Welchen Rat hätten Sie sich mit 16 gewünscht, Şeyda Kurt?

Geboren April 1992 in KölnBeruf Autorin und JournalistinAusbildung Philosophie- und Romanistikstudium in Köln und BordeauxStatus Gefühlsbetont
Şeyda Kurt spricht über Gefühle, als seien sie Werkzeuge – nicht weich, sondern wirksam. Ihre Bücher handeln von Zärtlichkeit und Hass, von Macht und Moral, von linken Idealen und deren Rissen. Wer ihr zuhört, merkt schnell: Hier denkt jemand laut, aber nie leichtfertig. Sie ist offen für Widersprüche, auch für die eigenen. Şeyda Kurt wuchs in einer Familie mit kurdisch-türkischen Wurzeln auf, sie engagierte sich schon früh in migrantischen Selbstorganisationen und politischen Verbänden. Spätestens mit ihrem Bestseller Radikale Zärtlichkeit von 2021 wurde sie zur Stimme einer neuen, politischen Gefühlskritik. Sie analysiert dekolonial, antirassistisch und antikapitalistisch. Gefühle seien politisch, meint sie. Wut, Trauer, Hass begreift sie als Formen des Widerstandes. »Gefühle mobilisieren, weil sie die Menschen abholen in ihrem Unbehagen, ebenso wie in ihrem Begehren.« Ihr zweites Buch, schlicht Hass betitelt, ist Analyse und Streitschrift zugleich: gegen neoliberale Harmonieversprechen, für eine konfliktfähige Linke. Sie versteht Hass nicht nur als Ausbruch, sondern als politische Kraft. »Wir hassen. Und wir haben das Recht dazu«, sagt Kurt. Sie glaube, »dass man mit politischen Gefühlen strategisch umgehen kann – dass man aus dem Hass Kraft schöpfen kann, ebenso wie aus der Liebe«.
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