Open Arms, Ermittlungen gegen Funktionäre der Demokratischen Partei und der Fall Almasri: Auch innerhalb der FdI droht ein juristisches Schreckgespenst.


Der Fall
Fazzolaris Theorien zur Berufung der Staatsanwaltschaft vor dem Obersten Gerichtshof gegen Salvini, Bignamis Verschwörungstheorien zu den Mailänder Ermittlungen und Nordios Ängste vor dem libyschen Folterer: So verbreiten sich Verdächtigungen und Verschwörungen innerhalb von Melonis Partei.
Der Fall Open Arms stößt vor dem Obersten Gerichtshof auf Zweifel. Die Ermittlungen in Mailand, Turin und der Region Marken sind noch komplexer und decken mitunter Verschwörungstheorien auf: Die Schlein-nahe Justiz geht gegen die reformistische Demokratische Partei vor, die die Trennung von Karrieren nicht ablehnt. Im Hintergrund könnte der Fall Almasri der Regierung unangenehme Überraschungen bescheren, sobald er das Ministerialgericht verlässt. So befindet sich die Partei Fratelli d’Italia 24 Stunden nach der Freigabe der ersten Lesung des Verfassungsentwurfs in einer Situation, in der die Justizfrage gegen den Strich geht. Es ist schwierig, einen roten Faden zwischen diesen drei scheinbar unterschiedlichen Fällen zu finden. Dennoch herrscht in der Regierung weithin das Gefühl, dass der parlamentarische Prozess der Karrieretrennung eine Reaktion der Justiz provozieren wird. Wird dies der Fall sein? Liest man das neueste Dossier des unermüdlichen Senatsforschungsbüros der Fratelli d’Italia (FdI) – einem Thinktank, der Unterstaatssekretär Giovanbattista Fazzolari sehr nahe steht, ja fast schon intim ist –, ist das Klima zwischen Justiz und Mehrheit nicht das beste. Das jüngste FdI-Briefing befasst sich mit der Berufung der Staatsanwaltschaft Palermo gegen den Freispruch Matteo Salvinis im Open-Arms-Prozess. Die Berufung, so heißt es in dem Dokument, sei „auf völlig regelwidrige Weise direkt dem Obersten Kassationsgericht vorgelegt worden, das im vergangenen Februar die Regierung im Fall des Diciotti-Schiffs zur Entschädigung der Migranten verpflichtete und erklärte, das Ausschiffungsverbot könne nicht als ‚politischer Akt, der der gerichtlichen Überprüfung entzogen sei‘, angesehen werden. Das Dossier von Melonis Partei zeigt nicht nur die Sympathie für Salvini, die der Premierminister bereits in den sozialen Medien zum Ausdruck gebracht hat, sondern befasst sich auch eingehend mit den Vorzügen des Berufungsmechanismus. Und hier werfen sich weitere Schatten auf das Oberste Kassationsgericht. Die Staatsanwälte sind offensichtlich von ihren eigenen Argumenten überzeugt, auch dank des Beschlusses der gemeinsamen Zivilkammern des Obersten Kassationsgerichts im Februar 2025 im ähnlichen Fall des Diciotti-Schiffs. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass das vom damaligen Innenminister Matteo Salvini verhängte Ausschiffungsverbot nicht als „politischer Akt, der der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist“ angesehen werden könne und dass es „im Widerspruch zum Völkerrecht“ stehe und zudem gegen Artikel 13 der Verfassung verstoße, der die Unverletzlichkeit der persönlichen Freiheit festlegt. Die Partei des Premierministers bezeichnet die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft von Palermo gegen den Lega-Vorsitzenden als „surreal“ und bislang nichts Neues. Und er wiederholt, ohne gesetzgeberische Maßnahmen anzukündigen, die Aussage von Justizminister Carlo Nordio zum Fall Garlasco, nämlich wie „unkonventionell es ist, einen vollständigen Freispruch anzufechten“. Daher der Vorwurf, wie man beim Durchblättern des Dokuments erkennen kann, einer „surrealen Unerbittlichkeit mit einer damit einhergehenden Verschwendung von Energie und Ressourcen“. Während der Konflikt in dieser Angelegenheit, in den NGOs und Migranten verwickelt sind, unvermeidlich scheint, ist der Ansatz der FdI bei den Ermittlungen gegen Funktionäre der Demokratischen Partei dennoch anders. Galeazzo Bignami, Vorsitzender von Giorgia Melonis Partei im Abgeordnetenhaus, präsentierte neulich Abend als Gast bei „In onda“ auf La7 eine neue Theorie: „Es ist nun einmal so, dass die Ermittlungen in Mailand, Turin und Pesaro alle Elemente der reformistischen Linken betreffen, die in der Frage der Karrieretrennung und des CSM weniger orthodox sind als Schlein und am offensten für den Dialog. Wenn ich mich etwas tiefer mit Verschwörungstheorien befassen würde, würde ich sagen, dies ist eine Warnung an alle Beobachter, die sagen, dass es zu diesen Themen keinen offenen Dialog gibt.“ Bignami bezog sich auf den Fall, der Beppe Salas Regierung erschütterte, die Ermittlungen gegen Matteo Ricci und die Ermittlungen gegen die Familie des Abgeordneten der Demokratischen Partei Mauro Laus. Eine ebenso schwer zu beweisende wie überzeugende Rekonstruktion offenbart die explizite Zurückhaltung der Brüder Italiens gegenüber der Justiz, selbst wenn diese sich gegen gegnerische Parteien richtet. Hinter den Kulissen herrscht in der Regierung echte Besorgnis über das Verfahren im Fall des libyschen Folterers Almasri: Die Reaktion des Ministerialtribunals auf die Ermittelten, allen voran Nordio, wird mit einer gehörigen Portion Pessimismus erwartet. Inmitten dieses Wirrwarrs aus Theorien, Verdächtigungen und Vorurteilen bahnt sich ein Konflikt mit Teilen der Justiz über die Justizreform an. Kurzschlüsse inklusive. Wahlurnen und Gerichtssäle: nichts Neues. Deshalb scheint die Region Marken ein Knotenpunkt vieler Themen innerhalb von Regierung und Opposition zu sein. Angesichts der Zweifel der Fünf-Sterne-Bewegung an Matteo Ricci wird die Partei „Brüder Italiens“ versuchen, das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist. Heute und morgen reisen Melonis Fraktionen nach Senigallia, um dort mit Minister Adolfo Urso an einer zweitägigen Veranstaltung zum Thema „Made in Italy“ teilzunehmen. Wer weiß, ob sich diese Nachricht durchsetzen wird.
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