Golfer Sepp Straka: In einer Reihe mit Falco und Schwarzenegger

Dass in der ZiB2 einmal Golf gespielt wird, damit war nun wirklich nicht zu rechnen gewesen. Österreichs wichtigste Nachrichtensendung ist als eine Art Leuchtturm für höchste Seriosität im Land bekannt und Moderator Armin Wolf für seine unnachgiebigen Interviews – worunter manchmal der Weitblick leidet. Dass Wolf sich am Montag also in einem Beitrag den Ereignissen vom Sonntagabend in Philadelphia zuwandte, zeugte von einer gewissen Geschichtsträchtigkeit dessen, was auf der anderen Seite des Atlantiks passiert war. Man muss schon eine besonders gute Sportgeschichte erzählen, in einem Land, dem eigentlich nur seine Skifahrer, Fußballspieler und allerhöchstens noch Tennisspieler wichtig sind, um mal in den Hauptnachrichten vorzukommen.
Sepp Straka allerdings ist das gelungen. Das vierte Turnier auf der PGA Tour in seiner Karriere hat Straka am Sonntag gewonnen, das zweite in diesem Jahr und mit Abstand das bedeutendste, nicht nur, was das Finanzielle angeht. 3,6 Millionen US-Dollar verdiente Straka mit seinem Sieg, vor allem aber durchbrach er eine historische Schallmauer: Ein Österreicher ist seit Montag unter den besten zehn Golfspielern der Welt, eine solche Weltranglistenposition hat vor ihm noch niemand erreicht. Dass Straka „ein Superstar“ ist, hat sich nun auch bis zu Armin Wolf herumgesprochen.

Mit einigen sehr bekannten Landesvertretern steht Straka nun in einer Reihe. Wenn einer den Durchbruch in den USA schafft, dann ist das immer eine besonders große Nachricht für das kleine Österreich mit der großen Faszination für Amerika und die, die dort wos g'worn san. Bei Billy Wilder war das so, als er 1946 seinen Regie-Oscar gewann, bei Falco war das so, als er mit „Rock me Amadeus“ 1986 die US-Charts anführte und bei Arnold Schwarzenegger war das so, als er zwischenzeitlich gar den bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien anführte. Was Straka von allen drei genannten unterscheidet, ist sein zurückhaltender Charakter. Was ihn mit allen drei verbindet, ist, dass man ihm das Ausland schon ein bisserl anhört, nach so langer Zeit.
Im Alter von 14 Jahren zog Straka mit seiner Familie aus der Nähe von Wien nach Valdosta im Bundesstaat Georgia, in die Heimat seiner Mutter. Gewisse englische Phrasen liegen ihm daher heute näher als große Interviews auf Deutsch. Es sind eher die kleinen Worte, wie das weiterhin weich im Dialekt gesprochene „suppa“, an denen man den Einfluss von Papa Peter erkennen kann – und natürlich die Flagge, die neben Strakas Namen auf den großen Anzeigetafeln im Golfsport weht. Stolzer Österreicher ist er weiterhin, stolzer Europäer ebenso, man erinnert sich noch an den Herbst vor eineinhalb Jahren.
Im September 2024 war Straka Teil eines ruhmreichen europäischen Siegerteams beim Ryder Cup in Rom. Auch wenn die ZiB2 damals nicht berichtete, waren diese Wochen in Italien Strakas Ankunft in der echten Weltspitze: Seit 2024 ist er konstant Teil der besten 50 Spieler in der Weltrangliste, ein wöchentlicher Anwärter auf den Sieg, ein höchst respektierter Golfer unter seinen Mitspielern und Konkurrenten. Man konnte das am Sonntag wieder sehen: Einer der ersten Gratulanten bei Straka war der Weltranglistenerste Rory McIlroy, Anführer des europäischen Teams beim Ryder Cup und daher begeisterter Anhänger von Strakas Erfolg.
Das Kunststück, auf beiden Seiten des Atlantiks höchst angesehen zu sein, ist Straka gelungen – auch wenn ihn in den USA vermutlich inzwischen mehr Menschen auf der Straße um ein Autogramm bitten würden als vor dem Stephansdom. Das hat mit seiner ruhigen, freundlichen Lebensweise zu tun: Straka begegnet einem auf dem Golfplatz fast immer mit einem freundlichen Lächeln und in guter Stimmung, wohlerzogen vor dem Hintergrund eines Austro-Südstaaten-Haushalts. Und mit dem Talent zur harten Arbeit gesegnet, was anderes blieb ihm auch nicht übrig.
„Ich hatte schon ein gewisses Talent, aber ich war auch noch sehr ungeschliffen“, sagt Straka etwa über seine College-Zeit. Er wählte den amerikanischen Weg in den Sport und studierte an der University of Georgia, wo allerdings seinem Zwillingsbruder Sam das größere Talent bescheinigt wurde. Sepp aber schaffte es letztlich aus einem sehr kompetitiven Universitätsumfeld in die höchsten Sphären des Sports, „wegen Konsistenz und harter Arbeit“, wie er selbst sagt: „Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich immer und immer besser wurde.“ Straka musste dennoch die Untiefen seines Sports aushalten, verlor einmal beinahe seine Startberechtigung für die zweite Liga im US-Golf, was üblicherweise eine Karriere bedroht. Von diesem Tiefpunkt aus aber fand er mit der Zeit den ruhigen, unspektakulären, aber verlässlichen Golfschwung, der ihm nun bereits vier Titel einbrachte, im Alter von 32 Jahren.
Einer der aktuell erfolgreichsten Golfspieler des Planeten ist er also, fast sicherer Ryder-Cup-Teilnehmer auch in diesem Herbst. Dazu Ehemann, Vater eines Sohnes, stolzer Träger einer aus Trotz rasierten Glatze (Haarausfall!) – und seit Montag auch mit der Anerkennung eines Auftritts in den Hauptnachrichten in der Heimat gesegnet. „Dieses Jahr war gut zu mir“, sagt Straka.
Bleibt die Frage, was noch kommen soll. Die Antwort liegt auf der Hand: Top-Ten-Spieler werden in der Regel an der Anzahl ihrer Major-Titel gemessen, es wäre der logische nächste Schritt in Strakas Karriere. Ab Donnerstag bietet sich dafür die nächste Gelegenheit, bei der PGA Championship im Quail Hollow Golf Club in Charlotte, North Carolina. Eines der vier großen Major-Turniere übrigens hat noch nie ein Österreicher gewonnen.
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