Rechtskolumne: Laubbläser: „Die schwachsinnigste Erfindung“

In Interviews mit Hollywood-Stars kommt mit einiger Wahrscheinlichkeit ein etwas exotisch anmutendes Geblubber heraus, das wahrscheinlich auch deshalb gerne gelesen wird, weil das Leben auf den Hügeln von Los Angeles doch recht weit entrückt ist von den Sorgen zwischen Bungsberg und Zugspitze. So ist es gleichermaßen schockierend wie beruhigend, dass es Herausforderungen im Alltag gibt, vor denen alle gleich sind: Laubbläser, sagte die Schauspielerin Cate Blanchett vor Kurzem in einem Gespräch mit dem People-Magazin, seien „die schwachsinnigste Erfindung überhaupt“. Derart in Rage, sprach sie all jenen aus der Seele, die in ihren Gärten, Hinterhöfen und Balkonen geplagt sind von Nachbarn mit Geräten, „die ein Symbol sind für alles, was mit unserer Spezies nicht stimmt“.
Nun lebte und lebt die Schauspielerin auf allerlei Anwesen in England und auch in Australien, einem Land, in dem es wie in den USA im Allgemeinen erlaubt ist, auch mittags und an Wochenenden alle Benzinmotoren anzuwerfen, die der Gartenschuppen so hergibt. Aus dieser Perspektive kann man zufrieden sein mit Europa und der deutschen Bürokratie, die ein Wortungetüm namens Maschinenlärmschutzverordnung hervorgebracht hat. Sie besagt: Laubbläser dürfen, so wie zum Beispiel auch Kettensägen, in Wohngebieten nur an Werktagen zwischen neun und 13 Uhr sowie zwischen 15 und 17 Uhr betrieben werden.
„Da es deutschlandweit keine einheitlichen Ruhezeiten gibt, können Länder und Kommunen jedoch auch strengere Regelungen treffen“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin. In München zum Beispiel müssen die Laubbläser auch samstagnachmittags abgeschaltet bleiben, und im privaten Bereich beginnt unter der Woche mittags die Ruhezeit schon um 12 Uhr. Wer sich nicht daran hält, muss mit einem Bußgeld rechnen.

Manche Garteneigentümer entsorgen Äste, Wurzeln und Laub im Wald oder auf dem Feld. Warum das keine gute Idee ist, und wie man das Grüngut klug auf dem eigenen Grundstück verwerten kann.
Geräte mit Umweltzeichen dürfen bundesweit laut Verordnung zwar auch zu anderen Tageszeiten betrieben werden. Das ist aber nur graue Theorie – denn das dafür vorgesehene EU-Label für Gartengeräte gebe es noch gar nicht, sagt Christian Fabris vom Umweltbundesamt (UBA). Auch der Blaue Engel wird für Laubbläser nicht vergeben. Die strengen Ruhezeiten gelten daher ausnahmslos für sämtliche Geräte – und „auch für Gewerbetreibende“, betont Fabris.
Eine Lärmgrenze für Gartengeräte, über die schon seit vielen Jahren in Europa nachgedacht wird und die ursprünglich mal für Ende 2025 anvisiert war, gibt es noch nicht. Derzeit spricht wenig dafür, dass sich bald daran etwas ändern wird. Nun gehört es aber auch zur Wahrheit, dass Akku-Bläser nicht nur abgasfrei, sondern auch sehr viel leiser als Benzingeräte sind. Der Wandel vom Moped- hin zum Föhn-Sound erhöht die Akzeptanz für städtische Betriebe, die, etwa in Berlin, pro Herbstsaison durchschnittlich 36 000 Tonnen Laub entfernen müssen. Das entspricht nach Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR) dem Gewicht von etwa 6000 Afrikanischen Elefanten. Vielleicht erhöhen die leiseren Geräte die Akzeptanz auch für Hausmeister, die ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen und Wege großer Wohnanlagen auf diese Weise befreien müssen, damit niemand ausrutscht.
Im privaten Bereich rät das UBA aber dazu, auf Laubbläser zu verzichten. Schädlich für die Natur sind schließlich auch die leiseren Geräte. Der Mini-Orkan mit Geschwindigkeiten von etwa 200 bis 300 Kilometer pro Stunde wirbelt Dreck, Tierkot, Mikroben und Pilzsporen durch die Luft. Und dem Igel dürfte es egal sein, ob seine Behausung nun mit einem Benzin- oder einem Stromgerät weggepustet wird.

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