Das Ende der Postkästen in Dänemark – Wer übernimmt die Auslandspost?

Noch hängen die rund 1500 roten Postkästen in Dänemark. Doch an etlichen dieser Briefkästen prangt seit einigen Wochen ein unübersehbarer Hinweis: Der, dass genau dieses Exemplar in wenigen Tagen verschwinden wird – für immer. Denn das Unternehmen PostNord beginnt am 1. Juni damit, die ersten Boxen abzumontieren, die seit 1860 ein genormtes Aussehen im Königreich haben.
Ende des Jahres sollen alle Kästen verschwunden sein, und dann hört das staatliche Unternehmen nach vier Jahrhunderten auch komplett damit auf, Briefe zuzustellen. Fortan will man sich aufs wachsende Paketgeschäft konzentrieren. 1500 der rund 4600 Postmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Dänemark werden in dem Zuge ihren Job verlieren.
Teure Urlaubspost aus DänemarkFolgen hat das zudem für deutsche Touristinnen und Touristen im nördlichen Nachbarland: Schon jetzt ist das Verschicken einer Urlaubspostkarte an die Daheimgebliebenen sehr teuer – fällig werden 50 Dänische Kronen, was umgerechnet 6,70 Euro entspricht.
Von 2026 an könnte die Ansichtskarte mit ein paar handschriftlichen Notizen jedoch geradezu unmöglich werden. Denn noch steht nicht einmal fest, welche Firma sich künftig überhaupt um die Auslandspost kümmern wird. Vollkommen unklar ist damit, was der Service ab Januar kostet und wo es Annahmestellen geben wird.
Öffentliches Interesse an der Erbringung der Auslandsdienstleistung hat zumindest schon einmal ein Unternehmen bekundet: Es heißt DAO, was für Dansk Avis Omdeling steht. Es will die internationale Post Dänemarks vom kommenden Jahr an mit Partnerfirmen aus dem Ausland übernehmen. An einer entsprechenden Ausschreibung des Verkehrsministeriums in Kopenhagen werde man sich beteiligen, heißt es vonseiten der Firma, die vor mehr als 100 Jahren als Gesellschaft zur Zeitungsverteilung gegründet wurde.
Hans Peter Nissen,
Chef vom privaten Postunternehmen DAO
Derzeit ist es bei DAO noch nicht möglich, Briefe oder Postkarten ins Ausland zu schicken. Selbst Post in die beiden recht autonomen Landesteile des Königreichs, Grönland oder Färöer, zu senden, geht derzeit noch nicht. Doch das soll sich bald ändern, verspricht der Geschäftsführer Hans Peter Nissen. „Für uns ist da die natürliche Fortsetzung unserer Arbeit.“
Schon heute verantworte seine Firma gut ein Viertel des innerdeutschen Briefmarktes, so Nissen. Bei der Zustellung von Zeitschriften komme man auf einen Marktanteil von mehr als der Hälfte. Wo immer sich PostNord zurückziehe, wolle man den Kunden eigene Angebote machen, sagt er. „Wir haben bereits ein flächendeckendes Zustellnetzwerk im Land. Wir sind bereit.“
Nissen sagt aber auch, dass sich die Briefzustellung nur rechne, wenn das Volumen hoch genug ist. Doch die Anzahl der Sendungen sinkt seit Jahrzehnten – jedes Jahr um etwa acht bis zehn Prozent. Im Königreich werden heutzutage etwa 90 Prozent weniger Briefe aufgegeben als noch im Jahr 2000.
„Daher war es so wichtig, dass wir im vergangenen Jahr in einer ersten Ausschreibung nach der Reform des Postgesetzes den Zuschlag für die Verteilung von Blindenpost bekommen haben“, sagt Nissen. Dabei handele es sich immerhin um rund 600.000 Sendungen pro Jahr. Eine gewisse Basis, mit der man planen könne. Etwa, wann wo zugestellt wird. Anders als in früheren Zeiten braucht die Post auch in Dänemark heutzutage oft ein wenig länger: Bis zu fünf Tage lässt sich DAO nach eigenen Angaben bei der Zustellung Zeit.
Nissen betont jedoch, dass der Service seiner Firma oft viel besser sei als das, was man von der alten staatlichen Post gewohnt sei. Denn seine Leute würden die Sendungen an 365 Tagen im Jahr zustellen – selbst an Feiertagen. Das komme insbesondere bei den Jüngeren an, für die analoge Post wohl auch eine Art Ausgleich zur digitalen Reizüberflutung sei und daher gerade wichtige Einladungskarten, etwa zu einer Hochzeit, gern physisch versenden wollten. „Das drückt dann schließlich eine gewisse Wertigkeit aus.“ Im vergangenen Jahr jedenfalls habe sich das Briefvolumen bei DAO sogar verdoppelt, sagt Nissen und fügt nachdrücklich hinzu: „Der Brief ist nicht vom Aussterben bedroht.“
Kräftige Zuwächse gibt es auch in Dänemark ganz so wie hierzulande im Paketgeschäft, vorwiegend dank des Onlinehandels. Neben PostNord und DAO haben sich im Königreich noch zwei weitere Anbieter signifikante Marktanteile daran gesichert: die Firma GLS, deren größtes Versanddepot für ganz Europa auch in Kopenhagen steht, und die norwegische Post mit ihrer Marke Bring.
Diese beiden Unternehmen planen nach eigenen Angaben derzeit aber nicht, in den dänischen Briefmarkt einzusteigen. Damit dürfte es auch äußerst unwahrscheinlich sein, dass sie Ambitionen für die Auslandspost haben. DOA-Chef Nissen betont aber, dass längst nicht ausgemacht sei, dass es noch andere Interessenten geben werde. Zu möglichen Preisen für das Verschicken von Urlaubspostkarten nach Deutschland will seine Firma daher nichts sagen.
Dieser Sommer wird also der letzte sein, an dem Touristinnen und Touristen noch ein letztes Mal ganz klassisch handschriftliche Grüße mit einer echten Briefmarke an die Oma oder Patentante schicken können – auch wenn das jetzt schon horrende Preise kostet. Schon jetzt dürfte der Versand für die allermeisten mittels einer Postkarten-App günstiger kommen, bei der die Karte in Deutschland gedruckt und in die Post gegeben wird. Per Hand geschrieben und mit echter Marke ist sie dann aber nicht.
Wer darauf Wert legt, sollte darüber nachdenken, ob er oder sie die Karte erst in Deutschland in einen Briefkasten wirft. Viel später dürfte sie auch dann nicht beim Empfänger ankommen, wohl aber kostengünstiger.
rnd