Leitartikel: Ohne Gipfeltreffen in Alaska versucht Europa zu existieren

Auf dem Foto. Sogar im Hintergrund, auf dem dritten, mangels eines besseren Bildes. Vom amerikanischen Präsidenten und seinem russischen Amtskollegen brüskiert, erhielten die Europäer keine Einladung zum Treffen am Freitag in Jalta in Alaska. Wie ein Teenager, der nicht weiß, wohin mit seinen Händen, wenn Erwachsene reden, geben sich die 27 tapfer. Sie eilen von Treffen zu Treffen und verfassen vermeintlich vernichtende, aber letztlich nichtssagende Kommuniqués. Doch die Wahrheit ist krass: Die Europäische Union ist in den Gesprächen zwischen Washington und Moskau ein vernachlässigbarer Handlanger. Auch Wolodymyr Selenskyj , der nicht in die Region Alaska eingeladen wurde, weiß nicht so recht, was ihm serviert wird. Zwischen Ketchup und Blinis ist der ukrainische Präsident dazu verdammt, diese neue Weltordnung zu ertragen, die von einem verrückten, vom Friedensnobelpreis besessenen Staatschef und einem akribischen, nach sowjetischen Methoden geschulten Diktator feinjustiert wird.
Leider werden sich Trump und Putin trotz ihres verletzten Stolzes und ihrer Bitten erst an die Brüsseler Telefonnummer erinnern, wenn eine Einigung erzielt ist. Das wird der große Moment für die Nebenfiguren sein, die eine ohne ihr Wissen getroffene Entscheidung durchsetzen sollen. Zudem knallen gerade in Moskau die Sektkorken. Alle kremlfreundlichen Kommentatoren jubeln über Russlands Rückkehr in die große Liga. Und sie verspotten Merz, Starmer und Macron, die am 15. August das Rollfeld in Anchorage nicht sehen werden. Ist Alaska noch weit weg? Europa muss seinen Hut essen, und zwar eine Pelzmütze. Anstatt also zu versuchen, das Gesicht zu wahren, sollten sich die Europäer auf ein ernüchterndes Morgen vorbereiten. Eine Entspannung der Beziehungen zwischen Washington und Moskau wäre das Worst-Case-Szenario für eine EU, die gerade einen Handelskrieg verloren, ihren diplomatischen Kredit verspielt hat und deren Sanktionsdrohungen nichts weiter als leere Versprechungen sind.
L'Est Républicain