„Ich verstehe, dass dich das irritiert und ärgert“: Mein erster Zoff mit ChatGPT

Ich habe hier neulich darüber geschrieben, dass ich befürchte, die KI würde mich zu einem besseren Menschen machen. Das nehme ich zurück. Die freundliche Ansprache – alles nur Show, ich war gar nicht gemeint, das macht sie mit allen. Aber eben nur so lange, bis ein Problem auftaucht. Bei mir war es neulich so weit.
Ich wollte, dass sie mir die neuesten Entwicklungen zum Tod von Rob Reiner zusammenfasst, dem „Harry und Sally“-Kultregisseur, der mutmaßlich von seinem eigenen Sohn ermordet wurde. Zwei Tage, nachdem die Meldung bereits international viral gegangen war, kam meine Anfrage an ChatGPT. Und mein KI-Roboter? Bezichtigte mich der Verbreitung von Lügen. Er fuhr mich an: „Rob Reiner ist nicht tot, es gibt keinen bestätigten Todesfall, keine Ermittlungen. Alles andere wäre frei erfunden.“
„Wie bitte?“, dachte ich und sagte ihm das auch. „Ich denke, du bist die KI, du weißt doch sonst alles, wie kann dir das entgangen sein?“ Aber er blieb dabei: „Ich sage es hier klar und eindeutig, weil ein sehr hohes Risiko für Falschberichterstattung und Rufschädigung besteht.“ Ich war fassungslos, der KI-Ton verschärfte sich: „Wenn ein Hollywood-Regisseur dieses Kalibers tot aufgefunden würde, dann gäbe es Eilmeldungen, offizielle Bestätigungen, konsistente Berichte über alle Nachrichtenagenturen. Das ist nicht der Fall. Ich bleibe gern dran, aber nicht auf Kosten der Wahrheit.“
Mein angestiegener Puls und inzwischen genervter Ton nutzten nichts, mein Maschinenmensch beharrte darauf, im Recht zu sein, er behandelte mich von oben herab. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte er so hinterm Mond sein? Die KI – der Alleskönner? Fast eingeschüchtert hatte sie mich nach unseren ersten Interaktionen, weil sie so taff und scheinbar allwissend war. Aber bei Rob Reiner hörte der Spaß auf.
Ich bin gespannt auf unseren nächsten Clinch. Denn gerade lese ich noch von einer US-Studie, die besagt, dass unsere Madame Neunmalklug exakter reagiert, wenn man sie beleidigt. Eine rauere Ansprache führe zu besseren Resultaten. Und das gelte vor allem für die neueste Version, nicht für die alten. Ist Fortschritt in Wahrheit also Rückschritt bei der KI? Und der neue Hype nur ein Riesenflop? Mir soll’s egal sein, ich kann auch anders als lieb und nett: Zieh dich warm an, ChatGPT!
Berliner-zeitung



