DATENANALYSE - Die Schweiz hat den aussergewöhnlichsten ESC-Song – Deutschland einen der lautesten. Diese Audioanalyse beweist es

Damit folgt der ESC einem generellen Trend, den Forscher schon vor Jahren für die Pop-Musik beschrieben haben: Lieder werden lauter, sie nutzen einfachere Melodien und weniger unterschiedliche Instrumente.
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Wie dicht gedrängt und einfach gestrickt viele ESC-Songs sind, lässt sich gut in Spektrogrammen erkennen. Dabei wird ein Audiosignal in ein Bild übersetzt: Die längere Achse steht für die Zeit, die kürzere für die Frequenz (also die Tonhöhe). Die Lautstärke zeigt sich in der Farbintensität – je kräftiger die Farbe, desto lauter.
So sieht der Schweizer ESC-Beitrag «Voyage» als Spektrogramm aus. Die Strophen und Refrains sind – wie bei fast jedem Song – deutlich zu erkennen. Sogar einzelne Begleitstimmen lassen sich herauslesen.
Als Vergleich dazu «Tutta l’Italia» von Gabry Ponte. Die Hymne an Italien – die allerdings vom Kleinstaat San Marino ins Rennen geschickt wird – ist ein klassischer Dance-Pop-Titel, angereichert mit Akkordeon- und Mandolinenklängen. Und der Song hört sich so an, wie das Spektrogramm aussieht: eine Mauer aus Klang.
Es gibt aber auch ESC-Beitrage, die zwischen dem musikalischen Dichtestress aus San Marino und dem zarten Chanson aus Basel liegen. Kaum ein Song verdeutlicht die beiden Welten besser als der israelische Beitrag «New Day Will Rise» (Ein neuer Tag wird anbrechen).
Yuval Raphael, die den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 während des Supernova-Festivals überlebt hat, singt darin von Heilung und Hoffnung.
Das Lied beginnt wie der Schweizer Beitrag maximal minimiert mit Klavier und Gesang, entwickelt sich dann aber mit Synthesizer und Schlagwerk zu einem dichten, raumeinnehmenden Statement.
Wo beim ESC sonst Reizüberflutung regiert, bietet Zoë Mës «Voyage» 2 Minuten und 59 Sekunden musikalischer Entspannung. Technisch betrachtet der aussergewöhnlichste ESC-Song des Jahres.
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Methode Gemessen wurde die spektrale Komplexität der Songs. Dazu wurden die Audiodateien zuerst mittels Fourier-Transformation (STFT) zerlegt. Danach wurde für Teilbereiche (Frames) die Anzahl aktiver Frequenzbänder gemessen. Die Spektrogramme wie auch die animierte Kugel zeigen die Frequenz (Y-Achse) logarithmisch an, weil das Ohr Tonhöhen entsprechend wahrnimmt.
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