Nach Aus für EU-Chatkontrolle: Richterbund fordert IP-Speicherpflicht

Berlin. Nach dem Aus für die Pläne einer EU-weiten Chatkontrolle im Kampf gegen Kinderpornografie werden Rufe nach nationalen Lösungen in Deutschland laut. Zwar sei es gut, dass „die überschießenden Pläne für eine staatlich angeordnete Chatkontrolle in der EU auf Druck der Bundesregierung vom Tisch sind“, sagte etwa der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Stattdessen müsse die Regierungskoalition nun aber auf nationaler Ebene handeln.
„Die Strafverfolgungsbehörden warten dringend auf die schon mehrfach angekündigte gesetzliche Pflicht zur befristeten Speicherung von IP-Adressen“, so Rebehn. „Bei Kinderpornografie ist die IP-Adresse oftmals der einzige, aber immer der schnellste Ermittlungsansatz, um Tatverdächtige aufzuspüren.“ Entsprechende Forderungen gibt es bereits aus dem Bundesrat, den Sicherheitsbehörden und der Unionsfraktion.
Am Freitag war bekannt geworden, dass unter den EU-Mitgliedsstaaten die nötige Mehrheit für die umstrittenen Pläne der Kommission zu einer anlasslosen und verpflichtenden Kontrolle von Chats durch Unternehmen wie WhatsApp, Signal und Co. nach kinderpornografischen Inhalten nicht erreicht wird. Das Vorhaben werde daher gestrichen, hieß es von EU-Diplomaten in Brüssel. Für das Aus hatte sich auch Deutschland eingesetzt.
Die EU-Kommission hatte bereits 2022 vorgeschlagen, dass Chatnachrichten automatisiert auf kinderpornografische Inhalte gescannt und dann bei den Ermittlungsbehörden angezeigt werden müssen. Kritiker monierten, dass die automatische und anlasslose Kontrolle unbescholtener User zentrale Bürgerrechte verletzen würde. Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hatte sich so geäußert.

Der Richterbund begrüßte die Absage der EU-Pläne: „So richtig es ist, dass die EU Kindesmissbrauch und eine wachsende Flut von Kinderpornografie im Netz entschlossen bekämpfen will“, sagte sein Chef Rebehn dem RND, „so wichtig ist es, dabei zielgerichtet und verhältnismäßig vorzugehen.“
Zugleich seien aber die deutschen Behörden und die Justiz oft auf die IP-Datenspeicherung angewiesen, die die schwarz-rote Koalition im Koalitionsvertrag auch angekündigt hatte. Bislang dauern die Abstimmungen innerhalb des Kabinetts über einen Gesetzentwurf aber noch an.
Auf EU-Ebene soll nun ein neuer Kompromissvorschlag entwickelt werden, der auf Freiwilligkeit der Firmen setzt und damit eine bereits bestehende Vereinbarung mit den Diensten fortführt. Sie wäre ohne neue Einigung im April 2026 ausgelaufen.
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