Nach Massenhinrichtungen: Sudans Regierungschef fordert internationale Ermittlungen


Nach dem Massaker der RSF-Miliz in Al-Faschir fordert Sudans Regierungschef Kamil Idris internationale Ermittlungen. Dabei positioniert er sich auch gegen einen Einsatz von UN-Friedenstruppen in dem nordostafrikanischen Land.
Der sudanesische Regierungschef hat internationale Ermittlungen wegen der offenbar von der RSF-Miliz verübten Gräueltaten in der besetzten Stadt Al-Faschir gefordert. „Sämtliche Verbrechen müssen juristisch verfolgt werden — auch international“, sagte Ministerpräsident Kamil Idris der Schweizer Zeitung „Blick“ in einem am Sonntag veröffentlichten Interview. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen forderte Idris auf, die RSF als terroristische Organisation einzustufen und gegen sie vorzugehen.
Einen Einsatz von UN-Friedenstruppen im Sudan stufte der Regierungschef dagegen als „nicht wünschenswert“ ein. Ein solcher Einsatz würde „die Souveränität und territoriale Integrität“ des Sudan untergraben, argumentierte Idris. Er sei „illegal, schafft nur Verwirrung und ist kontraproduktiv“. Die sudanesische Regierungsarmee sei entschlossen, Al-Faschir „zu retten und zu befreien“.
Am 26. Oktober hatte die gegen die sudanesische Armee kämpfende Miliz Rapid Support Forces (RSF) die Stadt Al-Faschir im Westen des Landes nach rund 18-monatiger Belagerung eingenommen. Einen Tag später bestätigte Sudans Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan den Rückzug der Armee aus der Stadt in der Region Darfur.
Nach Angaben der UNO konnten 65.000 Menschen aus Al-Faschir fliehen, zehntausende weitere sind noch in der Stadt gefangen. Es gibt zahlreiche Augenzeugenberichte über Massenhinrichtungen und Gräueltaten in der Stadt. Satellitenaufnahmen deuten nach Angaben einer Forschergruppe der US-Universität Yale darauf hin, dass die Massentötungen weiter andauern und ein großer Teil der Bewohner „tot ist oder gefangen genommen wurde oder sich versteckt“.
Die Wissenschaftler identifizierten auf Satellitenbildern von Al-Faschir bis Freitag 31 Ansammlungen von Objekten, die menschlichen Leichen ähneln — in Wohngebieten, auf Universitätsgeländen und an Militärstandorten. Es gebe Hinweise, dass „die Massenmorde weitergehen“, erklärte die Forschergruppe. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) bezeichnete die Lage im Sudan als „apokalyptisch“.
In dem im April 2023 entbrannten Konflikt im Sudan stehen sich die Armee von Militärherrscher al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo gegenüber.
Seither wurden bei den Kämpfen zehntausende Menschen getötet, rund zwölf Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen fliehen. In dem nordostafrikanischen Land herrscht nach Einschätzung der UNO die schwerste humanitäre Krise der Welt.
Mit der Einnahme von Al-Faschir kontrolliert die RSF inzwischen alle fünf größeren Städte in Darfur, der Sudan ist damit faktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil gespalten. Die Miliz hat in Darfur eine selbsterklärte Konkurrenzregierung errichtet und drängt in die benachbarte Region Kordofan, wo sie nach UN-Angaben bereits ähnliche Gräueltaten verübt hat.
Die Armee kontrolliert dagegen den Norden, Osten und das Zentrum des Sudan. Ihr werden ebenso wie der RSF Kriegsverbrechen vorgeworfen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung




