Jimmy Kimmel und Trumps MAGA: US-Medien unter Druck

Der Tod von Robert Redford in dieser Woche bedeutete nicht nur den Verlust einer Filmlegende; er markierte zugleich das Ende einer Ära in Hollywood, das sich einst als das progressive Gewissen Amerikas verstand. Redford verkörperte eine liberale Vision der US-Unterhaltungsindustrie, die unabhängige Stimmen und gesellschaftskritische Perspektiven förderte.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Anzeichen für einen Rechtsruck der US-Unterhaltungsindustrie mehren sich. Das zeigt sich unter anderem in den Reaktionen der US-Medien auf den Mord an dem ultrakonservativen Aktivisten Charlie Kirk. Am Mittwoch (17.9.) kündigte der Sender ABC an, die beliebte Late-Night-Show von Jimmy Kimmel "auf unbestimmte Zeit" aus dem Programm zu nehmen. Grund waren Äußerungen Kimmels, in denen er nahelegte, hatte dass der mutmaßliche Attentäter möglicherweise Teil der sogenannten MAGA-Bewegung des US-Präsidenten gewesen sei. Das Kürzel steht für "Make America Great Again - Macht Amerika wieder großartig". Die Maßnahme erfolgte, nachdem Brendan Carr, Chef der US-Medienaufsichtsbehörde FCC, gedroht hatte, gegen ABC vorzugehen.

Erst vor wenigen Wochen hatte der konkurrierende Sender CBS angekündigt, die "Late Show" mit Stephen Colbert aus finanziellen Gründen einzustellen.
David Ellison: Paramount-Medienmogul verbündet sich mit TrumpDer Zeitpunkt der Absetzung von Stephen Colberts "Late Show" jedoch warf viele Fragen auf. Im Juli hatte Paramounts CBS-Sparte Trump 16 Millionen Dollar (umgerechnet 13,5 Millionen Euro) gezahlt, um eine Klage wegen eines Interviews mit Kamala Harris in der Sendung "60 Minutes" aus dem Jahr 2024 beizulegen. Trump hatte behauptet, dass der Sender das Interview verändert habe, um Harris besser dastehen zu lassen - was CBS jedoch stets bestritten hatte.
CBS strich Colberts Show, nachdem der Moderator die Zahlung als "fetten Bestechungsversuch" bezeichnet hatte. Colbert erhielt für seine Show am vergangenen Sonntag zwar noch einen Emmy - einen der bedeutendsten Fernsehpreise der USA - wird aber ab Mai 2026 nicht mehr auf Sendung sein.

Es gibt noch weitere Spekulationen: David Ellison - Sohn des Oracle-Milliardärs Larry Ellison, dem zweitreichsten Mann der Welt und langjährigen Verbündeten von Trump - könnte nach seiner 8-Milliarden-Dollar-Übernahme von Paramount ein weiteres Hollywood-Juwel ins Visier nehmen: Warner Bros. Discovery. Ein solcher Schritt würde die Beteiligungen von Paramount, darunter CBS und die Franchises "Mission: Impossible" und "Star Trek", mit den Vermögenswerten von Warner vereinen: DC Studios ("Superman", "Batman"), CNN und HBO.
Zu andern Zeiten würde ein solcher Deal massive kartellrechtliche Bedenken auslösen. Unter Trump aber haben die Regulierungsbehörden ihren Fokus verschoben: Die Beamten prüfen nun politische "Neutralität" statt Wettbewerbsvorteile.
Ellison hat bereits seine Bereitschaft gezeigt, sich Trumps Agenda anzuschließen. Er hat den konservativen Think-Tank-Chef und Trump-Berater Kenneth Weinstein zum Ombudsmann von CBS News ernannt. Und er hat Gespräche mit Bari Weiss, Gründerin der "anti-woken" Free Press, über eine mögliche Position bei CBS geführt.

Paramount ist nicht das einzige Unternehmen, das sich gegenüber mächtigen rechten Akteuren zu beugen scheint. ABC News erklärte sich kürzlich bereit, 15 Millionen Dollar zu zahlen, um einen Verleumdungsprozess beizulegen, in dem es um Trump-kritische Äußerungen des Moderators George Stephanopoulos ging. Das Wall Street Journal und die New York Times sehen sich weiterhin mit ähnlichen Klagen in Milliardenhöhe von Trump konfrontiert.
Die Entscheidung von ABC, Kimmel aus dem Programm zu nehmen, hat auch geschäftliche Gründe. Nexstar, Eigentümer Dutzender ABC-Tochtergesellschaften, strebt derzeit eine Mega-Fusion an, durch die es zum größten Senderbetreiber in den USA werden würde. Die bevorstehende Fusion bedarf allerdings noch der Genehmigung durch die Regierung.
Kritiker warnen, dass Fernsehsender, Studios und Streaming-Anbieter zunehmend vorsichtig mit Programmen sind, die den Zorn des Präsidenten auf sich ziehen könnten.
Medienriesen verzichten auf "Woke"-WerteIn den Monaten nach Trumps Wiederwahl haben große Filmstudios still und leise ihre Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) zurückgefahren. Disney hat seine kulturellen Initiativen umbenannt, während Amazon und Paramount Einstellungsziele und Schulungen, die einst mit DEI verbunden waren, abgeschafft haben. Die Änderungen folgen auf Trumps Executive Order, mit der DEI-Programme auf Bundesebene abgeschafft und Unternehmen, die diese beibehalten, mit einer strengeren Regulierung rechnen müssen.
Die Programmänderung ist ebenso offensichtlich. Amazon zahlt unglaubliche 40 Millionen Dollar für zwei Dokumentarfilme von und über Melania Trump, darunter einen unter der Regie von Brett Ratner, einem Regisseur und Produzenten, gegen den es im Rahmen der #MeToo-Bewegung Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchts gegeben hatte. Der Streaminganbieter zeigt außerdem erneut die ersten sieben Staffeln von "The Apprentice", der Reality-TV-Show mit Trump, die ihn in Amerika bekannt gemacht hat.

Der konservative Wandel Hollywoods hatte bereits vor der zweiten Amtszeit von Trump begonnen. Taylor Sheridans Neo-Western "Yellowstone" und seine Spin-Offs – seifenopernartige Prime-Time-Serien, deren Weltanschauung eher der Mittelschicht Amerikas als den Küstenstädten entspricht – sind zu Milliarden-Franchises geworden, obwohl sie von den Emmys ignoriert wurden.
Auch christlich geprägte Filme und Fernsehserien erleben derzeit eine Renaissance. Angel Studios, eine "glaubensfreundliche" Produktionsfirma mit Sitz in Utah, hat sich zu einem wichtigen Akteur entwickelt. Ihr Film "Sound of Freedom"“ mit James Caviezel, dem Darsteller aus "Die Passion Christi", spielte weltweit 250 Millionen Dollar ein. "Der König der Könige", ein Animationsfilm über das Leben Jesu, brachte weitere 77 Millionen Dollar. Letzte Woche ging Angel Studios an die Börse.

Zu ihren kommenden Projekten gehören "Zero A. D.", ein epischer biblischer Thriller, und "Young Washington", ein patriotischer Blick auf die frühen Jahre des ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Diese Neuausrichtung hat allerdings nicht nur ideologische Gründe. Auch wirtschaftliche Faktoren spielen eine entscheidende Rolle. Die Kinokassen liegen immer noch unter dem Niveau vor COVID. Das Streaming hat das DVD-Geschäft, eine wichtige Einnahmequelle für die Studios, zerstört und die Kabelfernsehbranche dezimiert. Auf der verzweifelten Suche nach Gewinnen sucht Hollywood nach kostengünstigen, sicheren Projekten.
Religiöse und konservativ geprägte Filme und Serien, die oft kostengünstig und ohne A-List-Stars produziert werden, können ein treues Publikum und höhere Margen garantieren. Auch Werbekunden bevorzugen Inhalte, die polarisierende Themen vermeiden.
Robert Redford verkörperte einst die Idee, dass Hollywood die Staatsmacht herausfordern könnte. Heute scheint die Unterhaltungsindustrie weniger daran interessiert zu sein, Herausforderungen anzunehmen, als vielmehr zu überleben – und überleben bedeutet derzeit offenbar, sich Trumps MAGA-Ideologie anzuschließen.
Adaption aus dem Englischen: Petra Lambeck
dw