Ist das Sterben an einem Herzinfarkt nach Sex auf einer Geschäftsreise ein Arbeitsunfall oder nicht?

In der August-Ausgabe von „It’s My Job“ beleuchten wir einige der bedeutendsten arbeitsrechtlichen Streitigkeiten der letzten Jahre. Heute konzentrieren wir uns auf Unfälle auf Dienstreisen.
Der Vorfall ereignete sich im Jahr 2013. Ein Bahnbauunternehmen schickte einen Techniker auf eine Baustelle und buchte ihm eine Nacht in einem Hotel. Doch am Abend kehrte der Mitarbeiter nicht in sein Zimmer zurück. Er lernte eine Frau kennen, sie hatten Sex in ihrem Haus, und er starb um 22 Uhr in ihrem Bett an einem Herzinfarkt.
Die Frau rief die Polizei, die ihren Arbeitgeber benachrichtigte, der den Tod der Krankenkasse meldete. Dort entbrannte ein Streit. Für die Sozialversicherung war dieser Todesfall ein Arbeitsunfall, da er sich während des Arbeitseinsatzes ereignete, unabhängig davon, ob er durch eine berufliche oder alltägliche Handlung verursacht wurde.
Der Arbeitgeber sieht das anders. Er bestreitet dies und argumentiert, der Techniker habe zum Zeitpunkt seines Todes seine Mission bewusst unterbrochen, und zwar aus einem allein von seinem persönlichen Interesse diktierten Grund. Zudem sei er in den Armen eines völlig Fremden vor seinem Hotelzimmer gestorben – kurz gesagt, nichts davon habe etwas mit seiner Arbeit zu tun gehabt.
Doch die Richter des Sozialversicherungsgerichts wiesen die Klage ab. Sie erklärten, selbst wenn sich der Unfall an einem anderen Ort als dem vom Unternehmen reservierten Zimmer ereignet habe, beweise dies nicht, dass der Arbeitnehmer nicht der Weisungsbefugnis seines Arbeitgebers unterstand. Sie führten außerdem aus, dass Geschlechtsverkehr „zu alltäglichen Aktivitäten wie Duschen oder Essen gehört“. Das Unternehmen brachte den Fall 2019 vor das Pariser Berufungsgericht. Auch dort verlor es.
Bei Unfällen auf Geschäftsreisen macht das Gesetz keine Scherze. „Es geht davon aus, dass ein Arbeitnehmer im Einsatz rund um die Uhr der Verantwortung seines Arbeitgebers unterliegt und dass im Falle eines Unfalls davon ausgegangen wird, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt“, fasst Anwältin Diane Buisson zusammen. „Es sei denn, der Arbeitgeber weist nach, dass der Unfall außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit stattgefunden hat.“ Was, wie wir gerade gesehen haben, schwierig ist.
Seit über 20 Jahren ist die Rechtsprechung in solchen Fällen einheitlich. So verletzte sich 2017 ein in China eingesetzter Arbeitnehmer um 3 Uhr morgens beim Tanzen in einem Nachtclub. Der Arbeitgeber konnte nicht nachweisen, dass er seine Arbeit aus persönlichen Gründen unterbrochen hatte. Dasselbe gilt für den Sturz einer Flugbegleiterin beim Skateboarden während eines Zwischenstopps in Florida.
Francetvinfo