SERIE - In Gstaad trägt Roman Polanski eine Fussfessel, nachdem die USA einen Haftbefehl erlassen haben. Einst floh er in der Trauer hierher

Für den Filmregisseur ist das Berner Oberland ein Rückzugsort. Wegen eines weit zurückliegenden Missbrauchsfalls war er vor 15 Jahren Gefangener in seinem eigenen Chalet. Die Einheimischen lassen bis heute nichts auf den 92-Jährigen kommen.

Illustration Anja Lemcke / NZZ
Gegen Ende 2009 passiert in Gstaad das, was die Bewohner dieses Dorfs nicht gerne haben. Während Tagen strömen Journalisten und Reporter aus aller Welt an den Ort im Berner Oberland. Die Einheimischen sprechen von einer Belagerung.
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Auf den Dächern der Chalets und den umliegenden Hügeln liegt eine dicke Schicht Schnee, der in normalen Wintern die Geräusche dämpft. In diesem Winter wird die Ruhe gestört durch die Schlagzeilen.
Die mit Kameras und Mikrofonen ausgerüsteten Angereisten wollen über einen Skandal berichten, in den einer der vielen berühmten Gäste, die im Alpendorf ein Ferienhaus besitzen, verwickelt ist. Die Journalisten haben sich alle dieselbe Adresse notiert, was unnötig ist: Sie müssen nur den Menschengruppen folgen, die zu dem Chalet am Rand des Dorfes pilgern.
Fussfessel wegen FluchtgefahrIm Chalet sitzt Roman Polanski, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Regisseure, gefeiert für Filme wie «Rosemaries Baby», «Chinatown» oder «Der Pianist». Polanski hat gerade seinen Hausarrest angetreten. Er trägt eine elektronische Fussfessel und darf das Grundstück seines Chalets nicht verlassen.
Das ist die Auflage, nachdem Polanski 70 Tage in Auslieferungshaft in Winterthur verbracht hat. Für seine Entlassung aus dem Gefängnis musste er eine Kaution von 4,5 Millionen Franken bezahlen und in den Hausarrest einwilligen.
Am 4. Dezember 2009 ist Polanski nach Gstaad transportiert worden. Rund 150 Reporter und Kamerateams haben sich in Stellung gebracht, als die Limousine mit den abgedunkelten Scheiben in der Garage des Chalets verschwindet, ohne dass sich der Insasse gezeigt hätte.
Es ist eine Flucht aus der Gefangenschaft in die nächste Unfreiheit, die allerdings viel komfortabler ist. Gstaad ist Polanskis Wahlheimat, hier hält er sich seit den siebziger Jahren immer wieder für längere Zeit auf. In seinem Chalet darf der 76-Jährige trotz Hausarrest Besuch empfangen. Zudem würden ihm seine Frau, die Schauspielerin Emmanuelle Seigner, und seine beiden Kinder Gesellschaft leisten.
Auf dem Weg zum Filmfestival verhaftetKnapp zehn Wochen vorher, am 26. September 2009, ist Polanski bei seiner Einreise in die Schweiz verhaftet worden. Der polnisch-französische Filmemacher sollte am Zurich Film Festival (ZFF) für sein Lebenswerk geehrt werden. Er wollte den Preis persönlich entgegennehmen. Doch nach seiner Landung am Flughafen Zürich nahmen ihn Polizisten in Gewahrsam und brachten ihn in ein Gefängnis in Winterthur.
Die Schweizer Behörden kommen damit einem Auslieferungsgesuch der USA nach. Polanski soll für eine Tat zur Rechenschaft gezogen werden, die 32 Jahre zurückliegt. 1977 hatte er mit einer Minderjährigen Sex, gegen deren Willen, wie sie aussagte.
Polanski, damals 44, hatte die 13-jährige Samantha Gailey in Los Angeles zu einem Fotoshooting eingeladen. Es fand im Haus von Jack Nicholson statt, der mit Polanski befreundet ist, aber abwesend war. Als Gaileys Mutter erfuhr, was dabei geschah, erstattete sie Anzeige. Polanski plädierte zuerst auf nicht schuldig, später bekannte er sich im Punkt «unerlaubter Geschlechtsverkehr mit einer Minderjährigen» schuldig.
Weitere Anklagepunkte wegen «Vergewaltigung unter Drogeneinfluss», «Sodomie» oder «Verabreichen von Betäubungsmitteln an eine Minderjährige» wurden im Rahmen einer Vereinbarung fallengelassen. Polanski verbüsste eine 90-tägige Haftstrafe, bei der er unter psychiatrischer Beobachtung stand. Nach 42 Tagen wurde er auf Bewährung entlassen. Anfang Februar 1978 sollte die Urteilsverkündung stattfinden. Am Vorabend setzte sich Polanski nach London ab.
Er reiste nie mehr zurück in die USA. Die Oscar-Verleihung 2003, bei der sein Holocaust-Drama «Der Pianist» drei Oscars gewann, unter anderem für die beste Regie, fand ohne ihn statt. Der Haftbefehl der Amerikaner blieb bestehen.

Über die Jahre geriet in Vergessenheit, dass Polanski eigentlich ein Flüchtiger ist und weshalb. Er drehte einen Film nach dem andern, «Tess», «Frantic», «The Ninth Gate», «Oliver Twist». Sie erzählen von Entfremdung und seelischen Abgründen, von erotischen Obsessionen und gesellschaftlicher Heuchelei. Polanski drehte mit Harrison Ford, Ben Kingsley, Sigourney Weaver, Nastassja Kinski, Emmanuelle Seigner. Er wurde an Festivals eingeladen, erhielt Preise.
Dass der Missbrauchsfall verblasste und in der öffentlichen Wahrnehmung an Schwere verlor, liegt auch am Opfer: Samantha Gailey – heute Geimer, da sie geheiratet hat – hat Polanski verziehen. 2003 sagte sie bei «Larry King Live» auf CNN: «Er hat etwas Furchtbares getan. Aber ich habe ihm vergeben. Ich denke, das ist genug.» Zudem zahlte Polanski Geimer dank einer zivilrechtlichen Einigung 500 000 Dollar.
Nach seiner Flucht aus den USA liess sich Polanski in Paris nieder, wo er heute noch mehrheitlich lebt. Er besitzt die französische Staatsbürgerschaft, die ihn vor Auslieferungen schützt. Auch in die Schweiz reiste er regelmässig unbehelligt ein.
Doch 2009 erneuern die USA den internationalen Haftbefehl. Dies, weil Polanski selber darauf aufmerksam gemacht und versucht hat, seinen Fall in Abwesenheit beenden zu lassen. Die Schweiz kooperiert und informiert die Grenzkontrollen. Dabei hilft, dass Polanskis Ankunft aufgrund der Preisübergabe am ZFF angekündigt ist.
Und so wird Polanski zum Gefangenen in seinem eigenen Chalet. Dort sitzt er fest, bis der Bundesrat in Bern entschieden haben würde, ob man auf das Gesuch des US-Justizministeriums eintreten will. Es sollte Monate dauern.
Vom Bauerndorf zum Glamour-OrtGstaad gehört zu den Orten in den Schweizer Alpen, die Prominente aus aller Welt anziehen. Elizabeth Taylor und Richard Burton besassen hier ein Ferienhaus, Grace Kelly und Fürst Rainier, Gunter Sachs und Brigitte Bardot. Roger Moore wurde im Dorf oft gesehen, Madonna, Robbie Williams. Ernesto Bertarellis Chalet liegt auf dem Hügel, auf dem auch das Luxushotel The Palace thront. Es wurde 1913 erbaut.
Ende des 19. Jahrhunderts war Gstaad ein abgelegenes Bauerndorf mit 150 Einwohnern. Vergleichsweise spät wurde es zu einem begehrten Touristenort, vor allem bei Wintersportlern. Die Reichen schicken ihre Kinder in Internate wie Le Rosey oder die Kennedy International School. Oft werden diese später zu Stammgästen.
Dabei rühmt sich Gstaad für seinen verdeckten Glamour. Die Gäste würden hier in Ruhe gelassen, wenn man sie im Restaurant, am Skilift und im Coop antreffe, sagen die Einheimischen. Das Understatement unterscheide die Gemeinde vom Jetset in St. Moritz, wo jeder seinen Reichtum vorzeige. In Gstaad lebten die Stars zurückgezogen, die Privatsphäre werde respektiert. So sagen es viele Stars selber.
So notieren es auch die Journalisten, die aus Gstaad berichten, nachdem Polanski seinen Hausarrest angetreten hat. Die «Los Angeles Times» schreibt am 5. Dezember 2009: «Es dürfte schwierig sein, eine so herrliche Isolation wie diese zu finden.»
Die Zeitung weiter: «Die Berge sind schneebedeckt, die Bäume weiss gesprenkelt, und die Skihütten bereiten sich auf die Hochsaison vor.» Statements, die sie beim Juwelier oder beim Tourismusdirektor von Gstaad einholt, bestätigen das Bild der unaufgeregten Idylle. Den damaligen «Mayor», Gemeindepräsident Aldo Kropf, zitiert das Blatt mit den Worten: Er hoffe, dass der Rummel bald vorbei sein werde und Gstaad wieder zum Tagesgeschäft übergehen könne.
Die Einheimischen stellen sich hinter Polanski. Eine ältere Frau sagt in der Sendung «Schweiz aktuell» des Schweizer Fernsehens: Man rede in Gstaad nicht schlecht über andere. «Jeder Mensch hat Fehler, nur kennt man sie nicht von allen. Es ist sicher nicht gut, was er gemacht hat, aber das war vor 30 Jahren. Es ist für uns passé.»

Jean-Christophe Bott / Keystone
Derweil wartet Polanski in seinem Chalet darauf, bewacht nur vom elektronischen Gerät um sein Fussgelenk, dass die Journalistenhorde vor seinen Fenstern wieder abzieht. Die Paparazzi harren während Tagen aus, die Kameras registrieren alles. Einmal wird ein Vorhang zurückgeschoben, dann wieder springt ein Junge durch den Schnee im Garten. Es ist Elvis, Polanskis elfjähriger Sohn.
Polanski kam Ende 1969 zum ersten Mal nach Gstaad, nachdem seine Frau Sharon Tate ermordet worden war. Die hochschwangere Tate, Schauspielerin und Model, und vier Freunde des Paars wurden von Anhängern des Sektenführers Charles Manson in Polanskis Haus in LA ermordet. Es geschah kurz nach der Premiere von Polanskis Horrorfilm «Rosemaries Baby», und die Medien spekulierten, ob Polanski für das Massaker mitverantwortlich war und sein Film die Mörder inspirierte.
Schon damals musste er vor Journalisten flüchten. «Ich wurde von Paparazzi verfolgt», sagte Polanski 2017 der «NZZ am Sonntag». Freunde luden ihn darauf kurz vor Weihnachten nach Gstaad ein. Hier sei er in Sicherheit, hätten sie gesagt. «Ob Sie es glauben oder nicht: Damals gab es in Gstaad tatsächlich keine Paparazzi», so Polanski in dem Interview.
Von da an reiste er jeden Winter nach Gstaad, um Ski zu fahren. Irgendwann kaufte er das Chalet am Dorfrand. Wie alle Chalets hat es einen Namen, der gut sichtbar die Holzfassade schmückt: «Milky Way».

Keystone / Photopress-Archiv
In Gstaad findet der Trauernde Trost. Schon bei seinen ersten Besuchen entdeckt er, «dass dieser Ort in einer Hinsicht eine Weltmetropole war», wie er in seiner Autobiografie schreibt: «Hunderte frischer, junger, heiratsfähiger Mädchen besuchten eine ganze Reihe von Pensionaten.» Er zählt auf: Montesano, Le Mesnil, Le Rosey. Sie seien überall anzutreffen, in Cafés und Hotelfoyers, und am Samstag hätten sie, «Aschenputtel ähnlich», Ausgang bis Mitternacht.
Die sexuelle Revolution würde «letzte Ausläufer bis an diese Schweizer Bastionen von Schicklichkeit und Anstand» schicken, schreibt Polanski: «Und nun spielten Kathy, Madeleine, Sylvia – und andere, deren Namen mir entfallen sind – eine zwar flüchtige, doch therapeutische Rolle in meinem Leben. Sie waren alle zwischen sechzehn und neunzehn: keine Schulmädchen mehr, aber auch ohne die berechnende Art erwachsener Frauen, deren Ehrgeiz auf Berufsförderung oder Ehestand zielt.»
Die Mädchen hätten ihn in seinem Chalet besucht, fährt Polanski sorglos fort. Zwar «nicht unbedingt um des Liebesspiels willen (wenn schon manche nicht abgeneigt waren), sondern um Rockmusik zu hören, am Feuer zu sitzen und ganz einfach zu reden».
Er habe in seinem Auto vor dem Internat gewartet, bis das Mädchen, mit dem er verabredet war, über den Balkon kletterte, sobald alle Lichter gelöscht waren. In diesem Alter seien die Mädchen «auf eine natürliche, fohlenhafte Weise schöner, als sie es jemals wieder sein würden». Er gibt aber auch zu: «Manchmal, wenn ich bei laufendem Motor im Auto wartete, fragte ich mich: Was zum Teufel treibst du eigentlich hier?»
Es ist eine gute Frage. Polanski veröffentlichte die Autobiografie 1984, sieben Jahre nach seinem Schuldbekenntnis in LA. Die sexuelle Begegnung mit der 14-jährigen Samantha Gailey schilderte er ebenfalls ausführlich und ohne erkennbare Reue. Polanski erklärte sein Verhalten später mit dem Zeitgeist der 1970er Jahre. «Damals bedeutete eine sexuelle Beziehung nichts», sagte er 2011 der NZZ. «Sex machte Spass. Es war die kurze Zeit zwischen Geburtenkontrolle dank Pille und Aids.» Man solle Taten im Kontext der Zeit beurteilen.
In jener Zeit hatte er auch eine kurze Affäre mit Nastassja Kinski, die 15 und damit fast dreissig Jahre jünger war. Mit 51 lernte er die 18-jährige Emmanuelle Seigner kennen, seine heutige Frau.
Auf die Feststellung einer Journalistin viele Jahre später, dass er sich immer zu jüngeren Frauen hingezogen fühlte, sagte Polanski: «Vielleicht bin ich ein ewiges Kind.»
Erinnerungen an eine traumatische KindheitSeine Zeit im Hausarrest in Gstaad nutzt Polanski, um über sein Leben nachzudenken. Er tut es vor laufender Kamera. Zweimal besucht ihn sein Freund, der britische Filmproduzent Andrew Braunsberg. Aus langen Gesprächen am Stubentisch entsteht die Dokumentation «A Film Memoir», die 2012 in die Kinos kommt. So sieht man doch noch ins Chalet hinein. Braunes Sofa, helle Holztäfelung, ein Klavier.
Polanski erinnert sich in dem Film an seine Kindheit im Krakauer Ghetto, die er in «The Pianist» verarbeitete. Als er erzählt, wie die Gestapo seine Mutter abholte, versagt seine Stimme. Sie wurde in Auschwitz ermordet, war im vierten Monat schwanger. Er spricht darüber, wie er nach der Ermordung von Sharon Tate für Jahre «nicht mehr ich selbst» gewesen sei. Er lobt seine Frau und beklagt sich über die Medien. Und: Er entschuldigt sich bei Samantha Geimer.
Auch über seine Verhaftung in Zürich sprechen die beiden Männer. Braunsberg liest aus der Einladung zur Ehrung am ZFF vor: «Wir hoffen, Ihr Aufenthalt bei uns wird aufregend und inspirierend sein.» Die beiden Männer lachen über die Ironie.
Später bezeichnet Polanski den Hausarrest als Albtraum. Dabei merkt er aber auch, wer zu ihm hält. Gunter Sachs bietet an, für seine Kaution aufzukommen. Es gibt eine Petition von Filmschaffenden wie Woody Allen, Martin Scorsese oder Pedro Almodóvar, welche die in ihren Augen moralisch motivierte Verhaftung verurteilen. Einer Petition des Philosophen Bernard-Henri Lévy schliessen sich Diane von Fürstenberg oder Salman Rushdie an. Sie fordern Polanskis Freilassung. Sogar der französische Präsident Nicholas Sarkozy setzt sich für ihn ein.
Auch Samantha Geimer meldet sich wieder und bittet darum, die Sache ruhen zu lassen. Ihre Familie leide unter der ständigen Medienaufmerksamkeit.

Heute sind die «Hyänen», wie Polanski die Reporter vor seinem Haus nannte, längst abgezogen. Nicht aber er. Es ist ein schöner Herbsttag, das Chalet «Milky Way» liegt auf einem Hügel, halb verdeckt von Tannen, der Blick von hier geht auf grüne Matten, Kühe weiden, in der Ferne die schneebedeckten Alpen. Die Fensterläden sind geöffnet.
Man spürt auch fünfzehn Jahre später eine Zurückhaltung, wenn man Gstaader nach Polanski fragt. Aldo Kropf, der Gemeindepräsident von 2009, sagt: «Er ist da.» Polanski gehöre dazu, meint er damit, er sei nicht bloss ein Geflüchteter, wie es die Medien darstellten. Auch ihn habe das «Gestürm» belastet. Er hat die Situation insofern genutzt, als er ausländischen TV-Stationen vor schöner Kulisse im Dorfzentrum Auskunft gab. «So machte ich immerhin Werbung für den Ort.»
Zu denen, die nichts auf Polanski kommen lassen, gehört Gottfried von Siebenthal, 79, der seit Geburt in Gstaad lebt. Der Lokalhistoriker hat einige Bücher über seinen Heimatort geschrieben. Über fünf Generationen führte seine Familie ein Haushaltwarengeschäft. Heute reihen sich da Luxuslabels an Galerien. Vor drei Wochen habe er Polanski vorbeigehen sehen, sagt von Siebenthal in der Stube seines Chalets: «Er ist agil wie Quecksilber.» Polanski habe früher bei ihm im Laden eingekauft, hatte immer ein freundliches Wort, «ein menschlicher Typ».
Von Siebenthal erinnert sich gut an den Auflauf vor Polanskis Chalet. Er spricht von einer «schwarzen Menschenmasse in der Schneelandschaft». Einheimische brachten Polanski Wein und einmal sogar ein Poulet. Auch er ging hoch zu ihm und übergab den beiden Wachmännern der Schweizer Armee, die die Reporter auf Distanz hielten, eine französische Ausgabe seiner Gstaader Lokalgeschichte. Polanski bedankte sich mit einem von Hand geschriebenen Brief, lobte sein Buch und wünschte ihm frohe Weihnachten.
Bundesrätin Widmer-Schlumpfs FreispruchHinter von Siebenthals Chalet auf einer Anhöhe liegt das Internat Le Rosey, eine Ansammlung von unscheinbaren Gebäuden. Von hier aus sieht man zum Gstaad Palace auf dem gegenüberliegenden Hügel. Dem Luxushotel widmete Polanski seinen vorerst letzten Film «The Palace» von 2023, den er im Hotel selbst drehte.
Die überdrehte, teils deftige Satire, in der Mickey Rourke, John Cleese, Mia Farrow und Emmanuelle Seigner mitspielen, macht sich über die dekadente Exaltiertheit der Reichen und Berühmten lustig. Der Film fiel bei Kritik und Publikum durch.
Immerhin ist «The Palace» der Beweis dafür, dass Polanski Gstaad verbunden bleibt, trotz der demütigenden Erfahrung seines Hausarrests. Dieser nimmt ein gutes Ende. Am 12. Juli 2010, acht Monate nachdem er ihn angetreten ist, lehnt Bundesrätin und Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf Polanskis Auslieferung an die USA ab.
Begründet wird der Entscheid mit Unklarheiten beim amerikanischen Verfahren. Auch hält man den Haftbefehl für unverhältnismässig, da die Tat dreissig Jahre zurückliegt, das Opfer sich einen Abschluss wünscht und Polanski auch schon 76 ist.
Polanski ist ab sofort ein freier Mann, der in der Schweiz in Zukunft nichts mehr zu befürchten hat. Sein Sohn schneidet ihm die Fussfessel durch. Für den elektronischen Wächter erhält er dann noch eine Rechnung von über 28 000 Franken.
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