CO₂-Speicherung: Begrenztes Werkzeug gegen Klimawandel

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 haben rund 200 Staaten vereinbart, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen – möglichst sogar auf 1,5 Grad. Rund 1,5 Grad waren laut Weltwetterorganisation (WMO) 2024 bereits erstmals erreicht – bis Ende des Jahrhunderts steuert die Erde nach UN-Berechnungen auf bis zu 3 Grad Erwärmung zu.
Viele Fachleute plädieren dafür, CO₂ aus der Umwelt in geologischen Formationen zu speichern – über Jahrhunderte oder Jahrtausende – und so den Anstieg zu begrenzen. Etliche Regierungen setzen auch in ihren Klimaschutzplänen darauf. Doch die globale Kapazität dieses sogenannten CCS (Carbon Capture and Storage) ist einer Studie zufolge wesentlich geringer als bisher angenommen. Demnach lassen sich in Sedimentgestein weltweit nur etwa 1.460 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) sicher speichern, berechnet ein internationales Forschungsteam um Matthew Gidden vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg, Österreich.
Das komplette Ausschöpfen dieser Möglichkeit könnte die Erdtemperatur allenfalls um 0,7 Grad Celsius reduzieren, schreibt die Gruppe im Fachjournal „Nature“. „Kohlenstoff-Speicherung wird oft als Weg aus der Klimakrise dargestellt“, sagt Gidden. „Unsere Resultate stellen klar, dass es ein begrenztes Werkzeug ist.“
Letztlich geht es bei der Einlagerung von Kohlendioxid (CO₂) darum, die Netto-Emissionen des Treibhausgases in die Atmosphäre zu minimieren, um den damit verbundenen Temperaturanstieg zu begrenzen – oder sie sogar unter Null zu senken, um eine Abkühlung zu erreichen. Mögliche geologische Speicher wären etwa ausgebeutete Öl- und Gaslagerstätten. In Deutschland wird eine Speicherung unter der Nordsee diskutiert.
Doch wie viel CO₂ sich weltweit speichern ließe, war bisher weitgehend unklar. Bislang gingen manche Schätzungen von einer globalen Kapazität von 14.000 Gigatonnen aus, was die Temperatur bei voller Ausschöpfung – zumindest theoretisch – um etwa fünf bis sechs Grad verringern könnte.
Die aktuelle Studie kommt zu einer drastisch geringeren Menge – vor allem deshalb, weil das Team nur als sicher eingestufte Speichermöglichkeiten berücksichtigte, ohne Risiken für Menschen und Umwelt. Dies sieht das Team in Gesteinsformationen in einer Tiefe zwischen 1.000 und 2.500 Metern und – im Fall von Offshore-Lagerstätten – unter Meeresgebieten bis maximal 300 Metern Tiefe innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ).
Ausgeschlossen sind zudem Gegenden mit erhöhter Erdbebengefährdung, Naturschutzgebiete sowie die Arktis und die Antarktis. Um Gebiete mit einer absehbaren künftigen Besiedlung zieht das Forschungsteam eine Pufferzone von 25 Kilometern.
Das solle im Falle von Leckagen Gesundheitsgefahren vermeiden – neben Erdbewegungen etwa eine Belastung von Grundwasser mit Kohlensäure oder die Mobilisierung giftiger Metalle durch austretendes CO₂. Generell ist die unterirdische Speicherung von CO₂ umstritten – in manchen europäischen Ländern sei sie sogar verboten, heißt es.
Die Einschränkungen begrenzen das planetare CO₂-Speicherpotenzial auf 1460 Gigatonnen. 70 Prozent dieser Lagerstätten liegen an Land, etwa 30 Prozent sind offshore. Besonders viele dieser Speicher liegen demnach in Ländern mit natürlichen Lagerstätten, darunter Russland, die USA, China, Brasilien und Australien.
Mit Blick auf die begrenzte planetare Speicherkapazität müssten Länder ihre Klimapläne sehr sorgfältig abwägen, heißt es: „Angesichts der auf Jahrtausende angelegten Zeiträume, die für die Kohlenstoff-Lagerung benötigt werden, um dem Einfluss des ausgestoßenen CO₂ auf den Klimawandel entgegenzuwirken, werden heutige Entscheidungen zum Kohlenstoff-Management die Bevölkerung über mehr als zehn Generationen beeinflussen.“
Der Studie zufolge kann man also nicht davon ausgehen, eine starke Erwärmung des Planeten durch massive CO₂-Speicherung ausgleichen zu können. Zudem, so betont die Gruppe, gebe es substanzielle Unsicherheiten dazu, wie das Erdklima auf weitere Treibhausgas-Emissionen reagiert.
„Es ist noch immer ungewiss, ob die Entfernung von einer Einheit Kohlenstoff die Erwärmung in demselben Ausmaß umkehrt, wie der Ausstoß einer Einheit CO₂ sie erhöht“, heißt es. „Sollte diese Ungewissheit der Klimareaktion zu unseren Ungunsten ausfallen, müsste mehr Kohlenstoff als derzeit geschätzt entfernt werden, um die erwünschten Klimaziele zu erreichen.“
Die Grenzen der Speicherfähigkeit zeigten, dass es robuste Strategien zur Eindämmung der Emissionen brauche, um die Erde auch für folgende Generationen gut bewohnbar zu erhalten. „Diese Studie sollte einen Wendepunkt für die Kohlenstoff-Speicherung bedeuten“, sagt IIASA-Co-Autor Joeri Rogelj. „Sie kann nicht mehr länger als unbegrenzte Lösung betrachtet werden, unser Klima zurück auf eine sichere Stufe zu bringen.“
RND/dpa
rnd