. Schon 2022 hatte Bäte geklagt, die Allianz sei als ausländischer Konzern von der US-Regierung unfair behandelt worden.
Am 12. Juli 2023, vor ziemlich genau zwei Jahren, hat ein US-Gericht das Strafverfahren gegen AGI mit einem Urteil endgültig abgeschlossen. Das US-Bezirksgericht in Manhattan genehmigte den strafrechtlichen Vergleich, den die Allianz 2022 mit den Behörden ausgehandelt hatte.
Im Zusammenhang mit dem Urteil war ans Licht gekommen, dass es für die Allianz noch schlimmer hätte kommen können, schließlich stand auch die Zukunft des sehr großen Vermögensverwalters Pimco zur Diskussion. Denn die Regel, dass Unternehmen, die gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen oder Betrug begehen, nach US-Recht generell von bestimmten Tätigkeiten wie der Verwaltung von Pensionsplänen ausgeschlossen sind, gilt auch für Tochtergesellschaften. Pimco, das zu dem Zeitpunkt US-Pensionsfonds im Volumen von 170 Milliarden Dollar verwaltete, war eine fünfjährige Ausnahme von dem zehnjährigen Verbot gewährt worden, während für AGI das zehnjährige Verbot galt.
Im Zuge des Strafverfahrens hat die Allianz etwa 120 Milliarden Dollar Anlegergeld an den Vermögensverwalter Voya Financial abgegeben und sich im Gegenzug mit 24 Prozent an dem Geschäft von Voya beteiligt. Künftig können die Münchener in dem für sie wichtigen US-Markt nach dem Willen der Börsenaufsicht wieder schalten und walten, wie sie wollen, kündigte Bäte an. „Das werden wir jetzt auch nutzen.“
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