Kleinzelliger Lungenkrebs: Tarlatamab überzeugt in der Zweitlinie


Kleinzelliger Lungenkrebs ist eine aggressive Krebsart. Ärzte haben längst noch nicht ausreichend Therapieoptionen zur Auswahl, insbesondere in der Zweitlinie. / © Adobe Stock/New Africa
Kleinzelliger Lungenkrebs ist eine aggressive Krebsart mit einer 5-Jahres-Überlebensrate unter 5 Prozent bei Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung. Obwohl die Tumoren der meisten Patienten zunächst auf eine platinbasierte Erstlinien-Chemotherapie und auf eine Krebsimmuntherapie mit PD-L1-Inhibitoren ansprechen, liegt das mediane Gesamtüberleben weiterhin nur bei rund einem Jahr. Die Prognose ist besonders schlecht bei Patienten, deren Erkrankung gegen platinbasierte Therapien resistent ist.
In den letzten drei Jahrzehnten hat es in Sachen Zweitlinientherapie des kleinzelligen Lungenkrebses nur wenige Fortschritte gegeben. Topotecan ist weiterhin der Standard in den meisten Ländern. Der medizinische Bedarf für neue Wirkstoffe ist also vorhanden.
In den USA ist der Antikörper Tarlatamab (Imdelltra®, Amgen) für die Behandlung erwachsener Patienten mit fortgeschrittenem kleinzelligem Lungenkrebs (extensive-stage small-cell lung cancer, ES-SCLC) im Stadium der Krankheitsprogression unter oder nach platinbasierter Chemotherapie bereits zugelassen. Ein Zulassungsantrag für die EU liegt noch nicht vor.
Tarlatamab ist ein bispezifischer Antikörper, der mit einem Greifarm gezielt an das Protein Delta-like-Ligand-3 (DLL3) bindet, welches normalerweise im Golgi-Apparat gesunder Zellen vorkommt, sich aber bei fast allen Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs auf der Oberfläche von Tumorzellen findet. Tarlatamab bindet zusätzlich an das Transmembranprotein CD3 auf T-Zellen. So bringt der Wirkstoff die T-Zelle mit der Tumorzelle zusammen, sodass Letztere eliminiert werden kann.
Im »New England Journal of Medicine« sind kürzlich die Ergebnisse der randomisierten Phase-III-Studie DeLLphi-304 veröffentlicht worden. Diese prüfte bei Patienten, deren Krebs nach einer platinbasierten Therapie fortgeschritten ist, ob Tarlatamab in der Zweitlinie wirksamer ist als eine Chemotherapie. Mehr als 500 Patienten wurden eingeschlossen und in eine von zwei Gruppen randomisiert: Tarlatamab oder Chemotherapie (Topotecan, Lurbinectedin oder Doxorubicin).
Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben. Dieses betrug unter Tarlatamab durchschnittlich 13,6 Monate und unter Chemotherapie 8,3 Monate – ein signifikanter Unterschied. Einen Vorteil zugunsten von Tarlatamab gab es auch beim sekundären Endpunkt progressionsfreies Überleben (4,2 versus 3,7 Monate). Nebenwirkungen vom Grad 3 und höher traten bei 54 Prozent der Patienten unter Tarlatamab auf und bei 80 Prozent der Patienten unter Chemotherapie.
Laut der US-Fachinformation von Tarlatamab sind das Zytokinfreisetzung-Syndrom, Müdigkeit, Pyrexie, Dysgeusie, verminderter Appetit, Muskel- und Skelettschmerzen, Verstopfung, Anämie und Übelkeit die häufigsten Nebenwirkungen.

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