Die Gefahr ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen, sie ist lebensbedrohlich!
Um das Mikroplastikproblem zu verstehen, müsse man sich an der Quelle orientieren, erklärte Dr. Olgaç Güven, außerordentliche Professorin an der Fakultät für Fischerei der Akdeniz-Universität. Sie erläuterte, dass der Großteil des Plastikmülls an Land stamme und über Regenwasser, Flüsse und Abwassersysteme ins Meer gelange. Dieser Prozess führe zu schwerwiegender Verschmutzung, dem sogenannten Meeresmüll, sagte sie: „Kunststoffe machen etwa 80 Prozent des Meeresmülls aus. Es gibt zwar auch Glas-, Metall-, Textil- und Holzabfälle, aber Plastik stellt die größte Bedrohung dar.“
Meereslebewesen fressen Plastik und Boote werden beschädigt.Assoc. Prof. Dr. Güven erklärte, dass Plastikmüll nicht nur ökologische, sondern auch sozioökonomische Folgen habe: „Schildkröten und Meeressäuger können diesen Müll mit Nahrung verwechseln und aufnehmen. Dies kann zu Verstopfungen ihres Verdauungssystems und zum Tod führen. Der an der Oberfläche angesammelte Müll kann sich in den Propellern von Fischerbooten verfangen und finanzielle Schäden verursachen. Dadurch entstehen in den europäischen Meeren Verluste in Millionenhöhe.“
Assoc. Prof. Dr. Güven erklärte, dass Kunststoffe im Laufe der Zeit durch physikalische, chemische und biologische Einflüsse zerfallen und sich zu Mikroplastik entwickeln. „Mikroplastik entsteht entweder durch den Zerfall größerer Kunststoffe oder durch gezielt hergestellte Produkte in Branchen wie Kosmetik und Textilien“, sagte er. „Peelinglotionen, Partikel in Zahnpasta und Textilfasern fallen in diese Kategorie. Diese Partikel, die Kläranlagen passieren, können direkt ins Meer gelangen.“
Assoc. Prof. Dr. Güven betonte, dass das Marmarameer und das Schwarze Meer die am stärksten gefährdeten Regionen der vier türkischen Meere seien. Das Marmarameer stehe unter dem Druck von Industrie und Bevölkerung und sei durch Gebiete wie das Susurluk-Becken stark mit Schadstoffen belastet. Er wies außerdem darauf hin, dass über Flüsse aus Europa eine erhebliche Menge Plastik ins Schwarze Meer gelangt. Assoc. Prof. Dr. Güven sagte: „Die Verschmutzungsgrade variieren je nach Meer. Obwohl das Mittelmeer und die Ägäis offenere Systeme sind und Schadstoffe schneller verdünnen, bedeutet dies nicht, dass es keine Probleme gibt. Insbesondere die Ostküste des Mittelmeers ist durch die Flüsse Seyhan und Ceyhan einer erheblichen Verschmutzung ausgesetzt.“
Assoc. Prof. Dr. Güven betonte, dass sich die Plastikverschmutzung von anderen Abfallarten unterscheidet: „Dieser Abfall löst sich in der Natur nicht auf oder verschwindet. Er zerfällt einfach in kleinere Partikel. Diese Partikel, die von Mikro- bis Nanogröße reichen, erreichen schließlich Organismen am unteren Ende der Nahrungskette, wie beispielsweise Phytoplankton, und stellen eine Bedrohung für den Menschen dar.“
„WENN WIR NICHTS TUN, WERDEN DIE MEERE UNLEBENSWERT“Assoc. Prof. Dr. Güven machte auf Einwegplastik aufmerksam, das in Europa zunehmend verboten wird, und warnte: „Produkte wie Teller, Strohhalme, Gabeln und Wattestäbchen werden einmal benutzt und dann weggeworfen, verbleiben aber jahrelang in der Natur. Wir müssen unseren Lebensstil ändern, um Abfall zu vermeiden.“
Bei der Vorstellung seiner Lösungsvorschläge betonte Prof. Dr. Güven die Bedeutung individuellen Bewusstseins und gesellschaftlicher Teilhabe. Er sagte: „Wir sollten keinen Müll an Stränden oder in der Natur hinterlassen. Wir müssen zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen. Wenn jedoch nichts unternommen wird, wird die Plastikproduktion weitergehen, nach Gebrauch zu Müll werden und unsere Umwelt weiterhin bedrohen, bis er verschwindet. Wenn wir nichts unternehmen, machen wir unsere eigenen Lebensräume nach und nach unbewohnbar. Wenn wir nichts unternehmen, werden die Meere unbewohnbar.“
Habertürk