Mit ihrem T-Shirt löst Beyoncé eine Debatte über amerikanische Geschichte aus


Ein T-Shirt ist ein T-Shirt. Aber beim Aufdruck beginnen die Probleme. Bei Beyoncé zum Beispiel. Während eines Konzerts in Paris trug der Superstar vor einigen Tagen ein T-Shirt mit einem Bild der «Buffalo Soldiers», einer Einheit von schwarzen Soldaten der US-Armee. Das wäre soweit kein Problem. Nur, das T-Shirt hat auch eine Rückseite. Mit einem längeren Text, der eine Debatte ausgelöst hat. Über die Geschichte der USA. Über die nationale Erinnerungskultur. Und über Beyoncé.
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Weder die Rückseite des Shirts noch der Text waren beim Konzert zu sehen. Doch auf Beyoncés Website, die jedes Konzert mit Bildern dokumentiert, kann man den Text lesen. Ein langer Text, der harmlos beginnt. Schwarze, heisst es da, hätten in der amerikanischen Militärgeschichte eine viel grössere Rolle gespielt als allgemein bekannt sei. Und keine Armeeeinheit zeige das deutlicher als die «Buffalo Soldiers». Nach dem Bürgerkrieg vom Kongress aufgestellt, hätten sie vor allem in den Great Plains gekämpft und dabei wertvolle, aber viel zu wenig gewürdigte Arbeit geleistet.
«Feinde des Friedens»Die verspätete Würdigung einer verkannten Minderheit also. Aber dann heisst es, die Gegner der «Buffalo Soldiers» seien «die Feinde des Friedens, der Ordnung und der Besiedlung» gewesen: «Kriege führende Indianer, Banditen, Viehdiebe, mörderische Revolverhelden, Schmuggler, Eindringlinge und mexikanische Revolutionäre». Gegen sie hätten die schwarzen Soldaten gekämpft. Tapfer und unter schwierigsten Bedingungen.
Das führte zu geharnischten Protesten. Vertreter von Indigenen-Organisationen, Historiker, aber auch Fans der Sängerin werfen Beyoncé vor, die indigene Bevölkerung Nordamerikas pauschal als Mörder und Feinde des Friedens zu bezeichnen. Zudem nenne sie die Ureinwohner in einem Atemzug mit mexikanischen Aufständischen und verherrliche zugleich Schwarze, die sich als Helfershelfer des von den weissen Einwanderern ausgelösten Landraubs hätten instrumentieren lassen.
Es sei richtig und wichtig, über die «Buffalo Soldiers» zu reden, postete die Historikerin Chisom Okorafor von der University of San Francisco auf Tiktok. Aber man müsse ehrlich sagen, was diese alles getan hätten, vor allem bei ihren Aktionen gegen indigene Amerikaner und Mexikaner.
Die «Buffalo Soldiers» wurden 1866 gegründet und erst 1951 abgeschafft: sechs Regimenter, die aus früher versklavten schwarzen Soldaten bestanden. Ihren Namen sollen sie von Indigenen erhalten haben. Die dunklen, lockigen Haare der schwarzen Soldaten erinnerten diese an Büffelfell. Neben ihren militärischen Aufgaben waren die «Buffalo Soldiers» ab Ende des 19. Jahrhunderts auch als Verwalter von Nationalparks tätig.
«Eine Art Völkermord»Die Geschichte der «Buffalo Soldiers» wird erst seit einigen Jahren aufgearbeitet, um die Bedeutung der schwarzen Bevölkerung in der US-Geschichte angemessen zu würdigen. Anscheinend versuchte sich Beyoncé in diese Debatte einzuklinken. Mit ihrem neuesten Album «Cowboy Carter» hat sie es als erste schwarze Künstlerin an die Spitze der US-Country-Charts geschafft. Auf dem Cover reitet sie mit der amerikanischen Flagge in der Hand auf einem Schimmel, was als Zeichen dafür gelesen werden kann, dass sie Country als weisse Musik infrage stellt.
Das Coverbild ist suggestiv, das T-Shirt mit den «Buffalo Soldiers» missglückt. Die Geschichte der Soldiers zeigt zweifellos, dass Schwarze in der Geschichte der USA eine in vielem noch kaum bekannte Rolle spielten. Aber eben nicht nur als unterdrückte Minderheit. Sie waren auch an der Besiedlung des Westens beteiligt, wie die Historikerin Alaina E. Roberts im «Guardian» sagte: «Und in gewisser Weise sogar in eine Art Völkermord verwickelt.» Beyoncé hat zur Debatte bisher keine Stellungnahme abgegeben.
nzz.ch