DATENANALYSE - Wegen Trump bleiben Schweizer und Deutsche den USA fern? Neue Zahlen zeigen ein anderes Bild


Illustration: Jasmin Hegetschweiler /NZZ
Handelskrieg, willkürliche Festnahmen von ausländischen Touristen und Annexionsphantasien von Donald Trump haben bei Touristen in den letzten Monaten für Ärger und Unsicherheit gesorgt. Vor einigen Wochen sah es gar so aus, als würden die Reisewilligen aus Westeuropa die USA meiden. Eine Analyse der «Financial Times» zeigte auf, dass diesen März deutlich weniger Europäer die USA besuchten als im Vorjahr.
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Schweizer Medien griffen die Geschichte auf und schrieben bereits von «Liebesentzug». Die Zahlen von April zeigen nun aber: Alles halb so wild, die Zahl der Touristen ist im April wieder stark angestiegen.
In Deutschland und der Schweiz beträgt das Wachstum im April gegenüber dem Vorjahr um die 10 Prozent, aus Spanien, Italien und Irland sind es gar rund 30 Prozent mehr Ankünfte in den USA als 2024.
Die Ausschläge dürften weniger mit den politischen Wirren zu tun haben als mit einem saisonalen Effekt: Über die Osterfeiertage werden in den USA jeweils deutlich mehr Touristen erwartet. Ostern lag letztes Jahr im März, dieses Jahr im April. Die Schwankungen sind also vor allem auf die Oster-Touristen zurückzuführen, welche dieses Jahr ein paar Wochen später in die USA reisten. Das veränderte Reiseverhalten zeigt sich auch in der Zahl der Flugzeugankünfte in grösseren amerikanischen Flughäfen.
In vielen Ländern Westeuropas sind die Zahlen 2025 somit auf einem ähnlichen Niveau wie in den Vorjahren. Auffällig ist, dass aus Spanien und Italien sogar mehr Menschen in die USA reisen als noch vor der Pandemie. In Schweden und Dänemark hingegen bleiben die Zahlen deutlich unter dem Niveau von vor 2020, doch bereits in den Vorjahren, als Biden noch Präsident war, pendelten sie sich dort ein.
Ganz auszuschliessen ist ein Trump-Effekt jedoch nicht. Vielleicht hätten sich die Zahlen von Deutschen und Schweizern in den USA bei einer US-Regierung unter Kamala Harris doch ein wenig besser entwickelt. Dagegen spricht, dass während Trumps erster Amtszeit kaum ein Effekt sichtbar war.
Weit mehr Sorgen als um die Westeuropäer sollte sich die Trump-Regierung um die Besucher aus Asien machen. Deren Zahl sinkt seit seiner Amtseinführung, letztes Jahr verzeichnete das amerikanische Handelsministerium noch kräftige Wachstumsraten.
Das hat auch damit zu tun, dass die Corona-Reisepause in Asien länger dauerte. Ein Blick auf die Zahlen der asiatischen Staaten zeigt für die Trump-Regierung aber Besorgniserregendes: Aus den bisher wichtigsten beiden asiatischen Ländern Japan und China kommen deutlich weniger Touristen und Geschäftsreisende als vor der Pandemie. Die Erholung nach Corona wurde dieses Jahr praktisch gestoppt. Im Gegenzug besuchen mehr Menschen aus Indien die Vereinigten Staaten, sie sind mittlerweile die grösste Gruppe der Reisenden aus Asien.
Bei Japan und China ist weniger klar, ob nun Trumps Politik eine Rolle spielt, denn eine Stabilisierung der Zahlen wie in den skandinavischen Ländern vor Trumps Amtsantritt ist hier nicht zu sehen. Womöglich hätten sich die Zahlen unter einer Harris-Regierung noch weiter stark erholt.
Vor allem bei den Gästen aus China ist naheliegend, dass viele auf eine Reise in ein Land verzichten, das sich im Handelskrieg mit der Heimat befindet. Auch das eine oder andere geschäftliche Treffen wurde aufgrund des Zollstreits wohl abgesagt. In Japan hingegen ist die Reiselust generell gesunken, seit der Pandemie besitzen weniger Japaner einen Reisepass. Eine Rolle könnte derzeit auch der schwache Yen spielen, ein USA-Trip ist deutlich teurer als noch vor der Pandemie.
Kanadier sind abgeschreckt, Mexikaner wenigerAm meisten Menschen reisen aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko in die USA ein. Für diese Nationen fehlen in der Statistik der US-Handelsbehörde Zahlen für März und April. Einzig Einreisen per Flugzeug aus Mexiko sind erfasst. Diese steigen laut Statistik unter Trump sogar leicht an. Viel wichtiger ist in Mexiko allerdings der Landweg, die Zahlen von Februar liegen auch hier leicht höher als im Vorjahr.
Die Kanadier hingegen scheint Trump mit seiner Zollpolitik und den öffentlichen Gedankenspielen zur Einverleibung des nördlichen Nachbars als 51. Gliedstaat ziemlich vergrault zu haben. Die Zahl der kanadischen Rückkehrer auf dem Landweg ist im April 2025 gegenüber dem Vorjahresmonat um 35 Prozent gesunken, jene auf dem Luftweg um rund 20 Prozent, wie die kanadische Statistikbehörde schreibt.
Gemischte Signale für den Rest des JahresOb Trumps Politik einen nachhaltigen Einfluss auf das Reisen in die USA hat, wird sich wohl erst in den kommenden Monaten zeigen. Wer schon vor Trumps Amtsantritt eine Reise gebucht hat, wird diese vielleicht nicht wegen Trump absagen. In der derzeitigen Lage entscheiden sich aber vielleicht doch einige gegen einen USA-Trip im Sommer oder Herbst.
Die Schweizerinnen und Schweizer scheinen Amerika aber vorerst treu zu bleiben. Der Zürcher Flughafenchef Lukas Brosi spricht von einer steigenden Nachfrage nach Reisen in die USA. Laut der Swiss liegen die Buchungszahlen für den Rest des Jahres auf dem Niveau von 2024. Weltweit gesehen könnte die Nachfrage nach Reisen in die USA aber durchaus zurückgehen. Mehrere Hotelketten und Buchungsplattformen haben ihre Wachstumserwartungen für die USA zurückgeschraubt, und Branchenexperten gehen von einem leichten Rückgang der internationalen Touristenankünfte aus.
nzz.ch