Luxusuhren für die Söhne, ein 150 000 Euro teures Pferd für Nathalie: Ermittler nehmen die Privatausgaben von René Benko auseinander – und seine Frau ins Visier


Es klingt eher nach Vorstadtkrimi als nach High Society. René Benko soll einige seiner Luxusuhren nach seinem Konkurs vor der Polizei und seinen Gläubigern versteckt haben. Aufgetaucht sind die teuren Stücke in einem beschaulichen Tiroler Dorf bei Verwandten seiner Frau Nathalie. Ermittler der «Soko Signa» haben sie dort in einem versteckten Tresor entdeckt.
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Der Safe war in einem Luftschutzkeller, getarnt hinter einer selbstgebastelten Kulisse aus Weinkartons. Bei einer Hausdurchsuchung, die zeitgleich mit Benkos Verhaftung im Januar 2025 durchgeführt wurde, fanden die Beamten darin unter anderem elf teure Armbanduhren, Manschettenknöpfe, Schmuck und 120 000 Euro Bargeld, gebündelt in grossen Scheinen.
Dokumentiert ist der Fund in einem Abschlussbericht der Ermittler. Auf 145 Seiten haben sie minuziös Fotos, Chat-Nachrichten und Rechnungen zum Versteckspiel rund um die Luxusuhren aufgelistet. Zum ersten Mal rückt auch René Benkos Frau Nathalie in den Fokus. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie den Kauf und die Installation des Tresors bei ihren Verwandten in Auftrag gegeben hat. Nathalie Benko wird daher nun als mögliche Mittäterin geführt.
Die Vorwürfe wiegen schwerDer Inhalt des Tresors will nicht so ganz zur doch etwas biederen Tiroler Dorfumgebung passen. Immerhin hatte René Benko zu den schönen Dingen, die man sich für Geld kaufen konnte, einen Hang. Als Sammler habe er sich aber nicht profiliert, sagen frühere Vertraute. Hauptsache, teuer, sei seine Devise gewesen. So fanden die Beamten bei der Hausdurchsuchung auch mehrere Ringe, die Benko seiner Frau geschenkt hatte.
Unter anderem einen Ring aus Platin mit einem Diamanten, den er bei einem Juwelier an der Zürcher Bahnhofstrasse für sie bestellt hatte. Zum stolzen Preis von knapp 2,4 Millionen Franken. Ging es um Geschenke an seine Frau, zeigte sich Benko grosszügig. Selbst als es mit Signa wirtschaftlich bergab ging. 2023 schenkte er ihr zum Geburtstag noch ein Pferd namens Cayo. Wert: 150 000 Euro.
All das ist mittlerweile Geschichte. Mit dem Zusammenbruch seiner einst europaweit tätigen Immobilien- und Handelsgruppe im November 2023 hat Benko eine Milliardenpleite hingelegt. Sein Aufstieg und Fall dürfte vor allem in Österreich, Deutschland und Italien die Gerichte noch auf Jahre hinaus beschäftigen.
Gemessen an den Vorwürfen, die sonst noch gegen René Benko erhoben werden, sind versteckte Luxusuhren allerdings nur ein kleiner Teil. Die Vorwürfe wegen schweren Betrugs und Untreue wiegen deutlich schwerer. Bis zu zehn Jahre Haft drohen ihm deswegen. Für Benko gilt die Unschuldsvermutung.
In dem Fall zu den versteckten Luxusuhren haben die Beamten jedoch bereits fertig ermittelt. Hier könnte eine erste Anklage erfolgen. Vorgeworfen wird Benko «betrügerische Krida», was in der Schweiz am ehesten einem betrügerischen Konkurs entspricht.
Luxusuhren als Geschenk an die SöhneAuf die Spur des versteckten Safes gebracht wurden die Ermittler durch die Aussage eines Personenschützers der Familie Benko bei der Polizei. Dieser sagte aus, dass er gesehen habe, wie rund um die Insolvenz von Signa im November 2023 ein Safe aus der Villa von René Benko in Innsbruck in das Haus der Verwandten transportiert worden sei.
Die wertvollste Luxusuhr, die in dem Haus gefunden wurde, ist wohl eine Patek Philippe Nautilus Chronograph Ref. 5980R-001. Je nach Zustand wird sie auf dem Sekundärmarkt zu einem Preis zwischen 90 000 und 300 000 Franken gehandelt. Einen Wert von mehreren zehntausend Franken hat auch die Audemars Piguet Arnold Schwarzenegger, die Benko gehört hat.
Diese Stücke hatte Benko in seinem eigenen Konkursverfahren gegenüber seinem persönlichen Insolvenzverwalter verschwiegen. Die Ermittler kommen bei den Uhren und Manschettenknöpfen aus dem Tresor – also den Stücken, die sie Benko zurechnen – auf einen Wert von insgesamt 248 817 Euro.
René Benko will mit dem Tresor jedoch nichts zu tun gehabt haben. Die Installation sei Sache seiner Frau gewesen. Er wusste zwar davon, persönlich habe er aber nie etwas hineingegeben, sagte er bei einer Einvernahme aus.
Dagegen war ihm eine Aufbewahrung der Wertgegenstände in der Villa der Familie Benko in Innsbruck wohl zu öffentlich – trotz allen Sicherheitsvorkehrungen mit Überwachungskameras und Bodyguards. Man könne im Leben nicht ausschliessen, dass man vom eigenen Sicherheitsmitarbeiter überfallen oder bestohlen werde, sagte Benko den Ermittlern.
Benko argumentiert, dass ihm ein Grossteil der Wertgegenstände im Safe gar nicht mehr gehöre. Acht Luxusuhren habe er 2021 seinen beiden Söhnen zu Weihnachten geschenkt, sagte er zu den Ermittlern. Da diese damals erst 6 und 11 Jahre alt gewesen seien, habe seine Frau die Luxusuhren für die beiden Buben in dem Safe aufbewahrt. Bei den restlichen drei Stück handle es sich um Geschenke, die für die gemeinnützige Stiftung von Nathalie Benko hätten versteigert werden sollen.
Die Familie pflegte offenbar mit den Geschenken einen recht liberalen Umgang untereinander. Zumindest wenn man den Aussagen von Benko Glauben schenkt. Die Uhren, die er seinen Söhnen geschenkt habe, habe er sich wiederholt ausgeliehen und selbst getragen, sagte er bei einer Einvernahme.
Tatsächlich sind dem Abschlussbericht zahlreiche private Fotos von Smartphones verschiedenster Familienmitglieder beigefügt, auf denen Benko etwa die Patek Philippe Nautilus selbst trägt. Zum Beispiel bei einer Weihnachtsfeier in seinem Feriendomizil Chalet N, beim Wandern im Gebirge oder in den Ferien auf seiner Jacht. Diese Fotos zögen die Aussage von René Benko, er habe die Uhren seinen Söhnen geschenkt, «massiv in Zweifel», heisst es weiter.
Ebenfalls auffällig ist der Zeitpunkt, zu dem Nathalie Benko den Kauf des Tresors veranlasst hat. Der Lieferschein datiert vom 11. März 2024, wenige Tage nachdem René Benko selbst Privatinsolvenz angemeldet hat. Für die Auswahl und die Installation des Tresors hat sie ihren Verwandten gemäss dem Abschlussbericht klare Anweisungen gegeben. «Vielleicht noch irgendwann den Zettel verbrennen», schrieb Nathalie Benko ihnen anschliessend auf Whatsapp.
Ob gegen sie auch Anklage erhoben wird, ist unklar. In ihrer Einvernahme hat Nathalie Benko gegenüber den Beamten die Aussage verweigert. Für sie gilt ebenfalls die Unschuldsvermutung.
Schwierige Suche nach dem GeldMittlerweile hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien einen sogenannten Vorhabensbericht an das österreichische Justizministerium übermittelt. Ihm obliegt jetzt die Entscheidung, ob und zu welchen Tatbeständen René Benko tatsächlich angeklagt wird.
Für die Ermittler drängt die Zeit, Benko ist mittlerweile ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Diese kann zwar auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Doch je länger eine Anklage ausbleibt, umso schwieriger wird es zu beweisen, dass tatsächlich ausreichende Haftgründe vorliegen.
Bei der Suche nach seinem Geld sind die Behörden dagegen immer noch nicht viel weiter. Involvierte beklagen hier aber nach wie vor mangelndes Interesse am Teilen von Informationen bei den diversen Insolvenzverfahren.
Eine umfassende Zusammenarbeit wäre wichtig, um dem Vermögen von René Benko tatsächlich auf die Spuren zu kommen. So ist etwa nach wie vor unklar, welche Vermögenswerte noch in dem Reich von Stiftungen liegen, das ihm zugeordnet wird – neben der Laura-Privatstiftung auch noch die Ingbe- und die Arual-Stiftung in Liechtenstein.
Deshalb sind die strafrechtlichen Ermittlungen auch für die Insolvenzverfahren von grossem Interesse. Doch diese verlaufen zäh. Die Signa-Gruppe bestand aus rund tausend einzelnen Gesellschaften, und in Benkos engstem Kreis gab es einige wenige Personen, die zeitweise in mehreren hundert Gesellschaften gleichzeitig Geschäftsführer waren.
Werden diese als Zeugen einvernommen, verweigern sie die Aussage – teilweise stundenlang und auf Hunderte von einzelnen Fragen. Die Begründung: Sie wollen sich in möglichen anderen Ermittlungen nicht selbst belasten. Dadurch werden die Verfahren weiter unnötig in die Länge gezogen.
Das könnte auch im Fall der versteckten Luxusuhren passieren, wenn es denn tatsächlich zu einer Anklage kommt. René Benko ist nicht geständig, und auf seinem Handy haben die Ermittler laut dem Abschlussbericht zum Beispiel keine Nachrichten zwischen ihm und seiner Frau Nathalie gefunden, in denen sie sich über den Tresor austauschen.
Der Chat-Verlauf zwischen den beiden startet erst einen Tag nach der Installation des Tresors bei ihren Verwandten. Ob die vorherigen Chat-Verläufe auf dem Handy von René Benko gelöscht worden seien und ob dies sogar bewusst geschehen sei, könne nicht bestimmt werden, heisst es dazu in dem Bericht.
nzz.ch