Schweiz strebt nach „Bestrafung“ „konstruktive Lösung“ an


Zölle könnten „äußerst schwerwiegende Folgen für das Wachstum haben“, so Guy Parmelin.
Mit einem von den USA verhängten Zollsatz von 39 Prozent ist die Schweiz mit einem der höchsten Zölle der Welt konfrontiert. Guy Parmelin versicherte am Samstag, der Bundesrat stehe in ständigem Kontakt mit Washington, obwohl es seit der Ankündigung kein formelles Treffen mehr gegeben habe. „Für ein Treffen müssen wir genau verstehen, worum es geht und was das Problem war. Sobald wir dies auf dem Tisch haben, können wir das weitere Vorgehen entscheiden“, erklärte der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements in der Sendung RTS Forum.
Der Waadtländer betonte die Bereitschaft der Schweiz, die Verhandlungen mit Washington fortzusetzen, und betonte, wie wichtig es sei, zunächst die genauen Beweggründe hinter der amerikanischen Entscheidung zu verstehen, bevor die nächsten Schritte festgelegt würden.
„Wir hatten keine Anzeichen dafür, dass es so enden würde, und vor allem, dass wir einer solchen Bestrafung ausgesetzt sein würden“, räumte er ein. Ohne Einzelheiten der Schweizer Strategie preiszugeben, erinnerte der Vorsteher des Wirtschaftsdepartements daran, dass die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sowohl vor als auch nach der Ankündigung dieser Handelssanktionen aufrechterhalten wurden.

Guy Parmelin erklärte, die Schweiz werde „alles Mögliche tun, um ihr Angebot zu überarbeiten und ihren guten Willen zu demonstrieren“, auch wenn die Frist vom 7. August schwer einzuhalten scheine. Er nannte Möglichkeiten wie den Import von Flüssiggas oder neue Investitionen.
Der Bundesrat schloss jedoch jegliche Drohstrategie aus und versuchte lieber, die wirtschaftlichen und sozialen Interessen des Landes zu wahren. „Die Rolle des Bundesrates besteht darin, eine konstruktive Lösung zu finden.“ Zu den möglichen Folgen warnte er, dass diese Zölle „äußerst schwerwiegende Folgen für das Wachstum haben könnten“. Er schloss auch Kurzarbeit als mögliche Unterstützung für betroffene Unternehmen nicht aus.
Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements zeigte sich vorsichtig, aber nicht pessimistisch, was die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Dialogs mit Donald Trump betraf, obwohl dieser das bisherige Abkommen als zu unausgewogen erachtete. „Ich glaube, dass es bei jeder Verhandlung Zeiten gibt, in denen sie funktioniert, und Zeiten, in denen sie nicht funktioniert“, räumte er ein und meinte, der Bundesrat sei vielleicht „zu optimistisch“ gewesen.
Die von der Trump-Regierung gegen die Schweiz verhängten Zölle in Höhe von 39 % basieren auf einem vermeintlichen Handelsungleichgewicht von 40 Milliarden Dollar zugunsten der Schweiz. Eine genauere Analyse offenbart jedoch eine viel differenziertere Realität. Ein erheblicher Teil dieses Schweizer Handelsüberschusses stammt aus Goldexporten. Die Schweiz, ein globales Zentrum für Goldhandel und -raffination, exportiert dieses Edelmetall in großen Mengen in die USA – nicht zum Konsum, sondern als sicherer Hafen in Zeiten der Unsicherheit, die durch Trumps eigene Politik oft noch verschärft wird. Diese Exporte sind zwar beträchtlich, generieren in der Schweiz jedoch kaum Wertschöpfung. Zudem berücksichtigen die Statistiken nur den Warenhandel, nicht jedoch den Dienstleistungshandel, bei dem die USA einen Nettoüberschuss verzeichnen, insbesondere in den Bereichen Software, Cloud Computing oder Forschung und Entwicklung.

Ökonom Johannes von Mandach.
Laut Johannes von Mandach, Ökonom bei Wellershoff & Partners, der von 20 Minuten interviewt wurde, verzerrt Gold die Aussenhandelszahlen erheblich und sollte separat betrachtet werden. Zudem ignoriert Donald Trump auch die Kapitalflüsse: Die Schweiz investiert massiv in den USA, sei es durch Direkt- oder Finanzinvestitionen. Diese fehlenden Elemente deuten darauf hin, dass die US-Handelspolitik nicht auf einer umfassenden Analyse der Wirtschaftsdaten beruht, sondern vielmehr auf dem strategischen Wunsch, ein Machtgleichgewicht zu schaffen. Von Mandach betont: „Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um politisches Kalkül: Die ausschließliche Fokussierung auf den Warenhandel zeichnet ein alarmierenderes Bild und erhöht somit den Druck.“
20 Minutes