Donald Trump | Großbritannien und die USA: Besondere Beziehungen
Beim Staatsbesuch in Großbritannien zelebriert US-Präsident Donald Trump das Bündnis mit dem kolonialen Mutterland. Die Länder seien »durch Geschichte und Glauben, Liebe, Sprache und durch übernatürliche Bande in Kultur und Tradition miteinander verbunden«, erklärte Trump diese Woche pathetisch in London. Passend dazu kündigten US-Tech-Konzerne Investitionen in Höhe von insgesamt 150 Milliarden Pfund (rund 170 Milliarden Euro) in Großbritannien an. Die Labour-Regierung wiederum zeigte sich erfreut, weil durch die angekündigten Ausgaben angeblich 7600 neue Jobs entstehen könnten. Die »special relationship«, die besondere Beziehung zwischen den USA und Großbritannien, wird neu ausgebaut.
Doch das sind nicht die einzigen Verbindungen, die in diesen Tagen neu geknüpft werden. Auch die extreme Rechte beider Länder stellt ihre Verbundenheit unter Beweis. Am Wochenende vor dem Staatsbesuch war eine rechtsextreme Demonstration durch London marschiert, die mit geschätzten 150 000 Menschen deutlich größer ausfiel, als es von der Polizei und antifaschistischen Gruppen erwartet worden. Nach Einschätzung der antirassistischen Organisation Hope Not Hate war es die größte rechte Demonstration in der britischen Geschichte.
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Zwar hat das Erstarken der extremen Rechte in Großbritannien in erster Linie innenpolitische Ursachen: Die soziale Krise hat einen fruchtbaren Boden für rechte Demagogen geschaffen, und rechte Medienkonzerne tun alles, um Einwanderer für die Armut im Land verantwortlich zu machen. Zugleich versäumen es die Politiker, auch jene der regierenden Labour-Partei, der immer migrationsfeindlicheren Stimmung im Land etwas entgegenzusetzen.
Doch die Entwicklung hat auch viel mit internationaler Unterstützung zu tun. Auf der Demo am Samstag waren auffallend viele ausländische Redner anwesend. Der französische Rechtsextreme Éric Zemmour stand ebenso auf der Bühne wie Petr Bystron von der AfD und Dominik Tarczyński von der polnischen Rechtspartei PiS. Besonders prominent vertreten allerdings waren die USA. Elon Musk, Tech-Mogul und reichster Mensch der Welt, schaltete sich per Videolink zu, es war einer der Höhepunkte für die Teilnehmer. »Entweder wehrt ihr euch, oder ihr sterbt«, sagte Musk.
»Ein Bürgerkrieg ist unvermeidbar«, schrieb Elon Musk im Sommer 2024, als es im ganzen Land zu rassistischen Krawallen kam.
Der US-Unternehmer hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit explosiven Kommentaren in die britische Politik eingemischt. »Ein Bürgerkrieg ist unvermeidbar«, schrieb er etwa im Sommer 2024, als es im ganzen Land zu rassistischen Krawallen kam, auf seiner Plattform X.
Der Tech-Milliardär und Tesla-Chef propagiert ein bestimmtes Wahnbild von Großbritannien, das in rechten Kreisen seit einigen Jahren Konjunktur hat. Ihm zufolge ist das Vereinigte Königreich eine multikulturelle Hölle, durchsetzt mit gesetzlosen muslimischen Ghettos. Ein Land, in dem Weiße diskriminiert werden und der »Wokeismus« die Redefreiheit zerstört. In den vergangenen Monaten hat sich für dieses düstere Fantasieland ein Name eingebürgert: »Yookay«, die Lautschrift für UK.
Die Verstrickungen zwischen der britischen und amerikanischen Rechten – eine Art Gossenversion der »Special Relationship« – bestehen seit vielen Jahrzehnten. Es gebe zwischen den beiden Nationen »eine Geschichte des sich gegenseitig verstärkenden Austauschs von Ideen am extremen rechten Rand«, sagte Paul Jackson von der University of Northampton, ein Experte für Rechtsextremismus, gegenüber der Zeitung »Guardian«.
Besonders intensiv ist der Austausch seit der ersten Amtszeit Donald Trumps geworden. Seine Wahl Ende 2016 verschaffte Populisten und Extremisten weltweit einen Motivationsschub. Stärker als anderswo spürte man dies in Großbritannien, wo die rechten Kräfte bereits mit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 auf dem Vormarsch waren. Vorangetrieben hatte den EU-Austritt Großbritanniens die UK Independance Party (UKIP) und ihrem Chef Nigel Farage – der einflussreichste Demagoge Großbritanniens ist ein großer Bewunderer Trumps, er war damals der erste ausländische Politiker, der sich mit dem frisch gewählten Präsidenten traf. Umgekehrt ist Trump ein Brexit-Fan, er hatte den EU-Austritt Großbritanniens unterstützt, indem er dem Land ein umfassendes Freihandelsabkommen in Aussicht stellte.
Auch der rechtsextreme Aktivist Tommy Robinson (eigentlicher Name: Stephen Yaxley-Lennon), der die Demonstration am Samstag mitorganisierte, schaffte es dank US-amerikanischer Schützenhilfe zu neuer Prominenz. Längere Zeit führte er eine Randexistenz als islamophober Agitator. Als er 2018 wegen Missachtung des Gerichts ins Gefängnis kam, fand er einen passionierten Fürsprecher in Steve Bannon, dem früheren Weggefährten Trumps und Vordenker der Neuen Rechten. Auch Fox News, der rechte US-amerikanische Krawallsender des Medienmoguls Rupert Murdoch, ergriff Partei für Robinson.
Der britische Rechtsextreme erhielt zudem materielle Unterstützung: Der islamfeindliche Thinktank Middle East Forum übernahm einen Teil seiner Gerichtskosten, und der US-Tech-Milliardär Robert Shillman unterstützte Robinson, indem er seine Stelle als »Journalist« beim kanadischen Outlet Rebel Media finanzierte. Überhaupt spielt Geld eine wichtige Rolle im US-britischen Netzwerk. Recherchen haben ergeben, dass viele der schwerreichen amerikanischen Unterstützer Trumps auch großzügige Geldgeber rechtslibertärer britischer Thinktanks sind. Diese Denkfabriken pflegten längere Zeit enge Beziehungen zur Tory-Partei. Aber seitdem die britischen Konservativen in einem tiefen Umfrageloch stecken, liebäugeln die Thinktanks zunehmend mit Farages Rechtspartei Reform UK, wie das Investigativportal DeSmog festgestellt hat.
Wie wichtig die Ereignisse in den USA für die britische Rechte sind, zeigte sich auch am Fall von Charlie Kirk. Die Ermordung des erzreaktionären Propagandisten letzte Woche wurde von Robinson und seinen Mitstreitern genutzt, um für die Demonstration in London zu mobilisieren. Überall waren am Samstag Bilder Kirks zu sehen, es gab eine Schweigeminute. Die US-amerikanischen rechten Medien, darunter InfoWars und die Voice of Florida, nahmen die britische Ehrung ihres Idols mit Genugtuung zur Kenntnis.
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