WM 2010: Deutschland vs. Argentinien im Liveticker – Geboren am 3. Juli

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WM 2010: Deutschland vs. Argentinien im Liveticker – Geboren am 3. Juli

WM 2010: Deutschland vs. Argentinien im Liveticker – Geboren am 3. Juli

Ein Spiel, in dem Deutschland Argentinien 4:0 schlägt und sogar Arne Friedrich trifft – das gab es lange Zeit nur auf der Konsole und in feuchten Träumen. Heute vor 15 Jahren wurde es Realität. Wirklich. Es kneift euch: der 11FREUNDE-Liveticker!

Foto:

IMAGO sportfotodienst

11:38 Uhr

Hallo, liebe Fans. Nur mal kurz, weil es eh zu heiß ist, um zu arbeiten. Im Interview mit „11FREUNDE täglich“ sagt Jogi vor dem Spiel zu seinen gelegentlichen Zornesausbrüchen: „Auch daheim beim Grillen werde ich mal wütend, wenn mir etwas nicht gelingt.“ Wenn die Argentinier das noch vor dem Spiel lesen, sind wir erledigt. Die lachen uns doch aus. Oder sie kriegen Angst vor Jogis Wut. Auf jeden Fall: Keinen Spiritus in die Glut schütten!

15:10 Uhr

Um 15 Uhr solle es losgehen, schrieb Kollege Gieselmann heute Morgen. Warum, weiß er jetzt auch nicht mehr so genau. Wahrscheinlich weil es am Morgen war und das Spiel noch unendlich weit weg. Jetzt ist es einfach nur heiß. Viel zu heiß. Die Gehirne verschrumpeln. Jeden Gedanken, der sich noch darin befindet, müssen wir sorgsam aufbewahren. Wir melden uns erst in letzter Minute wieder. Bis dahin ein kleiner Vorgeschmack: „Messi kriegt heut auf die Fressi“, schlagzeilt bild.de. Wir kontern: „Schweini kriegt heut auf die Beini.“ Überlegt euch gut, ob ihr nicht doch ins Freibad wollt.

15:15 Uhr

Ach, doch noch eins, in eigener Sache: Kann mich nachher jemand in den Kommentaren dran erinnern, dass ich mir Salbei von Gieselmanns Balkon klauen wollte? Brauch ich für morgen, und bei Kaisers gab's keinen. Danke.

15:41 Uhr

Kollege Jonas, du willst mir noch Salbei klauen. So, hätten wir das auch erledigt. Nun ist der Kopf frei für diese wohl wichtigste Partie, seitdem ich vorhin noch den ganzen Salbei aus dem Beet gerissen habe. Oh. Sorry, Kollege Jonas. Zum Glück halten die Mainzelmännchen jetzt den Ball hoch, Kollege Jonas ist verzückt, denkt nicht ans Salbei-Essen, und Deutschland ist in Topform. St. Paulis Coach Holger Stanislawski glaubt, dass „Deutschland ein Tor mehr schießt als Messi“. Messi auf die Fressi also wirklich? Oder Neuer aufs Gemäuer? Wir wissen nur: All you need is Löw. Und die Mainzelmännchen. Gunn Aaaaaaaaamd!

15:51 Uhr

Wir sind aus Versehen in einem Public Viewing gelandet. In Gieselmanns Penthouse. Minütlich läutet es an der Tür, kommt der Concierge mit immer neuen Gästen. Und jetzt: der Gast, geneigten Lesern dieses Tickers bekannt als Gieselmanns personifizierter Gedankenstrom. Begrüßt mich mit: „Du siehst schon aus wie ein Gaucho“, weil ich einen Hut trage. Einen Hut, den ich eben noch abnehmen wollte, jetzt aber nicht mehr kann, ohne dem Gast Zugeständnisse zu machen. Ich will nach Hause.

15:55 Uhr

Kommt mal ganz nah, liebe Fans: Heute Nacht habe ich noch mal Uruguay gegen Ghana geträumt – mit Poldi als Asamoah Gyan, mit Merte als John Mensah, mit mir als weinendem Olli Pocher. Auch ein Alptraum: Die argentinische Hymne wird als erste abgedudelt. „Das geht nach alphabetischer Reihenfolge“, tröstet mich der Gast. „A wie Arschloch.“ Entschuldigt ihn, liebe Fans, bei Philipp Lahms Ansprache gegen Rassismus hing er noch mit dem Gaumen am Zapfhahn fest.

15:57 Uhr

Und jetzt die deutsche Hymne, immerhin als zweitplatzierte. Ich wünschte, danach wäre Sendeschluss, wie damals, als es nur zwei Sender gab, und dann kam der Schnee, bis es erst mit dem Testbild und dann mit der Sesamstraße wieder losging. Aber heutzutage fängt Cherno Jobatey um vier Uhr morgens an zu senden, es geht in einem durch, Tine Wittler, die Suppernanny, Claus Kleber, Waldis WM-Klub, „Die größten Flugzeugträger aller Zeiten“ auf N24, Snooker mit Rolf Kalb, und jetzt dieses Spiel. Der Anstoß! Reizüberflutung! Ich bin tot, liebe Fans.Und dafür hab ich auch noch Gebühren gezahlt.

2.

Schon zehn Fouls, einmal von Klose, einmal gegen Poldi, die anderen acht Mal Jonas an mir, wegen dem Salbei. Aber egal, Freunde, egal, egal, egal, egal,egal, egal,egal, egal,egal, egal,egal, egal! Denn: TOOOOOOOOOOOOOOOOOOR! Für Deutschland! Freistoß von Gottsteiger, diesem Fußballschwein, dann Kopfball von Müllers Omas, sie steigen beide hoch! Und köpfen mit dem Dutt! Müller! Müller! Dann macht es BUMM! 1:0 für mich! Und euch! Für Deutschland! Ich küsse Kollege Jonas, er küsst mich, er schmeckt nach Salbei. Warum? Egal.

5.

Erst jetzt bin ich aus der Superzeitlupe erwacht und sehe: Müllers Omas machen alles richtig, aber Keeper Romero so gut wie alles falsch: Er scheint gerade seinen Strafraum auszufegen und das mit einem Phlegma wie ein Germanistikstudent, zehn Minuten bevor er Mädchenbesuch bekommt, Mädchenbesuch, genauer gesagt, von dem er sich nichts verspricht, aber man soll ihm nicht nachsagen können, er sei ein Schlonz, das nicht, aber da ist das Tor auch schon gefallen, die Rache der Omas, der Mädchenbesuch rauscht ab und fängt jetzt vielleicht was mit Andi Köpke an. Besser so.

9.

„Fehler von Otamendi“, das wird in den deutschen Sprachschatz eingehen wie „Aussitzen“, „Ausgerechnet“, „Rentnerschwemme“ oder „Boxenluder“, so oft hat Rethy das jetzt schon gesagt. Es würde uns nerven, ist ja Rethy, aber diese Worte klingen wie Honig in unseren Ohren. Oder Musik? Honigmusik? Und jetzt sieht Otamendi auch noch Gelb. Hmmm, Honig.

10.

Otamendi schwebt schon jetzt am Rande eines Feldverweises, passt auf Poldi auf wie ein gichtkranker Chihuahua auf ein Parkhaus. Und Poldi freut sich 'nen Keks, ballert, wie nur er ballern kann. Jetzt Ecke. Jonas übernimmt, ich muss Müllers Omas jetzt erst mal 'ne Schachtel Pralinen schicken. So viel Zeit muss sein.

14.

Was ist hier los? Podolski unterbindet einen Konter, indem er gleich zweimal den Passweg zustellt. Podolski - Passweg - zustellen. Im Ernst: diese Worte, die eigentlich nicht zusammenpassen, stellen sich genau so dar. Also nicht die Worte, sondern die Dings. Egal. Die Argentinier treten jetzt schon auf alles, was sich bewegt, Mascherano holzt Schweinsteiger um, sieht nicht mal Gelb. Aber: Podolski - Passweg - zustellen. Hurra!

17.

Schlecht daran, dass „Schweinsteiger jetzt ein Mann“ ist (Uli Hoeneß) ist ja nur, dass man jetzt weder „Basti“ noch „Schweini“ mehr schreiben darf. Also, für einen Liveticker ist das schlecht, verdammt viele Buchstaben, verdammt viel Potential für Dreher, wir zählen nachher mal nach.

19.

Jetzt trau ich mich nicht mehr wegen des Gastes nicht, meinen Hut abzusetzen, sondern aus Aberglauben. Das soll alles genau so weitergehen. Klaro ist auch Argentinien immer mal wieder gefährlich, aber nur bis zum Strafraum und nicht weiter. Und die Deutschen sind vor allem: da / präsent / voll konzentriert. Sucht euch was aus dem Zettelkasten aus, es stimmt schon.

22.

Schweinsteiger rächt sich an Demichelis, der soll das später an Mascherano weitergeben, man kennt sich, ein Dienst unter Freunden. Dann kurz Herzstillstand: Messi messit auf Tevez, der empfiehlt dem herausstürzenden Neuer aus optischen Gründen auch eine Narbe, legt gleich selber den Stollen an. Neuer hält, ist aber sauer. Sieht dabei aber, ehrlich gesagt, immer noch nicht annähernd so gefährlich aus wie Tevez, selbst wenn der lächelt.

25.

Nein! Müller müllert, aber Klose..., lassen wir das. Klose vergibt eine, naja, Hundertprozentige, ich verschütte vor Schreck den Vierzigprozentigen. Drüber bzw. auf die Hose bzw. Mist!

27.

Kollege Jonas kann der Mannschaft nicht mehr helfen, reist beleidigt ab. Was soll's, wir haben ja uns, liebe Fans, und wir brauchen! Uns! Auch! Denn jetzt gehen die Argentinier über rechts durch, dribbeln, fummeln, Neuer schwitzt, di Maria, Messi, Heinze, der für meinen Geschmack zu oft aufrückt, das sollte er nicht tun, das ist zu gefährlich, doch nicht so sein Schuss, der ist ein Witz, also kein guter wie zum Beispiel auch: „Was macht ein Clown im Büro? Faxen!“ Also. Abstoß. Puh.

29.

Via bild.de droht der Bürgermeister von Pähl: „Wir haben eine super Trachtenkapelle. Es wäre großartig, wenn wir Thomas mit ihr am Münchner Flughafen empfangen und dann mit ihm im Dorf feiern könnten.“ Wie kann man unseren besten Mann bloß so verunsichern? Was bekommt der bayrische Bürokrat von Maradona dafür? Und was bekommt Mick Jagger, der schon wieder auf der Tribüne rumhängt, dafür, dass er jemanden ins Verderben rollingstonet? Eine Weltverschwörung ist im Gange, doch Neuer hält. Geil.

33.

Deutschland spielt so, dass es in unseren Augen sehr, sehr modern aussieht, cool sogar, irgendwie Federer-mäßig, als er noch gut war. Doch dann Higuain, der das Break abwenden will, er dribbelt, schießt, doch Neuer hält. Wieder. Müssen wir das noch sagen?

35.

Jetzt hat die Trachtenkapelle einen Teilsieg zu verbuchen. Müller sieht Gelb, für ein Handspiel. Er. Verpasst. Das. Halbfinale. Müller, der neue Ballack? Danke, Herr Bürgermeister. Vielen Dank.

37.

Tor! Tor? Tor! Nein, doch, ja! Nein: Abseits. Argentinien steht im Abseits, und zwar gleich mit drei Mann, Messi, Tevez, Higuain. Maradona, Burruchaga, Evita und Ché Guevara schauen auch noch vorbei, kein Tor, kein Tor! Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts mehr zu sehen.

39.

Poldi kommt nicht von dem Film runter, dass er früher irgendwann mal von der Mittellinie getroffen hat. Aber das war in der F-Jugend, Kleinfeld, dennoch schießt er weiterhin von überall und überall hin, nur nicht ins Tor. Sollten wir ihm das vielleicht mal sagen, wenn sich sonst niemand traut?

41.

Und jetzt Özil, der Erlözil, auch er schießt, auch er von irgendwo, auch er weit daneben, aber wenigstens macht er danach nicht den Poldi-Daumen, er grämt sich sogar. Ein Teilerfolg.

43.

Maradona! Hand! In der Coaching Zone! Braucht drei Minuten, um den Ball aufzulesen. Zeit für die Diät Gottes.

44.

Konter! Müller! Storchig gedribbelt! Abgefälscht! Knapp daneben! „Hui!“, macht Merkel auf der Tribüne, schwitzt den süßen Schweiß der Liebe in ihr Kostüm. Schweini empfängt die Signale, jetzt schießt auch er aus allen Lagen. Diese Frau! SIE ist schuld! Ich leg mich fest.

46.

Auf einmal ein Wimmern hier im Raum wie im Kinderheim kurz vor der Impfung.„Neinneinneinneinneinneinnein!“, betet der Gast. Er will nicht, dass die Argentinier angreifen, dass Messi schießt, aber er tut es – drüber! So gut ist der Messi dann auch wieder nicht. Meine Meinung. Und jetzt ist Halbzeit. Wir führen 1:0. Dabei könnte es ruhig bleiben. Auch meine Meinung.

16:48 Uhr

Werbung. Ein Mann, der aussieht wie ein Leguan, kauft sich ein Auto, das aussieht wie eine Kühltruhe, obwohl er es nicht haben will. Wo ist jetzt die subtile Botschaft, auf die wir hereinfallen sollen? Vielleicht reißt dieser Clip auch nur ein Loch in unsere Hirne, in das der gespenstische „Doktor Klenk“ aus der Shampoo-Werbung jetzt hinein stieren kann. Mit diesen Augen. Die die Augen von Tevez sind. Dem Glöckner von Notre Dame. Der uns noch einen einschenken will in Halbzeit 2. Jetzt hab ich Angst. Kaufe mir schnell ein Auto, obwohl ich es nicht haben will. Aaah! Kommerz!

16:52 Uhr

„JAAA!“, titel bild.de. „Wie können wir das toppen?“, grübelt Kollege Jonas, der aus dem Exil zurückgekehrt ist und jetzt als Pressesprecher fungiert, dann formuliert er: „JAAAAAA!“ Genial. Das macht uns keiner nach, und wenn wir dafür alle A-Tasten der Welt persönlich aufessen müssen. Hmmm, A-Tasten!

16:54 Uhr

Kahn erkennt „kein eindeutig klares System bei den Argentiniern“, sagt aber leider nicht, dass wir jetzt keine Angst mehr haben müssen. Dann wieder Werbung, Autos, Telefone, Männer, die wütend Hamburger essen, obwohl sie dafür einen Haufen Kohle kriegen, Magdalena Neuner, die sich auf die Schnauze legt, mannmannmann, ich will, dass Horst Hrubesch jetzt kommt und alle Anflüge von Skepsis einfach wegköpft. Verdammter DFB. Der Bierhoff hängt die ganze Zeit soft auf der Tribüne rum, aber dass sie mir, der ich 15 Jahre lang Mitglied des TuS St. Hülfe-Heede war, mal einen Bodyguard zur Seite stellen, das kriegen sie nicht hin. Aber: SCHLAND!

17:03 Uhr

Aus den Kommentaren erfahren wir soeben, dass Gruner + Jahr jetzt die Mehrheit an 11FREUNDE hält. Gieselmann bestellt sich sofort ein Freiabo der „Gala“. Was noch keiner weiß: das ZDF ist offensichtlich auch verkauft worden, firmiert jetzt als Privatsender, ballert soviel Werbung in 15 Minuten raus wie sonst in einem ganzen Jahr (- Gruner).

46.

Weiter geht's, keine Wechsel, aber Argentinien mit viel Druck. Viel zu viel für meinen Geschmack, jetzt hab ich auch Angst, lege mich zu Gieselmann unters Sofa.

48.

Es sind ja erst zweieinhalb Minuten gespielt, aber lange sollten sie das auch nicht so weitermachen. Hoffnung macht gerade nur, dass wir ja offensichtlich gut kontern könnten. Und dass di Maria jetzt auch von überall schießt. Daneben.

51.

Fünfeinhalb Minuten gespielt, und ich atme zum ersten Mal wieder aus. Jetzt zumindest wieder ein bisschen Ballbesitz für Deutschland, nicht eben viel, aber immerhin.

53.

Aua! Higuain zieht im Strafraum ab, trifft Merte voll im Gesicht, der „blockt mit der Zunge“, schreit Gieselmann, als handele es sich dabei um eine Delikatesse. Mertesacker taumelt zu Maradona, den er nun für Mario Adorf hält, stammelt: „Träner, isch mach weita, du sachst doch immer, isch bin gut versischert.“ Maradona marioadorft zurück: „Ja! Aba isch möschte, dat du noch was davon has!“

55.

Seit Merte den Ball auf die Zunge gekriegt hat, kommt Bela nicht mehr von den Box-Phrasen runter: „Auf die Zwölf!“, schwärmt er. „Wirkungstreffer!“ Wann wirft der Intendant endlich das Handtuch?

56.

Pillenknick! „Friedrich und Klose sind die einzigen, die in den 70ern geboren sind!“, geburtenkontrolliert Rethy jetzt. Und was ist mir mir? Mit Kollege Jonas? Mit dem Geist von Malente? Gibt es uns etwa gar nicht? Jetzt habe ich noch mehr Angst.

60.

Deutschland ist im Mittelfeld jetzt so offen wie Rolf Edens Hose nachts um drei. Das führt zu Räumen, zu Nervenzusammenbrüchen, zum Ende auch bislang stabiler Liebesbeziehungen. „Maaaaaaaann! Schweinsteiger!“, kotzt Kollege Jonas. „Spiel doch mal sauber was aus!“ Das erinnert mich an was: „Spül doch mal sauber was aus!“ Das sagte er neulich, als er eine Fluse in seinem Dessertschüsselchen fand. Und dann hat er mich gehauen. Ganz dolle. Hilfe, liebe Fans.

64.

Messi macht Stressi! Higuain! Könnte schießen! Doch Lahm: Hat plötzlich Beine, so lang wie Claudia Schiffer, grätscht ihn ab. Strike a pose!

65.

Und immer wieder Neuer. Der ist zwar ungefähr 20 Jahre jünger als ich, und dennoch habe ich schon Gefühle für ihn wie ein Sohn zu seinem Vater, so verlässlich verpackt der dahinten die Bälle. „Papa!“, quakt auch der Gast, will auf den Arm. Geht jetzt nicht.

67.

Boateng jetzt wie Wolfgang Weber, als er sich in der Partie 1. FC Köln gegen den FC Liverpool das Wadenbein brach und 60 Minuten weiterspielte. Schleppt sich, keucht, alles schmerzt. Dann der Pass und noch einer, Poldi! Schießt er? Bitte nicht! Nein, er handelt sinnvoll! Warum auch immer! Er schiebt den Ball in die Mitte, so soft wie ein Slice von Steffi Graf, da steht Miro, Miro, ich liebe dich! Und er leckt ihn rein! TOOOOOOOOOOOOR! Es ist das 2:0! Das 2:0! Gegen Argentinien! Notiert Euch das, tätowiert euch das, liebe Fans! Ich breche mit sofortiger Wirkung zusammen.

68.

Kollege Jonas lädt zum „Dia-Abend Viertelfinale 2010“, und wir sehen: Müller gab den Zauberpass! Im Liegen! Wie früher! In der Halle! Der Typ ist nicht zu fassen! Er ist die Jugend, die uns abhanden gekommen ist, durch ihn leben wir die schönsten Jahre unseres Lebens noch einmal. Nicht alles, man will ja kein Lustgreis sein, aber manches. Räusper.

72.

Nee... Nee... Neeeeeee... Mein Kopf ist kaputt. Wahrscheinlich bin ich in Wahrheit sogar nach dem Serbien-Spiel gestorben. Denn was ich jetzt sehe, kann nicht der Realität entsprechen: Schweini mit dem geilsten Solo aller Zeiten, geht über links durch, legt dann in die Mitte, und wer steht da? Wer steht da, liebe Fans? ARNE FRIEDRICH! TOOOOOOOOOR! Der Mann, der mit Hertha abstieg, macht hier das 3:0. Ich liebe ihn. Ich liebe Bela Rethy. Ich liebe mich, zum ersten Mal in meinem Leben. Ich bin raus aus der Nummer. Grüßt mich, wenn Ihr mich seht.

75.

Was wird jetzt aus Maradona? Ruft Raul Castro an und macht ihn zum Staatstrainer von Kuba? Kapert er mit seinen elf Söhnen die zweite Mannschaft des SSC Neapel? Oder wird er, wie Bela Rethy jetzt orakelt, „Rinderbaron“? Wir wissen es nicht. Wir wünschen ihm nur: Alles Gute.

80.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Mascherano legt Klose, sieht Gelb, wäre gesperrt, kann er sich sparen. Noch zehn Minuten, und es geht nur noch darum, dass nicht noch einer gelbgesperrt ausfällt. Außer Müller. Außerdem könnte es noch darum gehen, den Argentiniern vielleicht noch einen einzuschenken. Oder zwei. Oder drei. Ich les mir das jetzt noch mal durch, vielleicht glaube ich es dann.

82.

Kroos ist für Khedira gekommen, hat sich auch gleich in die Ich-schieß-auch-mal-Reihe eingegliedert. Hätten wir vorher bescheuert gefunden, jetzt toll. Fußball, du bist ein Supertyp!

84.

Müller ist auch ein Supertyp. Müller = Fußball. Der Fußball hat 'nen Krampf, wird ausgewechselt, für ihn kommt Trochowski.

86.

Gott sei Dank (und wir meinen fortan nicht mehr Maradona damit, sondern Schweinsteiger) erzählt Rethy uns erst jetzt, dass es in Kapstadt 16 Grad hat. 16 Grad. Lechz!

88.

„Einen lachenden Michael Ballack“, entdeckt Rethy. Ich entdecke einen Mann, der sich eine Grinsefassade aufgebaut hat, der dahinter aber womöglich andere Gedanken hegt. Zum Beispiel diesen: KRASS!!! 4 (VIER) ZU 0 (NULL)!!! KLOSE!!! Özil chippt den Ball von links butterweich rein, Klose zaudert nicht mehr, sondern hält einfach den Schlappen rein. Drin. Salto. SALTO. (Bitte Computer umdrehen!)

90.+1

Ich hab ein Gedicht geschrieben, liebe Fans. Reimt sich nicht, dazu war ich zu erregt, aber trotzdem. Hier:

Maradona, geliebter Feind.

Es tut weh, dich zu schlagen,

als schlügen wir uns selbst.

Hurra und oh weh.

Geh nun mit Gott.

Komm wieder mit Kuba.

Schön, oder? Nicht? Schade. Naja. Egal.

90.+3

Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeis... stopp jetzt, sonst platze ich noch vor Patriotismus. Der Reihe nach, so nüchtern, wie das bei 38 Grad im Schatten und acht Flaschen Bier noch geht: Deutschland schlägt Argentinien 4:0, die Jungs haben unheimlich, wirklich unheimlich gut gespielt, der Bundestrainer hat die Skeptiker abgeschüttelt, das Team kann nun zum Titel greifen, vielleicht macht sogar ein gewisser Müller wieder das 2:1. Gegen Holland! Und ich dachte, nur im ZDF gibt's Wiederholungen. Wie kommt das alles? Noch nie haben wir so bedauert, dass die so genannten „Experten“ keine Experten sind und uns diese Frage also nicht werden beantworten können. Vielleicht ist es ein „Wunder“, auch wenn wir Wunder eigentlich ätzend finden. Oder wie Oscar Wilde sagte: „Ich glaube nicht an Wunder. Ich habe davon zu viele gesehen.“

17:56 Uhr

Hallo, Fans. Ich liege jetzt hier mitten unter einer Jubeltraube und kann kaum noch atmen. Thomas Müller kann das nicht wissen, auf die Frage, wie die Stimmung in Deutschland wohl sei, sagt er: „Traurige Gesichter bei schlechtem Wetter – und kein Grillfleisch.“ Stimmt nicht, trotzdem verdammt witzig, so wie der ganze Kerl. Ach! So einen großen Bruder hätte ich gern gehabt, als ich klein war. Und Kahn als noch größeren Bruder, für den Ernstfall. „Hehehehe, Trainingsspiel“, grient er. Ach, Titan! Lass uns tanzen zur offiziellen WM-Hymne, die wir jetzt auch toll finden. Toll! Toll! Alles toll! Selbst, dass wir alles toll finden, finden wir toll. Toll!

18:01 Uhr

Bloß Schweini ist immer noch sauer auf Argentinien. Du hast gewonnen, Junge! Jetzt freu dich doch mal! Vielleicht kann auch er das alles nicht glauben, als Friedrichs Tor eingespielt wird, stockt ihm die Stimme. Friedrich! Der hat das 3:0 gemacht! Da brat mir doch einer 'nen Storch (und damit meine ich nicht Mertesacker)! „Er sollte einfach sagen, dass er jetzt Weltmeister werden will“, kahnt Kahn, der natürlich Weltmeister werden will. Immer. Auch als Rentner. Mit Deutschland. Im Finale gegen Müller-Hohenstein. Lechz.

18:04 Uhr

8:1 Tore in den Spielen gegen England und Argentinien, 13:2 Tore insgesamt, das wollen wir festhalten, da jetzt Philipp Lahm vor Paraguay warnt. Sorry, aber: Hahahhahahahahparahahaguay! Noch mal 8:1, sag ich. Sorry, Roque.

18:06 Uhr

Jetzt Löw, der schönste Bundestrainer aller Zeiten. „Die Mannschaft hat, sag ich jetzt mal, ein Willing gezeigt von Champions.“ Jetzt vermiest er den Engländern auch noch die Sprache. Geht das nicht zu weit?

18:08 Uhr

Und die Tore jetzt noch mal in der Wiederholung, eines schlandastischer als das andere. Und noch mal springt die Kanzlerin auf, Köhler, Guido, Gauck und Seehofer – wer ist das? Noch einmal muckt des Lebens Unbill auf, als Klose den Ball über die Latte hämmert, aber dann hüpft Angie, sie jumpt, sie schwebt, sie hat die absolute Mehrheit. Löw: „Ein unglaubliches Pensum, ffffff!“

18:11 Uhr

„Ist Klose dabei, hier richtig Geschichte zu schreiben?“, will Michael Steinverbrecher nun unbedingt wissen. „Ja, ffff, er hat schon, ffff, Geschichte geschrieben, ffff.“ Und ich, ffff, gebe, ffff, jetzt mal ab, fffff, an Kollege, ffff, Jonas, um in Ruhe rauszufinden, ffff, warum, fffff, Löw immer „fffff“ macht, fffff.

18:18 Uhr

Wir machen jetzt Schluss, liebe Fans. Es ist einfach zu krass. Auf der Fanmeile interviewen sie einen Fan, der außer „Weltmeister“ nichts mehr rausbringt. Das ist nicht ungewöhnlich, so einen finden sie nach jedem Spiel, sogar nach Niederlagen. Uns fällt nur nicht mehr so viel ein, was dagegen spricht. Spanien, Paraguay, Niederlande, Uruguay. Klingt jetzt nicht schlimmer als England und Argentinien. Müller fehlt, das schon. Im Halbfinale. Dann nicht mehr. Was soll man zu diesem Spiel noch sagen? Es war: Toll. Schluss aus. Wir grinsen uns jetzt in Richtung Abend. Macht's gut.

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