Gattuso: "Das war mit Sicherheit das verrückteste Spiel"

Die seit neuestem von Gennaro Gattuso betreute Squadra Azzurra hat offenbar den klassisch-italienischen Fußball abgelegt - und in einen wilderen Ansatz umgetauscht.
Tief durchatmen: Gennaro Gattuso durchlebte gegen Israel keinen entspannten Abend. IMAGO/Gribaudi/ImagePhoto
Welchen Fußballfan der italienischen Nationalmannschaft schon das jüngste 5:0 beim Debüt von Gennaro Gattuso aufgewühlt hatte, der wurde an diesem Montagabend noch viel mehr durchgeschüttelt.
Beim höchst turbulenten 5:4 in der WM-Qualifikationsgruppe I gegen Gastgeber Israel - das Spiel war aufgrund des Israel-Gaza-Konflikts ins ungarische Debrecen verlegt worden - überschlugen sich die Ereignisse quasi im Minutentakt.
Denn ein frecher Außenseiter beschäftigte die teils unorganisierte Azzurri-Abwehr am laufenden Band, ging zunächst mit 1:0 und später mit 2:1 in Führung. Zwei italienische Eigentore taten neben gelungenen Offensivaktionen der zuletzt euphorisierten Gattuso-Schützlinge ihr Übriges - genauso wie Paraden sowie kuriose Aktionen von und mit Gianluigi Donnarumma und obendrein noch ein spät verspieltes 4:2 des Favoriten samt Fernschusstreffer zum finalen 5:4 von Sandro Tonali in der Nachspielzeit.
Weggesteckte OhrfeigenGattuso selbst hatte sich während der Partie wie gewohnt emotional und aufgebraucht gezeigt, immer wieder auch schimpfend und unzufrieden aufgrund der dargebotenen Leistung seiner Mannschaft. Das alles goss der frühere Weltklasse-Abräumer kurz nach Spielschluss gegenüber RAI Sport und Sky Sport Italia in eine deutliche Analyse.
"Das war ein Alptraum", sagte die Milan-Legende etwa. "Das war mit Sicherheit das verrückteste Spiel, das ich jemals als Trainer an der Seitenlinie miterlebt habe. Es war furchtbar. Aber wir haben uns zurückgekämpft."
Gattuso gab zwar zu, dass sich Israel gerade bei Kontern klug angestellt und Italien so immer wieder Schmerzen zugefügt hatte, wusste aber auch: "Wir müssen uns verbessern. Wir waren verrückt, wie wir uns teilweise offensiv verhalten (und so Räume angeboten haben; Anm. d. Red.)." Genau das hätten die Israelis eiskalt ausgenutzt "und uns jedes Mal mit Kontern überrumpelt".
Das alles habe dem Weltmeister von 2006 auch die Augen geöffnet, dass dieses stolze Fußballland auf dem Weg zur ersten WM-Teilnahme seit 2014 (!) noch "zu zerbrechlich ist. Wir kassieren zu leicht lächerliche Gegentore." Dafür sehe Gattuso aber vor allem sich und sein Trainerteam in der Verantwortung, das künftig abzustellen. Hier wolle er keinerlei Schuld auf seine Spieler schieben, denn: "Die Jungs verdienen auch Anerkennung dafür, dass sie auf jede Ohrfeige heute reagiert haben."
kicker