Art Basel: Was die Kunstmesse in der Schweiz für Galerien und Künstler bietet

Basel. Es sind heiße Junitage in der Schweiz. Draußen auf dem Messeplatz leuchtet die Sonne auf ein Werk der Künstlerin Katharina Grosse. Sie hat den gesamten Platz inklusive Springbrunnen und Gebäudeteile in pink-rote Farbverläufe gehüllt. Wie auseinandergetriebene Flammen bewegen sich die gesprühten Flächen auf der Messearchitektur.
Mit Eintritt in die Hallen der „Art Basel“ kühlt sich die Luft dann doch ab. Nur gilt es auch an den Ständen, den sogenannten Messekojen, einige Brände zu löschen - denn die Umsätze auf dem Kunstmarkt sinken.

Kaufmann Repetto auf der Art Basel
Quelle: Presse Art Basel
Laut eines Berichtes im Auftrag der Schweizer Großbank UBS fielen 2024 auf dem Markt der Bilder und Büsten die Erträge um zwölf Prozent. Besonders stark betroffen waren jedoch nicht die Galerien, sondern die Auktionshäuser: Ihre Erlöse brachen um ganze 20 Prozent ein.
Ein zentraler Faktor dafür war das schwache obere Marktsegment: Werke über zehn Millionen Dollar kamen deutlich seltener auf den Markt. Doch diese kostspieligen Verkäufe waren es, womit die Auktionshäuser wie Sotheby’s oder Christies in den vergangenen Jahren ihre enormen Erfolge einfuhren. Bei Sotheby’s wurden deshalb sogar hunderte Mitarbeiter entlassen.
Im Gegensatz dazu hielten sich die Galerien vergleichsweise stabil – ihr Rückgang lag bei deutlich moderateren sechs Prozent. Kunstmessen, wie die Art Basel, stehen deshalb unter besonderer Beobachtung. Hier zeigt sich, ob die Galerien den Unsicherheiten des Marktes trotzen können.
Der Krieg in der Ukraine, der Überfall auf Israel und die humanitäre Katastrophe in Gaza führten im vergangenen Jahr zu geopolitischen Unsicherheiten. Wankende Börsenkurse sowie eine drohende Verschärfung der Zollpolitik hielten deshalb auch die Kunstsammler vom Ver- und Ankauf ab.
Auf der Art Basel heißt es zum Marktrückgang von der international renommierten, deutschen Galerie Sprüth Magers: „Wir sind alle davon betroffen. Es ist allgemein bekannt, dass es geringere Investitionen auf dem Kunstmarkt gibt.“ Trotz dessen zeigt man sich bei Sprüth Magers zufrieden: Bereits am Eröffnungstag sei der Stand gut besucht gewesen, die Verkäufe verliefen positiv.
Tatsächlich scheint die Schweizer Messe der Krise zu trotzen: Auf der diesjährigen Art Basel ist es zu vielfach erfolgreichen Sales gekommen. Laut eines Messeberichtes wurden Preise bis zu 17 Millionen Dollar für ein Werk eingenommen. Eine Drahtskulptur der Amerikanerin Ruth Asawa von 1955 verkaufte die Galerie David Zwirner nach eigenen Angaben bereits am Dienstag für 9,5 Millionen Dollar. Bei Sprüth Magers war eine Textilarbeit von Rosemarie Trockel mit 850.000 Euro der Topseller.
Gerade in Krisenzeiten sind Kunstmessen für Galerien zentral: 2024 machten sie rund 31 Prozent ihres Gesamtumsatzes dort. Messeleiterin der Art Basel, Maike Cruse, betont, der Kunstmarkt sei zwar selektiver geworden. Doch die Art Basel sei der Ort, an dem Galerien Kunst auf höchstem Niveau präsentieren – und entsprechend auch zu hohen Preisen verkaufen könnten, da sie hier auf die passende Klientel träfen.
Auf dem Stand der Galerie Sprüth Magers wurden Bilder der Künstlerin Barbara Kruger (links) und Rosemarie Trockel (rechts) gezeigt
Quelle: Juliane Freigang
Die Klientel, von der Cruse spricht, besteht an den ersten zwei Messetagen nur aus Journalisten und VIPs - wobei die Reporter nicht zum Kaufen gekommen sind. Für die Öffentlichkeit ist die Messe erst seit Donnerstag zugänglich.
In dunkelblauen Anzügen mit Manschettenknöpfen am Hemdärmel bewegt sich das VIP-Publikum durch die Messekojen. Die seit jeher vom Kunstvolk angebetete Modedesignerin Miuccia Prada glänzt hier in Form ihrer Handtaschen und Sonnenbrillen neben dem vielen offensichtlich zur Schau gestellten Goldschmuck.
Besucher zwischen den Galeriewänden bei Larry Gagosian auf der Art Basel.
Quelle: Juliane Freigang
In Basel kaufen während der ersten Messetage insbesondere große Sammler neue Werke - so auch die Deutschen, Christian und Karen Boros. In Berlin besitzen sie einen ehemaligen Reichsbahnbunker, in welchem sie ihre Sammlung auf fünf Etagen zeigen. Wie Familie Boros erweitern viele Kunstsammler hier in der Schweiz ihre Kollektionen und vernetzen sich vor Ort.
Neben Museen kaufen auch Investoren, um Kunst als Kapitalanlage zu nutzen. Wer den Gesprächen lauscht, erfährt, dass eine neue Wohnung in London eingerichtet werden muss und man sich freut, einander bald schon in Paris wiederzusehen.

Sammler Christian Boros (Mitte) besucht die Art Basel 2025.
Quelle: Juliane Freigang
Die hohen Verkaufspreise der Galerien im Erdgeschoss sind keine Überraschung - immerhin finden Käufer hier die großen Flaggschiffe der Kunstszene. Doch auch auf der zweiten Etage heißt es von der Leipziger Galerie Eigen + Art: „Wir haben einen Neo Rauch für 1,3 Millionen Euro verkauft“. Der Maler bleibt damit das Zugpferd der einzigen Galerie aus Ostdeutschland. Auch hier registriert man eine sehr gut besuchte Messe.
Dennoch beobachtet Galerie-Senior-Partnerin Kerstin Wahala: „Das Kaufverhalten hat sich verändert. Es wird mit mehr Zeit gekauft und es geht wieder mehr um den Inhalt.“

Das Team der Galerie Eigen + Art auf der Art Basel mit Kerstin Wahala (rechts).
Quelle: Juliane Freigang
In der Galerie von Gerd Harry Lybke seien Aushängeschilder der sogenannten Leipziger Schule, wie Neo Rauch, Tim Eitel und Olaf Nicolai, wichtig - insbesondere für die Kontakte zu Museen. Die Balance zu halten zwischen den jungen und den etablierten Künstlern, habe für die Galerie in Hinblick auf die Zukunft jedoch einen hohen Stellenwert.
Tatsächlich profitierten von der Messe auch die kleineren Galerien. „Unsere Preise liegen zwischen 10.000 und 200.000 Euro“, heißt es von der Galerie Société aus Berlin. „Wir haben viel verkauft“, so ein Sprecher.
Obwohl die Galerie erst seit 2012 existiert, zeigt sie auf allen Standorten der Art Basel Künstler: Neben den Messekojen auch auf dem Unlimited-Gelände mit den besonders raumgreifenden Arbeiten. Vertreten ist sie auch dem Parcours - dem Versuch der Messe, die Kunst ins Stadtbild zu bringen.

Die Installation «Interlude» (2025) der britischen Künstlerin Marianna Simnet, vertreten durch die Galerie Société aus Berlin, wird in der Ausstellung Art Parcours gezeigt.
Quelle: Georgios Kefalas/KEYSTONE/dpa
Eine hohe Aufmerksamkeit für noch nicht etablierte Künstler zeigt sich auch abseits der großen Art Basel: Eine bekannte Messealternative ist die sogenannte Liste - sie bietet seit 1996 auch jungen Galerien eine Plattform.
Seit drei Jahren gibt es in Basel parallel dazu den Basel Social Club. In einem ehemaligen Bankgebäude zeigt man auch hier Neuentdeckungen.

Die alternative Kunstmesse Liste ist während der Art Basel seit jeher gut besucht.
Quelle: Silke Briel
„Ein ganz wichtiges Event ist das geworden. Hier trifft man viele Leute aus der jungen Kreativszene“, erzählt Debi Biffi (45), die den Schweizer Design-Preis organisiert. Gemeinsam mit ihrem Partner Benjamin Moser (42) ist die Grafikerin extra aus Zürich angereist. Moser erklärt: „Während der Art Basel verändert sich die Stadt komplett. Es ist hier so viel los, dass man in einer Woche gar nicht alles erleben kann.“
Christine Vogt (57), die einen Kunsthandel auf dem Spalenberg in Basels Altstadt betreibt, bestätigt das volle Programm der Besucher: „Wenn die Leute all die Pop-Ups und Nebenmessen besuchen, fehlt ihnen die Muße in die Altstadt zu kommen“, sagt die Ladenbesitzerin, die selbst internationale Kunst ausstellt.
„Bei uns merkt man deshalb wenig von der Art Basel.“ Sie könne jedoch ohnehin gut von der Laufkundschaft leben.
In der Basler Altstadt ist vom Messetrubel wenig zu spüren. Während sich das internationale Publikum durch die Hallen drängt, bleibt es in den Gassen mit ihren mittelalterlichen Handwerkerhäusern ruhig.
Auch rund um das schattige Universitätsgelände und den Marktplatz mit dem karminroten Rathaus herrscht der ganz normale Betrieb einer 150.000-Einwohner-Stadt.

Die Altstadt in Basel bleibt vom Besucherstrom der Messe weitgehend verschont.
Quelle: imago images/Panthermedia
Gedränge herrscht indessen im Erdgeschoss zwischen den Ständen der Galerie-Giganten. An vielen Messeständen hängen Ikonen der klassischen Moderne: Edvard Munch, Otto Dix und sogar ein Picasso wird für 30 Millionen Dollar angeboten.
Die Postmoderne ist mit der Französin Louise Bourgeois vertreten - viele ihrer bekannten Spinnen und Spiralen zeigen sich an den Stellwänden der Messe. Auch deutsche Fotografen wie Bernd und Hilla Becher oder Pop-Künstler, wie Keith Haring, präsentieren die Galeristen.

Etablierte Künstler, wie Keith Haring, waren auf der Art Basel zahlreich vertreten.
Quelle: Art Basel Press
Unter den jüngeren Künstlern wurden ebenfalls einige Etablierte gezeigt: Zeichnungen von Anne Imhoff aus Deutschland oder große Textilarbeiten von Małgorzata Mirga-Tas aus Polen.
Warum die Galerien so viele Werke zeigen, die längst in den großen Museen hängen? Es ist eine ökonomische Binsenweisheit, aber in wirtschaftlich unsicheren Zeiten investieren Menschen eher in Dinge mit Bestand. Etablierte Künstler gelten als sicheres Investment auf einem unsicheren Markt.
Trotz sinkender Verkaufszahlen im letzten Jahr: Galerien und Auktionshäuser nahmen auch 2024 noch 57,5 Milliarden Dollar durch Verkäufe ein.
Das entspricht immerhin dem Bruttoinlandsprodukt von Luxemburg. Der internationale Musikmarkt erreichte zum Vergleich gerade einmal eine Gesamtsumme von 29,6 Milliarden Dollar.
Galerist Larry Gagosian auf der Art Basel 2025
Der mit Künstlern wie Damien Hirst und Jeff Koons bekannt gewordene, millionenschwere Galerist Larry Gagosian äußerte sich am bereits am Dienstag zum Messeerfolg: „Kunst war immer schon ein Ort der Zuflucht - und sowohl Institutionen als auch private Sammler suchen derzeit aktiv nach Kaufgelegenheiten.“ Dieser ideelle Wert der Kunst in Zeiten der Krise käme dann auch dem wohl mächtigsten Galeristen der Welt zugute.

Dieses Bild von Barbara Kruger der Galerie Sprüth Magers wurde auf der Art Basel verkauft.
Quelle: Juliane Freigang
Am Stand von Sprüth Magers dominiert ein Bild der Künstlerin Barbara Kruger: „War time, war crime, war game” ist da zu lesen. Auf den für sie typischen weißen Buchstaben vor schwarzem Hintergrund adressiert sie, worum es dieser Tage in den Nachrichten und Unterhaltungen der Menschen geht: Wir leben in unsicheren Zeiten.
Das sei auch ein Statement der Galerie. Doch auch wenn die Werke der amerikanischen Künstlerin keine leichte Kost sei, sind sie bereits verkauft. Krugers Diagnose wird damit Teil eines sich trotz Krise lohnenden Galerie-Geschäftes in Basel - ob nun für Kunst als Zuflucht oder Investment.
rnd