Dosenbier-Boom trotz Klimadebatte: Comeback der Blechbüchse

1994, als Bierdosen noch zum Standard-Proviant von Fußballfans, Maigängern und Vatertagsausflüglern gehörten, schrieb die norddeutsche Rockband Illegal 2001 den Blechbrötchen eine Hymne. „Ich verliere nicht die Hoffnung, denn eins weiß ich genau - ich trinke täglich Dosenbier, denn Dosenbier macht schlau.“
Ganz bierernst war das natürlich auch seinerzeit nicht gemeint, dass regelmäßiger Alkoholkonsum weder dem geistigen Zustand noch der körperlichen Gesundheit förderlich ist, war bereits bekannt. Genauso wie das Müllproblem: Millionenfach rosteten Blechdosen in Wäldern, auf Wiesen oder am Straßenrand vor sich hin.
Das änderte sich 2003, als der grüne Umweltminister Jürgen Trittin eine Regelung aus der Verpackungsverordnung seines CDU-Vorgängers Klaus Töpfer scharf stellte und Einweggebinde mit einem Pfand 25 Cent belegte. Der Absatz von Getränkedosen brach daraufhin fast vollständig ein, das Ende der Dose galt als sicher.
Doch seither erlebt die Blechbüchse ein erstaunliches Comeback. Der Getränkedosen-Verkauf legt Jahr für Jahr zu, mehr als die Hälfte des Vor-Pfand-Niveaus ist inzwischen erreicht. Beim Bier werden mehr als zehn Prozent des Gesamtabsatzes in Halbliterdosen verkauft. Tendenz: steigend.

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Discounter haben daran einen Anteil, Verbraucher, die lieber leichtes Blech als schweres Glas zum Pfandautomaten tragen, und junge Menschen, die durch den Konsum von Energydrinks an den Schluck aus der Dose gewöhnt sind. Sie alle sorgen dafür, dass das Dosenpfand seine wichtigste Wirkung – die Verbesserung der Mehrwegquote – sukzessive verliert.
Halb so schlimm, solange das Pfand wenigstens dazu führt, dass die Dosen nicht in der Natur herumliegen und dort eine Gefahr für Insekten, Amphibien und Säugetiere werden? Vielleicht. Auch ist es wahr, dass die Recyclingquote von Dosenblech hoch ist und die Energiebilanz besser als die von Einweg-Glasflaschen.
Und trotzdem ist die Getränkedose in Sachen Nachhaltigkeit eine schlechte Wahl. Das Einschmelzen und Walzen von Blech frisst enorme Mengen an Energie. Vor allem mit Blick auf den Klimaschutz ist die Mehrwegflasche der Einwegdose deutlich überlegen.
Erst Nachdenken, dann Nachschenken wäre deshalb für künftige Ausflüge der feuchtfröhlichen Art ein gutes Motto. Zumal übermäßiger Dosenbierkonsum nicht nur aus ökologischen Gründen fragwürdig ist. Wie heißt es im Lied von Illegal 2001? „Ich sehe aus wie eine Leiche, und mein Bauch, der wächst immens – das sind wohl die Nebenwirkungen meiner geistigen Potenz.“
rnd