Tierärzte fordern „One Health“: „Die Gesellschaft zahlt den Preis für Fahrlässigkeit“

Ali Eroğlu, Präsident des Zentralrats des Türkischen Tierärzteverbandes (TVHB), erklärte am 3. November, dem Welttag der „Einen Gesundheit“, dass der „Ein-Gesundheits“-Ansatz für die Zukunft der Menschheit keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit sei. Eroğlu sagte: „Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt bildet eine untrennbare Einheit. Jede Gesundheitspolitik, die diese drei Bereiche trennt, bleibt unvollständig.“ Eroğlu merkte an, dass das Konzept angesichts der Zunahme von Zoonosen, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, der Probleme der Lebensmittelsicherheit und der Auswirkungen des Klimawandels weltweit an Bedeutung gewonnen habe. Er fügte hinzu: „Internationale Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) setzen sich seit Jahren für diesen ganzheitlichen Ansatz ein. Auch die Türkei muss konkrete Schritte in diese Richtung unternehmen.“
„DAS PRÄVENTIVE GESUNDHEITSSYSTEM HAT SICH GESCHWÄCHT.“Eroğlu erklärte, die türkische Gesundheitspolitik habe sich lange auf die Behandlung konzentriert, während die Prävention vernachlässigt worden sei. Er sagte: „Viele Infektionskrankheiten sind heute tierische Produkte oder Tierpopulationen. Wenn wir nicht präventiv handeln, drohen uns Konsequenzen, die sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Wirtschaft gefährden. Ein starkes System der Prävention wird die Überlastung der Krankenhäuser verringern.“
Eroğlu betonte die entscheidende Rolle der Tierärzte in der Lebensmittelsicherheitskette und sagte: „Tierärzte schützen sowohl die Lebensmittelsicherheit als auch die öffentliche Gesundheit während des gesamten Prozesses, vom Erzeuger bis zum Verbraucher. Allerdings müssen ihre Befugnisse und Verantwortlichkeiten klar definiert werden, damit sie in jedem Glied dieses Systems mitwirken können.“
'Tierärzte werden nicht in Entscheidungsprozesse einbezogen'Eroğlu kritisierte die unzureichende Einbindung von Tierärzten in Entscheidungsprozesse bei der Entwicklung der „One Health“-Strategie und erklärte: „Unser Berufsstand hat den Schutz der öffentlichen Gesundheit zum Ziel. Es mangelt jedoch weiterhin an Koordination zwischen den zuständigen Ministerien. Veterinärdienste fallen in den Zuständigkeitsbereich des Landwirtschaftsministeriums, die menschliche Gesundheit in den des Gesundheitsministeriums und der Umweltschutz in den einer anderen Institution. Der „One Health“-Ansatz erfordert jedoch, dass all diese Bereiche an einem Tisch sitzen.“ Eroğlu führte aus, dass diese fragmentierte Struktur schwerwiegende Probleme im Kampf gegen Krankheiten verursache: „Während wir uns mit Tierkrankheiten befassen, ignorieren wir deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Dieser Ansatz ist nicht tragbar.“
„GLOBALE EPIDEMIEN SOLLTEN EINE LEKTION SEIN“Eroğlu erinnerte daran, dass die Covid-19-Pandemie die Bedeutung des „One Health“-Ansatzes deutlich verdeutlicht habe, und sagte: „Während der Pandemie haben wir gesehen, wie sich eine Krankheit, die in einem Land ihren Ursprung hat, schnell in alle Welt ausbreitet. Dies ist nicht nur ein Gesundheitsproblem; es hat auch direkte Auswirkungen auf Wirtschaft, Bildung, Produktion und das soziale Leben. Kein Land kann diese Tatsache länger ignorieren.“ Eroğlu erklärte, dass etwa 75 % der Zoonosen von Tieren stammen, und fügte hinzu: „Das Wissen und die Erfahrung von Tierärzten sind der wichtigste Faktor für die Früherkennung und Prävention dieser Krankheiten.“
'EINVERSTAND UND KOORDINATION SIND UNBEDINGT ERFORDERLICH'Am Ende seiner Erklärung richtete Eroğlu folgenden Appell an die Regierung und die zuständigen Institutionen:
Die für den „One Health“-Ansatz erforderlichen rechtlichen, institutionellen und wissenschaftlichen Schritte müssen unverzüglich eingeleitet werden. Ein nationaler Aktionsplan zum ganzheitlichen Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ist unerlässlich. Vernünftiges Handeln, interdisziplinäre Zusammenarbeit und Koordination sind im Gesundheitssystem von entscheidender Bedeutung. Es darf keine Zeit verloren werden.
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