Union ringt um Brandmauer: AfD spricht von „Testballons“ im Vorfeld der Merz-Klausur

In der CDU wächst der Streit über den künftigen Umgang mit der AfD. Mehrere Landespolitiker unter anderem aus Ostdeutschland fordern, die Haltung zur Alternative für Deutschland neu zu justieren, und stoßen damit innerparteilich auf Widerspruch.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Andreas Bühl, sagte der Bild-Zeitung, politische Entscheidungen sollten sich an Sachfragen orientieren, nicht daran, wer ihnen zustimme. Ähnlich äußerte sich Christian Hartmann, Fraktionschef der CDU in Sachsen: Die Partei müsse „jenseits von allen Brandmauerdebatten ihre eigene Position finden und dann konsequent umsetzen“.
Saskia Ludwig: Brandmauer stärke „nur AfD und Linke“Auch die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig plädierte für eine offenere Haltung: Man müsse der AfD „demokratische Rechte zugestehen“, etwa bei Ausschussvorsitzen oder Bundestagsvizepräsidenten. Es gehe nicht um Koalitionen, betonte sie, sondern darum, Mehrheiten für „gute Anträge“ zuzulassen. Die bisherige Brandmauer stärke „nur AfD und Linke“, betonte Ludwig.
Dagegen sprach sich der CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Daniel Peters, klar gegen einen Kurswechsel aus. Die Beschlusslage der CDU sei eindeutig und richtig, sagte er. Eine Zusammenarbeit mit der AfD komme nicht infrage, auch wegen deren Haltung zum Verfassungsschutz, zur EU und zur Nato. Gleichwohl warnte Peters vor einer „Dämonisierung“ der Partei und forderte eine sachliche Auseinandersetzung.
Die Diskussion innerhalb der Union war Anfang der Woche erneut aufgeflammt, nachdem mehrere frühere Spitzenpolitiker, darunter Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber und der frühere CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, eine Lockerung der sogenannten Brandmauer zur AfD ins Gespräch gebracht hatten.
Und wie blickt die AfD selbst auf die Debatte? Stephan Brandner, stellvertretender Bundessprecher der Alternative für Deutschland, ist skeptisch, wie er der Berliner Zeitung sagt. „Es ist erfreulich, wenn sich auch außerhalb der AfD kritisch mit der sogenannten Brandmauer auseinandergesetzt wird. Aber das, was jetzt passiert, ist sehr durchschaubar.“

Brandner vermutet, die Union wolle mit solchen Debattenbeiträgen die Reaktionen in Partei, Medien und Öffentlichkeit testen: „Da hat man irgendwelche Ex-Promis genommen, etwa Herrn Tauber, der sich zu seinen Generalsekretärszeiten sehr herablassend über die AfD geäußert hat, wahrscheinlich auf Merkels Befehl. Und Herrn von Guttenberg, der auch nicht viel besser ist. Das ist nicht einmal zweite oder dritte Reihe. Das ist vierte oder fünfte Reihe.“
Für Brandner scheint klar zu sein, warum die CDU gerade jetzt die Debatte um den Umgang mit der AfD erneut angestoßen hat: „Die lassen jetzt Testballons steigen, wahrscheinlich im Vorfeld der Veranstaltung am Sonntag, und schauen, was passiert.“ Brandner bezieht sich dabei auf eine von Bundeskanzler Friedrich Merz einberufene Klausurtagung am kommenden Wochenende. An beiden Tagen will die CDU beraten, wie sie in Zukunft mit der AfD umgehen wird.
„Merz steht unter massivem Druck, vor allem von der SPD“, meint Brandner und fügt hinzu: „Wenn sich die CDU offiziell von dieser Brandmauer verabschiedet, wäre das gleichzusetzen mit dem Ende der Koalition.“ Er gehe jedoch nicht davon aus, dass es dazu kommen wird.
Brandner forderte die CDU auf, „nicht nur zu reden, sondern endlich zu handeln“, zum Beispiel, indem sie AfD-Anträgen zustimme, die „sie innerlich ohnehin unterstützt – etwa beim Antifa-Verbot oder beim Verbrenner-Aus“. Jede neue Diskussion über die Brandmauer sei, so Brandner, „ein Gewinn für die Demokratie“.
Berliner-zeitung