Luxuspreise und Wohnungsmangel: Warum jetzt private Studentenwohnheime boomen

Berlin. Das möblierte Apartment im Herzen der Stadt, nur ein paar Gehminuten von den angesagtesten Clubs entfernt, hat einen stolzen Preis. Wer dort zum Wintersemester einziehen will, muss für die 19 Quadratmeter mehr als 1100 Euro zahlen - pro Monat. Das ist selbst für Berlin happig.
Angebote wie diese sind keine Seltenheit. Denn wenn bald die Studentinnen und Studenten wieder in die Hörsäle strömen, beginnt das alljährliche Ritual: die Suche nach einer geeigneten Bleibe.
Weil die Wohnheime der Studierendenwerke aber lange Wartelisten haben, kommen zunehmend private Anbieter ins Spiel. Alleine in Berlin, wo das 19-Quadratmeter-Zimmer, inseriert ist, gibt es mehrere davon.
Längst gibt es die Offerten nicht nur in den Metropolen, sondern auch in kleineren Unistädten. Sie versprechen ein Rundum-Sorglos-Paket: Möbel, Küche, Fitnessstudio, Reinigung. Je nach Größe des Geldbeutels gibt es mehr Leistungen – und mehr Quadratmeter. Oft sind die Inserate zweisprachig, richten sich also an ein internationales Publikum, das vor Studienbeginn den hiesigen Wohnungsmarkt nur aus der Ferne kennt.
Und es werden mehr: Die Immobilienberater von Savills beobachteten schon 2021 eine Vervierfachung des Angebots an Wohnheimplätzen im Vergleich zu 2011 und erwarteten eine weitere Zunahme. Anhand dieser Zahlen geht das Deutsche Studierendenwerk (DSW) aktuell von rund 65.000 Apartments aus, die private Anbieter bereitstellen. DSW-Chef Matthias Anbuhl rechnet ebenfalls mit einer Zunahme - weil angesichts des extrem angespannten Wohnungsmarkts „weiterhin in dieses in der Regel hochpreisige Segment investiert wird“, sagt er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Laut dem Immobiliendienstleister JLL rückt studentisches Wohnen tatsächlich in den Fokus von Investoren. Zuletzt hätten solche Investments nur einen geringen Anteil am gesamten Transaktionsvolumen im Wohnsegment ausgemacht, heißt es in einer Mitteilung.
Im Ausland sei das anders: Im übrigen Europa liege der Anteil des studentischen Wohnens bei 16 Prozent, schreibt JLL. „Das unterstreicht das Wachstumspotenzial dieses Sektors in Deutschland. Paneuropäische Investoren, die bereits Erfahrungen auf anderen Märkten gesammelt haben, engagieren sich zunehmend in Deutschland. Das wird für zusätzliche Impulse sorgen“, wird JLL-Experte Marius Romer zitiert.
Auch Stefan Schmalfeldt vom Mieterverein Hamburg beobachtet, dass in den vergangenen Jahren viele solche Angebote aus dem Boden gestampft worden seien. Das Angebot richtet sich aus seiner Sicht an junge Menschen mit reichen Eltern. „Die Mietpreise liegen deutlich oberhalb der sonstigen ortsüblichen Vergleichsmiete“, erklärt er. +
Zwar sorgt in Deutschland eigentlich die Mietpreisbremse dafür, dass die Mieten nicht zu stark ansteigen. Gerade erst hat die Bundesregierung eine Verlängerung bis 2029 auf den Weg gebracht.
Doch es gibt zahlreiche Besonderheiten an dem Instrument, die dafür sorgen, dass die Zimmer in privaten Studentenwohnheimen aus mehreren Gründen aus der Mietpreisbremse herausfallen können. So gilt die Bremse nur für Neubauten bis 2014 und enthält Ausnahmen für Kurzzeitvermietungen. Mieterschützer wie Stefan Schmalfeldt wünschen sich deshalb klarere gesetzliche Regelungen zur Mietpreisbremse bei möbliertem Wohnraum.
306 Euro kostet die durchschnittliche Warmmiete für einen Wohnheimplatz in einem der Studierendenwerke, berichtet DSW-Chef Anbuhl. „Auf dem freien Wohnungsmarkt müssen Studierende für ein WG-Zimmer im Bundes-Durchschnitt fast 500 Euro im Monat bezahlen“, führt er aus - hinzu kommen regionale Unterschiede. „Im Vergleich dazu ist das Studierendenwerks-Wohnheim eine sehr preisgünstige Wohnform. Bei privaten Anbietern ist die Miete gerne gleich zwei- oder dreimal so hoch“, sagt Anbuhl.
Matthias Anbuhl, DSW-Chef
Doch einen Platz in einem der Studierendenwerke muss man erst einmal bekommen. Vor dem Wintersemester, das in den kommenden Wochen startet, rechnet Anbuhl wieder mit einer sehr hohen Nachfrage. „Die Wartelisten dürften ähnlich voll werden wie in den Jahren zuvor“, sagt er. Mit ihren 196.000 Plätzen könnten die Studierendenwerke bundesweit gerade einmal 10 Prozent der Studierenden versorgen.
„Die privaten Wohnheime ändern nicht wirklich etwas am grundlegenden strukturellen Problem, dass bezahlbarer Wohnraum für Studierende in unseren Hochschulstädten immer knapper wird“, sagt Anbuhl. Die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt gehen weiter durch die Decke”, warnt er. „Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist eine brennende soziale Frage.“
Und auch wenn die Zimmer in den öffentlichen Wohnheimen noch immer vergleichsweise günstig sind, dürften die Preise zwar teils stabil bleiben, aber teils auch leicht steigen. „Wir gehen derzeit davon aus, dass bei den meisten Studierendenwerken mit eher stabilen oder nur leicht steigenden Mieten in diesem Jahr zu rechnen ist“, sagt Anbuhl. „In neu gebauten oder frisch modernisierten Wohnheimen können die Mieten wegen der gestiegenen Baukosten etwas höher sein.“
rnd