Uber gegen die Taxis: Der Straßenkampf zwischen den Transportdiensten

Sie stehen ungeschützt in der prallen Mittagssonne: Taxifahrer mit Warnwesten halten Plakate hoch. Darauf steht: „Fairer Wettbewerb statt Sozialdumping“ und „Mindestpreise für alle“. Letzteres ist mit vielen Ausrufezeichen versehen. Am Dienstag starteten in Frankfurt direkt vor dem Rathaus (Römer) die bundesweiten Proteste des Taxi-Gewerbes. Am Mittwoch folgen Demos und Autokorsos in mehr als einem Dutzend weiterer Städte. Von einer „existenzbedrohenden Situation“ spricht Herwig Kollar, Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen.
Die Konkurrenz von Mietwagen mit Chauffeur macht der traditionsreichen Branche schwer zu schaffen. Etwa ein Viertel ihrer Marktanteile haben sie bereits an Rivalen wie Bolt und insbesondere Uber verloren. Die Taxifahrer vorm Römer skandieren denn auch immer wieder: „Uber weg“.
Dabei ist die Deutsche Tochter des US-Konzerns gar kein Fahrbetrieb, sondern eine Online-Plattform, die Aufträge der Kunden entgegennimmt und an Fahrerinnen und Fahrer weitergibt. Die wiederum sind Angestellte von Mietwagenfirmen. Uber, Bolt und Co. verlangen dafür Vermittlungsgebühren.
Die Beförderung auf diese Art und Weise ist in der Regel erheblich billiger als die Fahrt mit einem beigefarbenen Taxi. Auf den Straßen der Städte tobt ein immer härterer Preiskampf.

Die Taxifahrer sakandieren immer wieder: "Uber weg"
Quelle: Jeff Chiu/AP/dpa
Das hat viel mit unterschiedlichen Regelwerken zu tun: Die Taxitarife werden von den Kommunen festgelegt. Für den Service mit Mietwagen und Chauffeur gibt es keinerlei Beschränkungen bei den Preisen, obwohl in beiden Fällen dieselbe Leistung erbracht wird: Kunden werden von A nach B befördert.
„Die Debatte über Mindestpreise für Mietwagen mit Fahrern ist nicht nur berechtigt, sondern überfällig. Es kann keinen fairen Wettbewerb geben, wenn zwei identische Dienstleistungen unterschiedlich reguliert sind“, sagte Alexander Mönch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Mönch ist der Chef des hiesigen Ablegers von Free Now, einem Pionier unter den neuen Mobilitätsdiensten.
Das Unternehmen vermittelt mit seiner App ebenfalls Fahrten, hat sich inzwischen auf die Kooperation mit Taxi-Unternehmen spezialisiert, aber in der Vergangenheit auch reichlich Erfahrungen mit Mietwagen gesammelt. „Der Preiswettbewerb ist nicht nur ruinös – er ist strukturell so angelegt, dass am Ende weder Fahrer noch Kundinnen und Kunden profitieren. Das darf kein Zukunftsmodell für urbane Mobilität sein“, erläutert Mönch.
Ein Uber-Sprecher betonte hingegen gegenüber dem RND: „Der Ruf nach mehr Regulierung sorgt nicht für eine Verbesserung der Situation, sondern schadet allen.“ Er fügt hinzu: „Mit Mindestpreisen für Mietwagen gäbe es nicht mehr Fahrgäste für Taxis, sondern die Personen würden dann wieder vermehrt in den eigenen Pkw getrieben.“
Die Taxipreise in Deutschland seien sehr hoch, für viele Leute sei die Taxifahrt zu einem Luxusgut geworden. „Auch das führt dazu, dass Taxis nur zu einem Viertel ausgelastet sind“, so der Uber-Sprecher. Er betont, dass die Auslastung bei Mietwagenunternehmen bei mehr als 50 Prozent liege. Es brauche nun nach vorne gewandte Lösungen für moderne Mobilität und mehr Wettbewerb.
Herwig Kollar, Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen
Aus Sicht von Taxi-Präsident Kollar geht die Rechnung von Uber nicht auf. „Die extrem günstigen Preise können nicht allein durch eine Steigerung der Auslastung erzielt werden. Das ergibt sich allein schon daraus, dass der Verkehrsfluss in den Städten - etwa 20 Stundenkilometer im Schnitt - die Zahl der möglichen Fahrten begrenzt.“
Kollar verweist zudem auf eine wissenschaftliche Untersuchung, die ergeben habe, dass neue Mietwagen-Anbieter massiv von Uber subventioniert werden, um die extrem günstigen Tarife zu erzielen. Diese Subventionen würden dann aber schrittweise zurückgefahren. „Das provoziert Sozialabgaben- und Steuerbetrug sowie Schwarzarbeit, was eindeutig durch Ermittlungen von Staatsanwaltschaften nachgewiesen ist. Es entstehen kriminelle Milieus.“
So wurden Anfang des Jahres in einer spektakulären Aktion gegen 30 Betreiber von Mietwagenfirmen mehr als 100 Autos sichergestellt. Die Polizei fand unter anderem 238.000 Euro in bar im Gefrierfach in der Wohnung des Hauptbeschuldigten. Es wird ermittelt wegen illegaler Beschäftigung, schwerer Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt betont, dass die Ermittlungen sich ausdrücklich nicht gegen die Unternehmen Uber und Bolt richteten.
Derweil sieht Kollar in ersten Linie nicht die Strafverfolgungsbehörden, sondern die Verantwortlichen im Frankfurter Römer und in vielen anderen Stadtverwaltungen in der Pflicht: „Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden schon vor Jahren geschaffen. Die Städte müssen die Vorgaben nun umsetzen.“ Es gibt einige Ansätze für Fahrdienst-Mindestpreise. Doch vielfach habe man in den Rathäusern Angst, „weil Uber gegen jegliche Form von Regulierung des Mietwagen-Geschäfts vor Gericht zieht“.
Der Taxi-Präsident empfiehlt Bürgermeistern indes, einen Blick ins Heimatland von Uber zu richten, und zwar nach New York: Dort werde einerseits die Bezahlung der Fahrer vorgeschrieben. Und zugleich würden klare Vorgaben für die Berechnung der Fahrzeugkosten gemacht. „Beide Faktoren zusammen verhindern Preis-Dumping, da auf diesem Weg eine Untergrenze für die Tarife der Mietwagen bestimmt wird. Dies führt zu fairen Bedingungen für die Taxibranche.“
rnd