Handelspolitik | Lieferkettengesetz wird gelockert
Berlin. Unternehmen sollen künftig weniger Berichte etwa über die Einhaltung von Menschenrechtsstandards oder Umweltverschmutzung in ihren Lieferketten abgeben müssen. Verstöße gegen Sorgfaltspflichten sollen nur noch in schweren Fällen sanktioniert werden, wie aus einem Gesetzentwurf zum Lieferkettengesetz hervorgeht, den das Bundeskabinett in Berlin beschlossen hat.
Vermieden würden durch EU- und deutsche Gesetzgebung entstehende »doppelte Berichtspflichten«. Dabei gelte das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nahtlos weiter bis zur Ablösung durch ein Gesetz, das die europäische Lieferkettenrichtlinie in nationales Recht überführt, so das Bundessozialministerium. In der EU werde derzeit über Änderungen verhandelt.
Das seit 2023 geltende Lieferkettengesetz soll sicherstellen, dass bei Produkten, die im Ausland für den deutschen Markt hergestellt werden, bestimmte Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden. Unternehmen mussten regelmäßig einen Bericht über die Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten veröffentlichen. Die nun auf den Weg gebrachte Entschärfung beruht auf Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zum Bürokratieabbau.
Kritik: »Völkerrechtlich unzulässig«Die im Kabinett auf den Weg gebrachten Neuregelungen stießen auf Kritik unterschiedlicher Seiten. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Statt das Lieferkettengesetz wie mehrfach versprochen abzuschaffen, wird es in seiner Belastungswirkung bestätigt.«
Der Menschenrechtsexperte Armin Paasch von der Hilfsorganisation Misereor hingegen kritisierte die Novelle als »völkerrechtlich unzulässigen Rückschritt beim Menschenrechtsschutz in der Wirtschaft«. Die Menschenrechtsorganisation Oxfam kritisierte, die Änderung komme einer »dramatischen Entkernung« gleich. Die Berichtspflichten und die Sanktionen seien zentrale Werkzeuge, mit denen Unternehmen bislang in die Pflicht genommen werden können. Die Grünen werfen der schwarz-roten Koalition eine Verwässerung bisheriger Lieferketten-Regeln vor.
Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) betonte: »Mit der Streichung der Berichtspflicht nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz setzen wir den Koalitionsvertrag zügig um, um Unternehmen weiter zu entlasten.«
Oxfam kritisierte am Mittwoch auch den Prozess der Änderung des deutschen Gesetzes: Die Regierung habe die Frist für Stellungnahmen im Vorfeld auf einen einzigen Tag verkürzt. »Echte demokratische Beteiligung ist so nicht möglich.« Mit Agenturen
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