Empfehlungen für Ihren Leseherbst – von einem Hotel, dass seinen Gästen irgendwann zum Grab werden muss, über die irische See bis zum patriarchalen Würgegriff

Entdecken Sie fünf neue Romane, die der Feuilleton-Redaktion Lesefreude bereitet haben. Werke, die zum Lesen, Nachdenken und Diskutieren anregen.
Feuilletonredaktion

Illustration Anja Lemcke / NZZ
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Die in Jekaterinburg geborene Aserbaidschanerin Jegana Dschabbarowa erzählt in ihrem Romandebüt unlarmoyant und bilderreich die Geschichte einer doppelten Emanzipation. Das Schreiben wird zur Waffe gegen ein toxisches Herkunftsmilieu.
Benjamin Wood: «Der Krabbenfischer»Der britische Schriftsteller wagt mit seinem Roman «Der Krabbenfischer» viel und glänzt mit seiner atmosphärisch dichten Erzählkunst.
Milena Michiko Flašar: «Der Hase im Mond»In ihren neuen Erzählungen zoomt die Schriftstellerin Milena Michiko Flašar ganz nah in Beziehungen hinein und zeichnet die Topografien der Liebe.
Peter Stamm: «Auf ganz dünnem Eis»In den neuen Erzählungen des Schweizer Schriftstellers geht es um das Verlangen nach echten Gefühlen in einer Wirklichkeit der Illusionen.
Thomas Melle: «Haus zur Sonne»Der Schriftsteller Thomas Melle hat mit «Haus zur Sonne» einen ebenso dystopischen, wie autobiografischen Roman über ein Wellnesshotel geschrieben, in dem sich Lebensmüde ihre letzten Träume verwirklichen können. Damit stand er auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.
Nelio Biedermann: «Lázár»Nelio Biedermanns Familiensaga «Lázár» erscheint in 20 Ländern und liest sich, als stamme ihr 22-jähriger Autor aus einer anderen Generation. Seine hemmungslose Erzähllust ist seine grosse Stärke – und wird ihm hie und da zum Verhängnis.
Helle Helle: «Hafni sagt»Die dänische Schriftstellerin Helle Helle hat eine weibliche Tragikomödie mit schlackenloser Eleganz verfasst. Die Hauptfigur Hafni ist 48 Jahre alt, ein wenig übergewichtig mit «Hängebauch» und in einer schweren Lebenskrise. Dann zieht sie los.
Dorothee Elmiger: «Die Holländerinnen»Die Schweizer Autorin wandelt mit «Die Holländerinnen» auf verschlungenen Pfaden in einem selbst geschaffenen Dickicht. Zutage fördert sie nichts – und doch zu viel.
T.C. Boyle: «No Way Home»In seinem Roman «No Way Home» schildert der amerikanische Autor T. C. Boyle, wie ein Arzt den Boden unter den Füssen verliert.
Mieko Kawakami: «Das gelbe Haus»Laut Feng-Shui soll man die Westseite seines Heims gelb dekorieren, um reich zu werden. So heisst es im jüngsten Roman der Japanerin Mieko Kawakami, der unaufgeregt auf Armut und Verbrechen blickend dem Leser gerne falsche Fährten auslegt.
Martina Clavadetscher: «Die Schrecken der anderen»Das Auftauchen der Neonazis in den Neunzigerjahren hat die Autorin bis heute geprägt. Ein Gespräch über eidgenössisches Erbe, Schweizer Monster und Friedrich Dürrenmatt.
David Albaharis: «Der König stirbt»Kühn und voller Rätsel ist das letzte Buch, auf das Albahari-Fans gewartet haben. Es bietet ein bunt schillerndes Kaleidoskop aus enzyklopädischem Wissen und tragikomischer Lebenserfahrung, aus launigen Einfällen und parabelhaften Motiven.
Anja Kampmann: «Die Wut ist ein heller Stern»Anja Kampmanns Roman «Die Wut ist ein heller Stern» zeichnet die Geschichte der nationalsozialistischen Transformation der Gesellschaft an einem kleinen Schauplatz nach.
Karl-Heinz Ott: «Die Heilung von Luzon»Der deutsche Schriftsteller Karl-Heinz Ott schickt in seinem neuen Roman drei Paare auf eine philippinische Insel. Dort sollen sie gerettet werden und sich neu erfinden.
Hiromi Ito: «Garstiger Morgen»Ohne Scheu und frappierend direkt schreibt Hiromi Ito über den weiblichen Körper und die Männer, über Sex und Begräbnis, Wildschweine, Pflanzen und ganze Gesellschaften. Ihre Texte über die Transitzonen des Lebens sind eine Entdeckung.
Nenad Veličkovićs: «Nachtgäste»Quasi über Nacht brach 1992 über die bosnische Hauptstadt Sarajevo der Krieg herein. Fast vier Jahre lang sollte sie belagert werden. Eines der massgeblichen Zeugnisse über diese Zeit des Horrors ist Nenad Veličkovićs sarkastisch-distanzierter Roman «Nachtgäste».
Jonas Hassen Khemir: «Die Schwestern»Jonas Hassen Khemiri stellt in seinem Roman «Die Schwestern» eine Frage, die sich viele heute stellen. Er antwortet mit einem grandiosen Verwirrspiel.
Georgi Gospodinov: «Der Gärtner und der Tod»Der bulgarische Schriftsteller Georgi Gospodinov gedenkt auf bewegende Weise seines Vaters. Zwar stirbt dieser als «Held am Ende dieses Buches», und doch ist es «kein Buch über den Tod, sondern über die Sehnsucht nach dem Leben, das fortgeht».
Isabel Kreitz: «Die letzte Einstellung»In der Graphic Novel «Die letzte Einstellung» schildert Isabel Kreitz die Zerrissenheit eines Schriftstellers, der sich nach dem Berufsverbot durch die NSDAP als Propagandist verdingt. Sein Schicksal ist beispielhaft für Künstler in innerer Emigration.
Seán Hewitt: «Öffnet sich der Himmel»«Öffnet sich der Himmel» heisst der Erstlingsroman des Briten Seán Hewitt. Die Offenbarung verheisst eine Liebe, vor der die Heranwachsenden zunächst einmal erschrecken.
Rie Qudan: «Tokyo Sympathy Tower»Der preisgekrönte Science-Fiction-Roman «Tokyo Sympathy Tower» der japanischen Autorin Rie Qudan geht den Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf den Einzelnen und die Gesellschaft nach. Es erweist sich, dass der Maschine nichts Menschliches fremd ist.
Lídia Jorge: «Erbarmen»Die portugiesische Schriftstellerin Lídia Jorge schreibt einen Roman über ihre Mutter als alte Frau. Sie hat das traurig-komische Buch gewissermassen in deren Auftrag geschrieben.
Dmitrij Kapitelman: «Russische Spezialitäten»Der deutsch-ukrainische Autor Dmitrij Kapitelman hat aus der eigenen Familiengeschichte ebenso finstere wie komische Literatur gemacht. «Russische Spezialitäten» erzählt von nötigen Neuanfängen und ungesunder Nostalgie.
Joan Didion: «Notes to John»Die Schriftstellerin ging jahrelang in die Psychotherapie und schrieb ein Tagebuch darüber. Bei der Lektüre der postum veröffentlichten intimen Protokolle ist man hin- und hergerissen.
Milica Vučkovićs: «Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen»Vom Pech, hoffnungsvoll verliebt zu sein: Milica Vučkovićs Roman «Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen» schildert hinreissend komisch das Strampeln einer gutherzigen Frau im Spinnennetz eines psychotischen Manipulators.
Torborg Nedreaas: «Nichts wächst im Mondschein»Die Werke von Torborg Nedreaas (1906–1987) gehören in Norwegen zum Kanon des politisch-literarischen Feminismus zwischen Klassen- und Geschlechterkampf. Ihr Roman «Nichts wächst im Mondschein» kommt langsam in Gang, entwickelt dann aber einen mächtigen Sog.
Annie Ernaux: «Ich komme nicht aus der Dunkelheit raus»Die Mutter der französischen Schriftstellerin litt an Alzheimer. Nun ist Ernaux’ Tagebuch über die letzte gemeinsame Zeit mit ihr auf Deutsch erschienen.
Luz: «Zwei weibliche Halbakte»Der ehemalige Mitarbeiter der französischen Satirezeitung erzählt in «Zwei weibliche Halbakte» die Biografie eines Gemäldes.
Julian Schütt: «Max Frisch. Biographie einer Instanz»Der zweite Teil der grosser Frisch-Biografie erzählt die bewegten Jahrzehnte des erfolgreichen Schriftstellers und des erfolglosen Liebenden.
Friedl Benedikt: «Warte im Schnee vor Deiner Tür. Tagebücher und Notizen für Elias Canetti»Den berühmten Schriftsteller lernte sie in Wien kennen und suchte seine Nähe und Liebe. Nun sind die Aufzeichnungen von Friedl Benedikt erschienen.
Kristine Bilkau: «Halbinsel»Eine Mutter und ihre erwachsene Tochter treffen in Kristine Bilkaus neuem Roman unvermittelt für längere Zeit aufeinander. Alte Konflikte brechen auf, ehe sich Neues anbahnt.
Nora Osagiobare: «Daily Soap»In Nora Osagiobares «Daily Soap» gibt es ein Bundesamt für Hautfarben namens BARACK, und die SVP will Ausländern das Lachen verbieten. Über ein gelungenes Debüt.
Helene Hegemann: «Striker»Als 17-Jährige sah sich die Autorin für ihr Romandebüt «Axolotl Roadkill» mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Heute wäre es nicht schlecht, wenn sich die deutsche Literatur bei ihr ein bisschen etwas abschauen würde.
Urszula Honek: «Die weissen Nächte»«Die weissen Nächte» umfasst dreizehn einzelne Erzählungen aus dem ländlichen Polen. Die Helden sind gequälte Kreaturen, Einsame, Abgehängte und Hoffnungslose. Ein Blick auf die Schattenseite eines Landes.
Tomas Espedal: «Lust. Früchte einer Arbeit. Lesefrüchte.»Der norwegische Starautor Tomas Espedal pflegt «in einer ersten Person zu schreiben, die sich zu einer dritten Person erweitert». Nun hat er in dieser Art seinen Lebensroman verfasst: das mitreissende Buch seiner Erweckung zum kompromisslosen Künstler.
Serhij Zhadan: «Keiner wird um etwas bitten. Neue Geschichten»Der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan legt langerwartete neue Erzählungen vor. Er beschreibt darin nicht den Krieg, sondern dessen demoralisierende Wirkung auf die Gesellschaft. Doch es gibt Hoffnung in diesem auf unpathetische Weise menschenfreundlichen Buch.
Chimamanda Ngozi Adichie: «Dream Count»Chimamanda Ngozi Adichie schreibt in ihrem Roman «Dream Count» über «jene Sorte Schmerz, die nur Frauen vorbehalten ist». Das ist lustig und scharfsinnig, und gerade wenn man denkt, ein sanftes Buch in Händen zu halten, lässt Adichie die Bombe platzen.
Christian Kracht: «Air»Anstelle der Barbour-Jacke von einst muss der Protagonist von «Air» sich nun zwischen Woll- und Fleecepullover entscheiden. Es ist alles da in diesem neuen Roman, was man von einem guten Kracht erwartet. Und doch fehlt etwas.
Sophie Hunger: «Walzer für Niemand»Bisher hat sie sich als Singer-Songwriterin profiliert. Nun versucht sich Sophie Hunger auch als Schriftstellerin. Im Debütroman «Walzer für Niemand» schildert sie die Krämpfe des Erwachsenwerdens.
Zach Williams: «Es werden schöne Tage kommen»In seinem hochgelobten Debüt holt der amerikanische Schriftsteller seine Figuren mitten aus dem Alltag und zeigt, wie dünn die Wand ist zwischen Wahn und Wirklichkeit.
Meral Kureyshi: «Im Meer waren wir nie»Die Berner Autorin erzählt in ihrem Roman «Im Meer waren wir nie» von Dingen, die zu Ende gehen. Dabei kommt ihr die eigene Biografie zu Hilfe.
Cristina Henríquez: «Der grosse Riss»Bauarbeiter, Wäscherinnen, Haushaltsangestellte: Als um 1900 ein Kanal gebaut wird, der Atlantik und Pazifik verbindet, treffen in Panama unterschiedlichste Menschen aufeinander. Cristina Henríquez’ Roman «Der grosse Riss» gibt ihnen eine Stimme.
Asta Sigurdardottir: «Streichhölzer»Asta Sigurdardottir galt als grösstes Talent der isländischen Nachkriegsliteratur. Doch die alkoholkranke Autorin wurde nur 41 Jahre alt. Ihre exzentrischen Storys trafen die bigotte Gesellschaft der fünfziger Jahre ins Mark.
Mieko Kanai: «Leichter Schwindel»Mieko Kanai, Jahrgang 1947, erregte in Japan bereits in jungen Jahren Aufsehen. Mit ihren bewusstseinsstromartigen Erzählungen aus dem Alltag war sie der Zeit schon immer weit voraus. Mittlerweile ist sie mit ihren subtilen Nano-Dramen zu einer Grossmeisterin gereift.
Wolf Haas: «Wackelkontakt»Kann man sich etwas Langweiligeres als ein Puzzle mit tausend Teilen denken? Doch gibt es nichts Vergnüglicheres als einen Roman über solche Puzzles, sofern Wolf Haas ihn geschrieben hat.
Han Kang: «Unmöglicher Abschied»Letztes Jahr wurde der 54-jährigen koreanischen Schriftstellerin Han Kang überraschend der Literaturnobelpreis zuerkannt. Manche Kritiker fanden das zu hoch gehandelt. Löst der jüngste Roman über die historische Wunde des Massakers von Jeju-do die Erwartungen ein?
Julia Schoch: «Wild nach einem wilden Traum»In ihrem autobiografischen Roman «Wild nach einem wilden Traum» erinnert sich Julia Schoch an eine Affäre, die sie zur Schriftstellerin gemacht hat. Was sind die Folgen, wenn man so persönlich schreibt?
José Maria Eça de Queirós: «Die Maias»Die Portugiesen träumten einst vom Weltreich, doch im 19. Jahrhundert zerbrach die Herrschaft. Vor diesem Hintergrund entfaltet José Maria Eça de Queirós sein Gesellschaftspanorama.
Maria Stepanova: «der absprung»Maria Stepanova gehört zu den russischen Intellektuellen, die vor Putin ins Exil flüchten mussten. In ihrem neuen Roman gibt sie ihrer Scham und Wut über den Krieg Ausdruck und denkt über die Aporie nach, der Identität als Russin nicht entkommen zu können.
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