Ist Kaffeetrinken schlecht für das Herz? Mythen und Fakten rund um dieses Getränk und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Für Millionen Kolumbianer beginnt der Tag erst mit der ersten Tasse Kaffee. Das Aroma, der Geschmack und die Energie, die er verleiht, gehören zum Alltag. Doch seit Jahrzehnten rankt sich um dieses Getränk ein immer wiederkehrender Mythos: Sein Konsum könne schädlich für das Herz sein. Heute sieht die Wissenschaft das anders, und Experten versichern, dass Kaffee keineswegs schädlich ist, sondern – sofern er in Maßen genossen wird – ein Verbündeter für die Herz-Kreislauf-Gesundheit sein kann.

Kaffee senkt das Risiko von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Herzversagen. Foto: iStock
In Kolumbien werden pro Person und Jahr mehr als 300 Tassen Kaffee getrunken. Diese tägliche Pause, die in den Augen der traditionellen Medizin harmlos, aber verdächtig erschien, wird nun aufgrund neuer Erkenntnisse neu bewertet.
„Jahrzehntelang lautete die Standardempfehlung, den Kaffeekonsum aufgrund eines vermeintlichen Zusammenhangs mit Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck einzuschränken. Heute zeigen uns hochwertige wissenschaftliche Erkenntnisse eine andere Realität“, erklärt Dr. Giovanni de La Cruz, Leiter der Abteilung für Herz-Kreislauf-Medizin an der Clínica del Country und der Clínica La Colina. „Regelmäßiger und mäßiger Kaffeekonsum ist nicht nur sicher, sondern wird auch regelmäßig mit einer geringeren Inzidenz schwerer kardiovaskulärer Ereignisse in Verbindung gebracht. Wir bewegen uns vom Mythos zur evidenzbasierten Medizin.“
In führenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichte Forschungsergebnisse zeigen, dass drei bis fünf Tassen Kaffee pro Tag das Risiko für koronare Herzkrankheiten, Herzinfarkte und Schlaganfälle senken können. Zudem wurde bei Kaffeetrinkern im Vergleich zu denen, die ihn meiden, eine geringere Gesamtmortalität festgestellt.

Die Antioxidantien und Polyphenole im Kaffee machen ihn zu einem natürlichen Schutzmittel. Foto: iStock
Die Vorteile von Kaffee beschränken sich nicht nur auf Koffein, wie oft angenommen wird. Dieses Getränk enthält mehr als tausend bioaktive Verbindungen, darunter Antioxidantien und Polyphenole wie Chlorogensäure, mit entzündungshemmenden Eigenschaften und positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Blutgefäße.
Diese Komponenten tragen zur Verbesserung der Endothelfunktion bei, d. h. zur Fähigkeit der Arterien, sich richtig zu entspannen und zusammenzuziehen – ein Schlüsselfaktor zur Vorbeugung von Bluthochdruck und Arteriosklerose. „Kaffee ist tatsächlich ein natürlicher Cocktail aus schützenden Molekülen, die zusammen eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben“, betonen die Spezialisten.

Jahrelang glaubte man, Kaffee könne Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck verursachen. Foto: iStock
Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählen:
- Geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Groß angelegte Studien deuten darauf hin, dass ein mäßiger Konsum mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Herzerkrankung einhergeht.
- Schlaganfallschutz: Einige Studien deuten darauf hin, dass bei regelmäßigem Kaffeekonsum das Schlaganfallrisiko sinkt.
- Vorbeugung von Herzinsuffizienz: Neuere Erkenntnisse zeigen, dass Kaffee langfristig zu einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Herzinsuffizienz führt.
Ein interessantes und aufschlussreiches Ergebnis stammt aus einer im European Heart Journal veröffentlichten Studie, an der mehr als 40.000 Erwachsene teilnahmen. Die Ergebnisse zeigen, dass diejenigen, die ihren Kaffeekonsum auf die Morgenstunden beschränken, ein um bis zu 31 % geringeres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, und ein um 16 % geringeres Risiko, an irgendeiner Ursache zu sterben.
Die Erklärung liegt in der biologischen Uhr. Kaffeetrinken am Nachmittag oder Abend kann die Melatoninproduktion beeinträchtigen und den Schlaf stören, was sich auf Faktoren wie Blutdruck und Entzündungen auswirkt. Andererseits wirkt sich der Morgenkaffee im Einklang mit dem natürlichen Zyklus des Körpers aus und verstärkt dessen wohltuende Wirkung.
Experten warnen jedoch, dass dies keine „Lizenz zum maßlosen Kaffeetrinken“ sei. Die beobachteten Vorteile konzentrieren sich auf einen moderaten Konsum – maximal fünf Tassen pro Tag – und auf einfache Zubereitungen, etwa schwarzen Kaffee oder mit wenig Milch und Zuckerzusatz.
„Die wichtigste Botschaft lautet: Mäßigung und Vorbereitung. Die Vorteile zeigen sich vor allem bei übermäßigem Konsum von unverarbeitetem Kaffee, nicht bei hochverarbeiteten Getränken voller Zucker und Fett“, betont Dr. De La Cruz. Er rät außerdem Menschen mit unkontrolliertem Bluthochdruck, komplexen Herzrhythmusstörungen oder hoher Koffeinempfindlichkeit, ihren Arzt zu konsultieren, bevor sie Kaffee in ihre tägliche Ernährung aufnehmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kaffee – ein Symbol der kolumbianischen Identität – einen Platz auf der Liste der Verbündeten des Herzens verdient zu haben scheint. Obwohl die Wissenschaft die Nuancen dieser Beziehung noch erforscht, kann man heute sagen, dass der Genuss einer Tasse Kaffee am Tag nicht nur ein kulturelles Vergnügen ist, sondern auch eine Gewohnheit mit potenziellem Schutz für die Herz-Kreislauf-Gesundheit, sofern sie mit einem ausgewogenen Lebensstil einhergeht.
Umwelt- und Gesundheitsjournalist
eltiempo