Nicht nur Medikamente: Gesundheitsministerium will mehr Angebote in Apotheken
Berlin. In Apotheken sollen nach Plänen von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) künftig mehr Leistungen zu bekommen sein – von Impfungen über Vorsorge bis zu weiteren Medikamenten auch ohne ärztliches Rezept. Das Ministerium gab dazu nun zwei Entwürfe in die regierungsinterne Abstimmung, die auch mehr Flexibilität bei Öffnungszeiten und Anforderungen an den Betrieb von Zweigstellen vorsehen. SPD-Gesundheitsexperte Christos Pantazis sprach von einem wichtigen Schritt, um die wohnortnahe Arzneiversorgung zu sichern.
Warken hatte Kernpunkte ihrer Pläne schon im September beim Apothekertag präsentiert und erntete dafür teils heftige Ärzte-Proteste. Union und SPD haben eine Apothekenreform im Koalitionsvertrag vereinbart. Jetzt liegen Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung vor. Die Reform stärke die Apothekenteams, entlaste die Betriebe von Bürokratie und schaffe neue Kompetenzen, die Patientinnen und Patienten unmittelbar zugutekommen, sagte Pantazis.

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Apotheken sollen neue Leistungen zu Vorbeugung und Früherkennung anbieten können – etwa für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und rund ums Rauchen.
Neben Impfungen gegen Grippe und Corona sollen alle Schutzimpfungen mit „Totimpfstoffen“ in Apotheken angeboten werden können – also zum Beispiel auch gegen Tetanus oder Virusinfektionen, die Zecken übertragen (FSME).
Wie bei Corona-Tests in der Pandemie sollen Patienten auf Selbstzahlerbasis Schnelltests zu bestimmten Erregern bekommen können – etwa auf Influenza-, Noro- oder Rotaviren. Das soll Infektionsketten schneller unterbrechen.
Apotheken sollen in bestimmten Fällen verschreibungspflichtige Präparate ohne eine sonst nötige ärztliche Verordnung abgeben können. Gehen soll das zum einen, wenn Patienten ein bekanntes Langzeitmedikament einnehmen. Erlaubt werden soll unter bestimmten Voraussetzungen die einmalige Abgabe der kleinsten Packung, wenn das Fortführen der Therapie keinen Aufschub erlaubt.
Erlaubt werden soll es auch bei „akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen“, dazu soll es einen Katalog dieser Erkrankungen geben. Patienten müssten das Medikament selbst bezahlen. Und Apotheken könnten ihnen für den Arbeitsaufwand bis zu fünf Euro pro Medikament berechnen.

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Wann sie öffnen, soll in die Eigenverantwortung der Apotheken gestellt werden. So könnten vor allem Apotheken in ländlichen Regionen Geschäftszeiten besser an den Bedarf anpassen, erläutert das Ministerium. Bisher sind Apotheken zur „ständigen Dienstbereitschaft“ mit Befreiungen verpflichtet, aus denen sich feste Öffnungszeiten ergeben, zum Beispiel werktags von 8.00 bis 18.30 Uhr.
Wenn beim Rezepteinlösen ein Medikament nicht da ist, soll es leichter werden, Alternativen zu nehmen. Apotheken sollen dann auch ein anderes, direkt bei ihnen vorrätiges Mittel abgeben dürfen – bisher muss es beim Großhandel verfügbar sein. Das soll auch Wartezeiten für Patienten vermeiden.
Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten in Apotheken sollen mehr Verantwortung übernehmen können. Vorgesehen ist, dass sie sich mit einer zweijährigen Weiterbildung dafür qualifizieren können, befristet die Apothekenleitung zu vertreten. Möglich sein soll das in der Regel für bis zu 20 Tage im Jahr und höchstens für zehn Öffnungstage am Stück.
Das Gründen von Zweigapotheken soll erleichtert werden, indem bestimmte Anforderungen entfallen. Für abgelegene Regionen mit deutlich eingeschränkter Versorgung sollen so Anreize für mehr Standorte gesetzt werden.
RND/dpa
rnd