Sturzfluten in Texas: Wie kommt es zu diesen Katastrophen?

Immer mehr Tote werden in den Trümmern gefunden, die die Sturzfluten im US-Bundesstaat Texas hinterlassen haben. Rund 80 Todesfälle sind es bisher, es werden aber noch zahlreiche Menschen vermisst. An Entspannung ist nicht zu denken. Die Behörden warnen, dass es erneut zu Fluten kommen könnte.
Eine Sturzflut ist eine plötzlich auftretende Überschwemmung, die innerhalb von sechs Stunden, oft sogar innerhalb von drei Stunden, nach einem heftigen Starkregenereignis einsetzt. Meist ist eher tiefgelegenes Terrain betroffen, etwa Flusstäler oder Muldenlagen.
Es ist schwer zu sagen, ab welchen Niederschlagsmengen Sturzfluten auftreten oder zumindest zu befürchten sind. „Die Intensität des Regens, die Lage und Verteilung des Regens, die Landnutzung und Topografie, die Art und der Wuchs der Vegetation, die Bodenart und der Wassergehalt des Bodens bestimmen, wie schnell eine Sturzflut auftreten kann und wo sie auftritt“, erklärt die US-amerikanische Wetterbehörde NOAA.
Die häufigste Ursache von Sturzfluten ist Starkregen. Wenn der Regen so schnell fällt, dass der Untergrund ihn nicht aufnehmen oder schnell genug ableiten kann. „Sind die Böden sehr trocken oder bereits wassergesättigt, fließen gerade bei Starkregenereignissen große Wassermassen oberflächlich ab und in tiefer gelegenem Terrain zusammen“, erklärt der Deutsche Wetterdienst (DWD).

Warnungen kamen zu spät, frühere Pläne für Schutzmaßnahmen wurden aus Kostengründen gestrichen: Nach der Sturzflut in Texas werden Vorwürfe gegen die Behörden laut. US-Präsident Donald Trump weist Kritik an seinen Kürzungen beim Wetterdienst zurück und erklärte, er würde die entlassenen Meteorologen trotzdem nicht wieder einstellen.
Sturzfluten können aber auch durch Dammbrüche, Deichbrüche und/oder Schlammlawinen (Murgänge) ausgelöst werden. Genauso kann Schmelzwasser eine Ursache sein. Das Schmelzwasser kann sich in Bächen und Flüssen sammeln und dann, besonders bei steigenden Temperaturen und zusätzlichen Niederschlägen, zu Hochwasser oder Sturzfluten führen.
Die Wissenschaft ist sich einig darüber, dass der Klimawandel für mehr Extremwetterereignisse sorgen wird. Dazu gehören auch Starkregen und schwere Stürme. Weil sich die Atmosphäre erwärmt, kann sie mehr Feuchtigkeit aufnehmen, was Regen und Stürme begünstigt.
„Was wir aber auch über den Klimawandel wissen, ist, dass unsere Regenereignisse nicht mehr so gleichmäßig sind wie früher“, sagte Shel Winkley, Meteorologe bei Climate Central, gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Während es also in einigen Regionen der Welt häufiger zu örtlich begrenzten Starkregenereignissen kommt, fällt in anderen weniger Regen, was zu verstärkter Dürre führt. Setzen doch einmal stärkere Regenfälle in Dürregebieten ein, kann es auch dort zu Sturzfluten kommen, weil der trockene Boden das Wasser nicht absorbiert.
Zudem nimmt der Klimawandel Einfluss auf die Schneeschmelze. Steigende Temperaturen sorgen in Bergregionen dafür, dass mehr Schnee schmilzt, der sich dann in Bächen und Flüssen sammelt.
Sturzfluten können grundsätzlich überall auftreten. Es gibt jedoch Gebiete, die besonders gefährdet sind. Dazu gehören etwa dicht besiedelte Gebiete. „Der Bau von Gebäuden, Autobahnen, Einfahrten und Parkplätzen erhöht den Abfluss, da die vom Boden absorbierte Regenmenge verringert wird“, erklärt die NOAA. „Dieser Abfluss erhöht das Sturzflutpotenzial.“
In Städten würden Bäche manchmal auch unterirdisch in Regenwasserkanäle geleitet. „Bei starkem Regen können die Regenkanäle überflutet oder durch Geröll verstopft werden und die Straßen und Gebäude in der Nähe überschwemmen“, so die Behörde.

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Gebiete in der Nähe von Flüssen haben ebenfalls ein hohes Sturzflutrisiko. Sturzfluten treten gerade dort auf, wo Flüsse schmal und steil sind, sodass sie schneller fließen. Das ist in Gebirgsregionen zum Beispiel der Fall. Berge und steile Hügel führen zu einem raschen Abfluss von Regenwasser, das die Flüsse schnell ansteigen lässt. Zudem lassen Felsen und flache, lehmige Böden nicht viel Wasser in den Boden einsickern.
Um Sturzflutereignisse vorauszusagen, helfen zum einen meteorologische Überwachungen. Dazu gehören zum Beispiel Niederschlagsmessungen, aber auch Radar- und Satellitendaten, mit denen Wetterbehörden Regenfronten verfolgen und deren Intensität einschätzen können.
Messstationen, die den Wasserstand in Gewässern ermitteln, können ebenfalls hilfreich sein, um Überschwemmungen rechtzeitig vorherzusagen. Mithilfe hydrologischer Modellierungen kann zudem der Wasserabfluss in Flüssen und Bächen simuliert werden, um zu prognostizieren, wie sich der Niederschlag auf die Wasserstände auswirkt.
Wichtig sind auch Alarmierungssysteme wie SMS- oder App-Warnungen. Der DWD rät für Deutschland, die Wetter- und Warnlage auf www.dwd.de oder in der WarnWetter-App im Blick zu behalten. Auch die bundesweite Warn-App für den Katastrophenschutz „NINA“ informiert über Hochwassergefahren.

Die Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes, NINA, warnt über das Handy vor Gefahren.
Quelle: Marijan Murat/dpa
Im Fall einer Sturzflut ist zunächst wichtig, Ruhe zu bewahren und sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) rät, im Gebäude zu bleiben, aber überflutungsgefährdete Räume wie Keller zu vermeiden. Der Strom im Haus oder in der Wohnung sollte frühzeitig abgestellt werden, um Stromschläge zu verhindern.
„Verfolgen Sie die Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (www.dwd.de) und Meldungen der Regionalprogramme“, so das BBK. Im Notfall sollte der Notruf der Feuerwehr unter 112 gewählt werden. Nur dann sollten Mobiltelefone genutzt werden, um das Telefonnetz nicht zu überlasten. „Helfen Sie in der Nachbarschaft. Achten Sie auf hilfsbedürftige Personen in der Nähe“, empfiehlt die Behörde ferner.
„Was Sturzfluten so gefährlich macht, sind ihr plötzliches Auftreten und das rasch sehr hoch steigende, extrem schnell fließende Wasser“, erklärt der DWD. „Die ungeheure Kraft, die dabei binnen weniger Sekunden entfaltet wird, reicht aus, um massive Gegenstände wie beispielsweise Mauern oder Brücken einfach mitzureißen.“ Auch im Auto ist man nicht sicher. „Vermeiden Sie daher, mit Ihrem Fahrzeug durch die Flut hindurchzufahren, selbst wenn das Wasser vermeintlich flach über Straßen und Wege fließt.“ Stattdessen sollte man umdrehen und höher gelegenes Terrain aufsuchen.
Um Sturzfluten in Zukunft zu vermeiden, gibt es sowohl bauliche als auch nicht-bauliche Maßnahmen. Zu den baulichen Maßnahmen gehören etwa Dämme und Rückhaltebecken, die Wasserüberläufe kontrollieren können. Eine grüne Infrastruktur in den Städten mit begrünten Dachflächen, Regenzisternen und versickerungsfähigen Flächen hilft dabei, Regenwasser besser zu speichern. Eine andere Form des natürlichen Hochwasserschutzes ist die Wiederherstellung von natürlichen Feuchtgebieten wie Auen. Zudem sollte in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich nicht gebaut werden.
Zu den nicht-baulichen Maßnahmen zählt im ersten Schritt, sich der Gefahren und Risiken von Hochwasser und Sturzfluten bewusst zu werden. Jeder und jede kann betroffen sein. Umso wichtiger ist es, Frühwarnsysteme zu etablieren, mit denen die Bevölkerung im Notfall gewarnt werden kann. Eine andere Maßnahme ist der Klimaschutz. Indem die Länder zum Beispiel ihre Treibhausgasemissionen senken und erneuerbare Energien fördern, lässt sich die Erderwärmung ausbremsen und so die Gefahr von Extremwetterereignissen minimieren.
rnd